Politik

Nach Tötung eines Kommandeurs greift Hisbollah Israel an

Kein Tag vergeht ohne gegenseitigen Beschuss im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Die Lage eskaliert wieder zwischenzeitlich. Dafür gibt es etwas Hoffnung in einem anderen Konflikt.
04.07.2024 16:14
Lesezeit: 3 min
Nach Tötung eines Kommandeurs greift Hisbollah Israel an
Der stellvertretende Führer der Hisbollah, Scheich Naim Kassem, während eines Interviews. Kassem sagt, der einzige sichere Weg zu einer Waffenruhe an der libanesisch-israelischen Grenze sei ein vollständiger Waffenstillstand. (Foto: dpa) Foto: Bilal Hussein

Die libanesische Hisbollah feuert als Reaktion auf die Tötung eines hochrangigen Kommandeurs nach eigenen Angaben mehr als 200 Raketen und 20 Drohnen auf Israel ab. Nach Angaben des israelischen Militärs soll der Getötete für eine Abteilung zuständig gewesen sein, die für den Abschuss von Raketen auf Israel verantwortlich war.

Die vom Iran unterstützte Hisbollah will erst mit dem Beschuss auf Israel aufhören, wenn es eine Waffenruhe im Gaza-Krieg gibt. Die Hisbollah handelt nach eigenen Aussagen aus Solidarität mit der palästinensischen Islamistenorganisation Hamas. Die «Libanon-Front» sei eine «Unterstützungsfront», wie Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah immer betont.

Auslöser des Gaza-Krieges waren die Massaker und Geiselnahmen von palästinensischen Terrororganisationen wie der Hamas am 7. Oktober in Israel.

Kreise: Bewegung in Verhandlungen um Waffenruhe

Die zähen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und über einen Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen nehmen wieder an Fahrt auf.

Eine hochrangige israelische Verhandlungsdelegation soll laut informierten Kreisen am Flughafen Kairo in Ägypten eingetroffen sein. Bei dem mehrstündigen Besuch in Ägypten gehe es darum, Wege zu einem entsprechenden Abkommen zu finden.

Israel hatte zuvor erklärt, einen Vorschlag der Hamas zu prüfen. Die Vermittlerstaaten USA, Katar und Ägypten hätten dem israelischen Verhandlungsteam einen Entwurf der Hamas vorgelegt, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mitteilte.

Die Hamas teilte ebenfalls mit, mit den Vermittlern «einige Ideen» auszutauschen, um ein Ende des Kriegs zu erreichen. Der Inhalt des Hamas-Vorschlags ist bislang nicht bekannt. Es ist auch unklar, inwieweit er vom zuletzt diskutierten Plan abweicht.

Israel: Krieg endet erst, wenn Hamas zerschlagen ist

Bislang scheiterte ein Abkommen vor allem daran, dass die Hamas ein vollständiges Ende des Gaza-Kriegs und einen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen fordert.

Israel lehnt dies ab und spricht von einer zeitlich begrenzten Waffenruhe für den Austausch von Geiseln gegen Gefangene und die Lieferung von dringend benötigten humanitären Hilfsgütern in den Gazastreifen.

Israels Regierung betonte stets, der Krieg werde erst enden, wenn Israel alle seine Ziele erreicht habe, darunter die Zerschlagung der Hamas und die Befreiung aller Geiseln.

In dem abgeriegelten Küstenstreifen werden noch 120 Geiseln vermutet, viele von ihnen dürften aber nicht mehr am Leben sein.

Täglicher Beschuss an der Grenze Israels zum Libanon

Im Norden Israels heulten vielfach die Sirenen. Israels Armee identifizierte nach eigenen Angaben rund 200 Geschosse und mehr als 20 Drohnen, die auf israelisches Gebiet geflogen seien. Das Militär greife im Gegenzug die Abschussorte im Libanon an.

Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete, dass bei einem israelischen Angriff in Hula im Südlibanon eine Person getötet worden sei. Außerdem wurde laut NNA eine Frau bei einem weiteren Angriff verletzt.

