Die EZB hat zwar erst im Juni mit Zinssenkungen begonnen, aber die Geschäftsbanken senken bereits seit etwa einem halben Jahr die Kontozinsen. Laut einer Analyse von Barkow gingen die Tagesgeldzinsen von Januar bis April um 6 Basispunkte zurück (0,06 Prozentpunkte).
Die Zinsen für ein- bis zweijährige Festgelder fielen sogar um 51 Basispunkte (-0,51 Prozentpunkte). Die Geschäftsbanken senken somit die Zinsen „deutlich früher“ als in vergangenen Zinssenkungszyklen, stellen die Marktforscher von Barkow fest.
Sparer haben es inzwischen denn auch schwerer, hohe Zinsangebote zu finden. „Derzeit gibt es keine Investitionsangebote mit einem Zinssatz über 4 Prozent per annum, welche ein vergleichbares Ausfallrisiko haben als Tages- beziehungsweise Festgeldangebote aus Ländern mit einem Länderbonitätsrating von mindestens AA“, erklärt etwa Toni Merkel von Tagesgeldvergleich.net gegenüber DWN.
Laut dem Honorar-Finanzanlagenberater Kevin Kronauer von finsparent sind 4 Prozent Zinsen bloß noch bei riskanten Anlagen drin, etwa bei Hochzinsanleihen (auch junk bonds genannt) oder Einlagen bei Banken aus bonitätsschwachen Ländern. „Von einem Investment würde ich jedoch abraten“, erklärt der Heppenheimer.
Wie hoch rentieren relativ sichere Zinsanlagen?
DWN hat sich nach den höchsten Zinsangeboten bei relativ sicheren Anlagen umgeschaut. Das Ergebnis: Maximal 3,75 Prozent pro Jahr sind derzeit noch drin:
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Das beste Tagesgeldangebot aus bonitätsstarken Ländern (AA-Rating oder höher) liegt laut Tagesgeldvergleich.net bei 3,75 Prozent.
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Das höchste Festgeld wirft 3,56 Prozent Zinsen ab und läuft über 12 Monate. Mehr zu den Banken mit den höchsten Tages- und Festgeldzinsen weiter unten.
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Deutsche Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von 1,5 bis zehn Jahren werfen eine nominale Rendite von 2,1 bis 3 Prozent pro Jahr ab. Dabei sinkt die Rendite mit zunehmender Laufzeit. Etwa liegen Anleihen mit 1,5 Jahren Restlaufzeit bei einer Umlaufrendite von rund 3 Prozent (zum Beispiel ISIN DE000BU22031, DE0001102390) und mit 3 Jahren Restlaufzeit bei 2,7 Prozent (etwa DE0001135044).
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Eine inflationsindexierte Bundesanleihe mit 1,8 Jahren Restlaufzeit bietet eine reale Rendite von 1,54 Prozent (DE0001030567). Eine Inflationsanleihe mit 5,8 Jahren Restlaufzeit rentiert inflationsbereinigt mit 0,64 Prozent (DE0001030559). On top kommt jeweils ein Inflationsausgleich.
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Overnight-Geldmarkt-ETFs, die den Geldmarktreferenzzinssatz €STR (Euro Short-Term Rate) plus 8,5 Basispunkte abbilden, werfen circa 3,75 Prozent Zinsen ab (etwa ISIN LU0290358497).
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Geldmarkt-ETFs mit Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von maximal 12 Monaten dürften etwas höher als 3 Prozent rentieren (etwa DE000A0Q4RZ9, DE000ETFL227, LU2641054551). Die Rendite kann sich allerdings laufend ändern. Etwa dürfte sie steigen, wenn die EZB die Zinsen senken sollte, und bei steigenden Marktzinsen sinken.
Wo gibt es die höchsten Zinsen bei Tagesgeld und Festgeld?
