Unternehmen

Deutsche Bahn: Neue Bauweise soll Fahrpläne stabiler machen

Die Deutsche Bahn reformiert die Organisation von Bauarbeiten auf dem Schienennetz, um den Fahrplan verlässlicher zu machen. Ab Mitte Juli sollen regelmäßige Zeitfenster für Bauarbeiten eingeführt werden.
10.07.2024 09:04
Aktualisiert: 10.07.2024 15:00
Lesezeit: 2 min

Die Deutsche Bahn will die vielen Bauarbeiten auf dem überlasteten Schienennetz künftig auf andere Art organisieren und bündeln – und den Fahrplan damit verlässlicher machen. „Wir werden weiter auf diesem hohen Niveau bauen, deshalb müssen wir jetzt fundamental anders an die Sache rangehen“, sagt der Chef der neuen Bahn-Infrastrukturtochter InfraGo, Philipp Nagl.

„Die größte Last für die Fahrgäste im Personenverkehr und die Güterverkehrsunternehmen sind die immer wieder neuen Fahrpläne durch die endlose Anzahl an oft auch kurzfristigen Kleinmaßnahmen.“ Das werde sich mit dem neuen Prinzip ändern. „Wir vereinfachen den komplexen Fahren-Bauen-Prozess.“

Wie bisher gebaut wird

Um den Verfall des an vielen Stellen überalterten Netzes ansatzweise zu bremsen, sind in den vergangenen Jahren immer mehr Bauarbeiten notwendig geworden. Diese bremsen den Personen- und Güterverkehr regelmäßig aus und führen zu Zugausfällen und Verspätungen.

Die Baumaßnahmen werden dabei Nagl zufolge so, wie sie anfallen, bei der InfaGo angemeldet. Diese stellt dann ein mögliches Zeitfenster bereit, woraufhin der Fahrplan angepasst werden muss. Weil das bei kleineren Arbeiten häufig sehr kurzfristig passiert, herrscht bei Fahrgästen schnell Ungewissheit und wenig Verlässlichkeit.

Zudem werden nicht immer alle notwendigen Bauarbeiten in einem Rutsch durchgeführt, sondern über Monate oder sogar Jahre verteilt. Das führt zu immer neuen Einschränkungen auf der gleichen Strecke und zu Unverständnis und Frust bei den Kundinnen und Kunden.

Das neue Konzept

Die Bahn will das Bauen deshalb künftig anders organisieren. Sowohl für große Investitionsmaßnahmen als auch für kleine Instandhaltungsarbeiten sollen regelmäßig wiederkehrende Zeitfenster, sogenannte Container, eingerichtet werden. Die Bauarbeiten müssen dann gebündelt innerhalb dieser Zeitkorridore durchgeführt werden.

Bei kleineren Wartungsarbeiten, wie der Überprüfung von Signalen oder Weichen, könnten diese Zeitfenster etwa in einem mehrwöchigen Rhythmus erfolgen. Für große Maßnahmen plant die Bahn längere, aber feste Zeiträume pro Jahr ein.

Der Vorteil: Die Bahn muss den Fahrplan nicht mehr aufgrund kurzfristiger Baumaßnahmen immer wieder ändern. Wer bauen will, muss eines der feststehenden Zeitfenster nutzen. Der Fahrplan kann frühzeitig um diese Korridore herum aufgestellt werden. „Durch das neue Prinzip halbiert sich mittelfristig der Fahrplan-Anpassungsbedarf, den wir im Jahresverlauf haben“, betont Nagl.

Baufreiheit garantiert

Zudem müssen sich die einzelnen Gewerke künftig besser abstimmen und Baumaßnahmen bündeln. Denn nachdem auf einem Abschnitt während eines der neuen Zeitfenster gebaut worden ist, muss er für eine gewisse Zeit baufrei bleiben.

Bei großen Baumaßnahmen könne es durchaus fünf bis sieben Jahre dauern, bis dort wieder gebaut werden dürfe, betont Nagl. „Je kürzer oder länger das Baufenster, umso kürzer beziehungsweise länger die anschließende Baufreiheit.“ Das soll dazu führen, dass alle notwendigen Arbeiten innerhalb einer einzigen Sperrphase erledigt werden.

Das neue Modell soll bei kleineren Maßnahmen schon ab Mitte Juli umgesetzt werden. Bei den großen Investitionen will der Konzern das Vorgehen bis spätestens 2027 entsprechend umstellen.

Generalsanierung als Vorbild

Die Initialzündung für das neue Konzept seien die Pläne für die Riedbahn gewesen, sagt der InfraGo-Chef. Die Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim ist der erste von insgesamt 40 hochfrequentierten Bahnkorridoren, die in den kommenden Jahren über mehrere Monate voll gesperrt und dann grundlegend saniert werden sollen.

Auch hier müssen in der Zeit der Vollsperrung alle notwendigen Baumaßnahmen abgearbeitet werden. „Wir haben gemerkt, wie viel Bündelung möglich ist“, betont Nagl. Start auf der Riedbahn ist an diesem Montag. Fünf Monate lang ist die Strecke dann gesperrt. Hier wird sich zeigen, ob das neue Baukonzept der Bahn wirklich funktioniert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...