Die Hisbollah bestätigte den Tod eines ihrer Mitglieder. Der Mann stammte demnach aus Hula. Wie, wo und wann der Kämpfer ums Leben kam, führte die Miliz nicht näher aus. Israels Armee teilte mit, sie habe «militärische Gebäude der Hisbollah» unter anderem in Hula aus der Luft angegriffen.

Israel und die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah liefern sich seit Beginn des Gaza-Kriegs nahezu täglich Gefechte. Zuletzt nahm deren Intensität deutlich zu. Es besteht die Sorge, dass sich die Kampfhandlungen zu einem regionalen Konflikt ausweiten. Der Iran ist nicht nur mit der Hisbollah und der Hamas verbündet, sondern auch mit nicht staatlichen Akteuren in Syrien, im Irak sowie im Jemen.

Israel möchte mit militärischem und politischem Druck erreichen, dass sich die Hisbollah hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es eine UN-Resolution vorsieht.

Im Gaza-Krieg wiederum gibt es palästinensischen Angaben zufolge erneut Tote. Bei zwei israelischen Angriffen auf die Stadt Gaza im Norden des Gebiets seien mindestens acht Palästinenser ums Leben gekommen, hieß es aus medizinischen Kreisen in dem Küstenstreifen.

Dutzende weitere Menschen wurden demnach verletzt. Ziele waren den Angaben zufolge ein Wohnhaus sowie eine Schule, in der sich Vertriebene aufgehalten haben sollen. Israels Armee teilte mit, sie habe zwei vom Palästinenserhilfswerk UNRWA betriebene Schulen in der Stadt Gaza angegriffen. „Die Schulen wurden als Verstecke für Terroristen genutzt“, hieß es. Die Hamas-Mitglieder hätten auch von dort aus Angriffe auf israelische Soldaten geplant. Um Schaden von der Zivilbevölkerung abzuwenden, sei präzise Munition eingesetzt und das Gebiet aus der Luft überwacht worden. Die Angaben ließen sich allesamt zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Kämpfe in mehreren Gegenden des Gazastreifens

Israels Armee zufolge gehen derzeit die Einsätze in mehreren Gegenden im Gazastreifen weiter. Im Viertel Schedschaija in der Stadt Gaza seien Tunnelrouten zerstört worden. Soldaten hätten zudem «Dutzende Terroristen im Nahkampf, mit Panzerfeuer und bei Luftangriffen» getötet. Anwohnern zufolge griffen bewaffnete Hamas-Mitglieder auch Soldaten an. Der Ortsteil gilt als Hochburg der Islamistenorganisation.

Auch in der Stadt Rafah im Süden des Küstengebiets dauern die Kämpfe laut Armee an. Dort seien mehrere bewaffnete Personen bei einem Luftangriff getötet worden, die nach Angaben der Armee eine Bedrohung für die Soldaten darstellten. Laut medizinischen Kreisen können Sanitäter die umkämpften Gebiete in Rafah und Schedschaija derzeit nicht erreichen. Nach Angaben des Militärs gibt es weiterhin auch Einsätze im Zentrum des Gazastreifens. Am Mittwoch seien insgesamt mehr als 50 Ziele bei Luftangriffen in dem Palästinensergebiet zerstört worden. Laut Israels Armee kamen zwei Soldaten im Gazastreifen ums Leben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Experte fürchtet politischen Schock in Europa: „Es ist tatsächlich beängstigend“
28.06.2025

Europa taumelt: Rechte Parteien sind auf dem Vormarsch, Frankreich droht der Machtwechsel. Experte Rahman warnt: Das „Trump-Moment“...

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So gelingt der Einstieg: KI im Personalwesen mit System etablieren
28.06.2025

Künstliche Intelligenz erobert Schritt für Schritt das Personalwesen. Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorne – doch...

DWN
Politik
Politik Familienkonzern Trump: Wie der Präsidenten-Clan Milliarden scheffelt
28.06.2025

Die Trump-Familie vermischt Politik und Profit wie nie: Während Donald Trump das Weiße Haus beherrscht, expandieren seine Söhne mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Social Travel: Hostelworld will Facebook des Reisens werden – mit Milliardenpotenzial
28.06.2025

Hostelworld will nicht länger nur Betten vermitteln, sondern das führende soziale Netzwerk für Alleinreisende werden. Warum der...