Die besten Zinsen bei Tagesgeld und Festgeld liegen zwischen 3 und 4 Prozent pro Jahr. Die höchsten Angebote machen laut Tagesgeldvergleich.net Banken aus Frankreich, Deutschland, Schweden und Liechtenstein. Beim Tagesgeld liegen folgende Banken vorne:
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Consorsbank mit 3,75 Prozent pro Jahr (Frankreich, AA-Bonität)
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Willbe Tagesgeld mit 3,55 Prozent pro Jahr (Liechtenstein, AAA-Bonität)
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Trade Republic mit 3,75 Prozent pro Jahr für Guthaben im Depot (Deutschland, AAA-Bonität)
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VW Bank mit 3,4 Prozent pro Jahr (Deutschland)
Scalable Capital bietet sogar 4 Prozent Zinsen, allerdings nur für die ersten vier Monate. Danach sinkt der Tagesgeldzins auf 2,6 Prozent pro Jahr. Zudem müssen Sparer eine sogenannte Prime+-Mitgliedschaft abschließen, die 4,99 Euro pro Monat kostet.
Beim Festgeld liegt laut Tagesgeldvergleich.net ein schwedischer Anbieter vorne:
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Klarna Festgeld mit 3,56 Prozent pro Jahr über eine Laufzeit von 12 Monaten (Schweden, AAA-Rating)
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Younited Credit Festgeld mit 3,32 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von 36 Monaten (Frankreich)
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Aareal Festgeld mit 3,35 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von 60 Monaten (Deutschland)
Wie sicher sind Auslandskonten?
Verbraucherschützer raten allerdings von Konten, die unter eine ausländische Einlagensicherung fallen, ganz ab. Werner Bareis von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärte gegenüber DWN, die Sicherheit einer ausländischen Einlagensicherung hänge auch von der Finanzkraft des Landes und dem politischen Willen ab.
Etwa würden die Schweiz, Liechtenstein und Frankreich durch einen großen Bankensektor im Vergleich zur Wirtschaftskraft (BIP) auffallen. In einer Bankenkrise könnte es diesen Länder schwieriger fallen, taumelnde Banken zu stützen. So erklärte etwa der liechtensteinische Regierungspräsident im Handelsblatt, das Land könne im Krisenfall seine Banken nicht alleine retten.
Bareis empfahl außerdem, die Ratings der Bank zu prüfen, etwa durch eine Google-Suche oder eine Anfrage beim Kundenservice der Bank. Generell sind in jedem EU-Staat 100.000 Euro pro Kunde und pro Bank durch die nationalen Einlagensicherungssysteme gesichert.
Laut Kevin Kronauer sind ETFs, die deutsche Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von maximal 12 Monaten enthalten, das „sicherste Investment“. „Aber auch hier kann es zu leichten Kursschwankungen kommen“, fügt er an. Wer weniger Kursschwankung wünsche, könne auf Tages- und Festgelder bei Banken aus bonitätsstarken Ländern setzen oder auf synthetische Euro-Geldmarkt-ETFs (auch Overnight-ETFs genannt).
Sich auf Zinsjagd zu begeben sei hingegen nicht sinnvoll. Vor allem bei Tagesgeldern sei das in der Regel ein unnötiger Aufwand. „Ein Tagesgeldkonto ist gut für den Notgroschen geeignet“, erklärt Kronauer. Wer mehr Rendite wolle, solle lieber überlegen, den Anteil von risikoreichen Anlagen wie Aktien zu erhöhen.
Auch ein Umschichten innerhalb der Zinsanlagen, etwa von Tagesgeld zu Festgeld, sieht der Honorarberater kritisch - selbst wenn Anleger die Strategie beibehalten würden, etwa eine 60/40-Strategie aus 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Zinsanlagen. „Die allgemeine Marktmeinung ist aktuell, dass die Zinsen dieses Jahr noch weiter sinken werden, was ein Argument für eine Zinssicherungsstrategie sein kann“, erklärt Kronauer gegenüber DWN. „Allerdings kann die allgemeine Marktmeinung auch immer mal wieder daneben liegen (siehe Anfang des Jahres bezüglich der Zinssenkungen).“