Immobilien

Immobilienkrise: Zwangsversteigerungen in Deutschland nehmen deutlich zu

Hohe Zinsen, mehr Insolvenzen und eine schwache Wirtschaftskonjunktur – die Zahl der Zwangsversteigerungen steigt in Deutschland um acht Prozent im ersten Halbjahr. Die Immobilienkrise in Deutschland weitet sich aus. Wie also geht es für Eigentümer nun weiter?
27.07.2024 09:30
Lesezeit: 2 min
Immobilienkrise: Zwangsversteigerungen in Deutschland nehmen deutlich zu
Immobilienkrise in Deutschland: Der Anstieg der Zwangsversteigerungen im ersten Halbjahr 2024 ist viermal so hoch wie der gesamte Anstieg 2023 (Foto: iStock.com/MonthiraYodtiwong). Foto: MonthiraYodtiwong

Bis Juni dieses Jahres wurden über 6.900 Zwangsversteigerungen in Deutschland abgewickelt, mit einem Verkehrswert von fast 2,2 Milliaraden Euro. Dies gab der Wirtschaftsinformationsverlag Argetra bekannt. Die Versteigerungen umfassten dabei neben Häusern und Wohnungen auch Gewerbeflächen.

Zwangsversteigerungen: Durch hohe Zinsen können Kredite nicht mehr bedient werden

Zwangsversteigerungen werden immer dann eingeleitet, wenn Immobilieneigentümer die Kreditschulden nicht mehr bezahlen können. Wenn dann ein Verkauf auf dem freien Markt nicht mehr möglich ist, leitet der Kreditgeber, zumeist eine Bank, dann beim zuständigen Amtsgericht ein Verfahren für eine Zwangsversteigerung ein. Hierbei wird ein Mindestpreis festgelegt, auf den dann jedermann ein Gebot abgeben kann.

Eine ansteigende Anzahl an Zwangsversteigerungen ist ein wichtiges Indiz für eine Krise in der Immobilienbranche, denn sie zeigen, dass zunehmend Eigentümer überschuldet sind und deshalb ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Über Zwangsversteigerungen holen sich die Banken dann einen Teil ihrer Forderungen zurück.

Der Anstieg im ersten Halbjahr von acht Prozent ist damit viermal so hoch ausgefallen wie der gesamte Anstieg im letzten Jahr. Diese fielen mit insgesamt 12.332 Versteigerungen nur 2 Prozent höher aus als im Vorjahr. Enthalten sind in diesen Zahlen alle Immobilien, für die es im vergangenen Versteigerungstermine gab. Zur Hälfte betroffen waren Ein- und Zweifamilienhäuser, 20 Prozent entfielen auf Eigentumswohnungen und 15 Prozent auf Gewerbeflächen. Aber auch leerstehende Grundstücke, Mehrfamilienhäuser und Garagen sind unter den Zwangsversteigerungen zu finden. Die Anteile in den einzelnen Bundesländern sind dabei sehr unterschiedlich. In Thüringen gab es dreimal mehr Fälle als in Bayern.

EZB hat den Leitzins massiv angehoben

Seit letztem Sommer hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins von vormals null Prozent auf vier Prozent angehoben. Zusätzlich haben sich die Bauzinsen massiv nach oben entwickelt und sich teilweise vervierfacht. Das hatte große Auswirkungen für Kreditnehmer, die Anschlussfinanzierungen benötigt haben. Hatten sie vorher zu sehr niedrigen Zinsen einen Immobilien-Kredit abgeschlossen, konnten viele die nun hohen Raten bei der Anschlussfinanzierung nicht mehr stemmen.

Kreditnehmer, die also jetzt nach Ablauf der normalen zehnjährigen Zinsbindung eine neue Anschlussfinanzierung verhandeln müssen, müssen sich laut Argeta auf ca. 50 Prozent höhere Zinsen einstellen. Bei der monatlichen Ratenzahlung wird dann zu einem geringeren Anteil getilgt, da mehr Geld für die Zinsen aufgewendet werden muss und es dauert dementsprechend länger, bis die Immobilie dann abbezahlt ist. Der Fachverlag Argeta rechnet in diesem Jahr mit ca. 14.000 Zwangsversteigerungen, wenn der Trend anhält.

Immobilienkrise bleibt: Immobilien werden auch zukünftig teurer werden

Die Immobilienpreise sind lange Zeit stark gestiegen und werden wohl auch noch weiter steigen, da die Tendenz zu weiter steigenden Mieten nach wie vor stark ist. Auch die Krise im Wohnungsbau und der Mangel an verfügbarem Wohnraum treibt die Preise weiter. Experten gehen auch nicht davon aus, dass die Zinsen wieder auf die historischen Tiefstände zurückfallen.

Die EZB hält die Zinsen im Euroraum zur Zeit konstant. Banken können sich weiterhin für einen Leitzins von 4,25 Prozent bei der Notenbank Geld besorgen. Der Einlagenzins, zu dem Banken Geld hinterlegen können, liegt aktuell bei 3,75 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Lockerung der Gentechnik-Regeln im Supermarkt: Was Verbraucher jetzt wissen müssen
04.12.2025

Neue EU-Vorgaben aus Brüssel: Gibt es im Supermarkt bald keinen Hinweis mehr auf genveränderte Lebensmittel? Was sich für Obst, Gemüse...

DWN
Politik
Politik Durch Angriffe beschädigte Pipeline lässt den Ölpreis steigen
04.12.2025

Ein beschädigter Pipeline-Anleger im Schwarzen Meer lässt den Ölpreis scharf anziehen. Die Märkte reagieren nervös, denn geopolitische...

DWN
Politik
Politik Beiträge für Private Krankenversicherung steigen kräftig ab 2026
04.12.2025

Die Mehrheit der Privatversicherten muss kommendes Jahr höhere Beiträge für ihre Krankenkasse bezahlen. Die Branche rechnet mit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schweizer Rohstoffhändler wankt: Gunvor-Chef steigt aus – die Lehren aus Gunvors Buy-out
04.12.2025

Gunvor galt lange als diskreter Globalplayer im Ölhandel – bis der Flirt mit dem russischer Öl- und Gaskonzern Lukoil sowie Vorwürfe...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuer auf Kontoguthaben? Marktforscher wollen höhere Ausgaben anreizen
03.12.2025

Die Stimmung der deutschen Verbraucher bleibt auch beim Weihnachtsgeschäft auf dem Tiefpunkt: Das Land der Sparer hält das Geld zusammen...

DWN
Politik
Politik Falsche Daten, statistische Mängel: Deutsche Klimaforscher ziehen Studie zum Klimawandel zurück
03.12.2025

Falsche Wirtschaftsdaten zu Usbekistan, statistische Mängel: Nach einiger Kritik ziehen Klimaforscher eine Studie des Potsdamer Instituts...

DWN
Politik
Politik EU einig über Importstopp für Gas aus Russland - Kremlsprecher: "EU schadet sich selbst"
03.12.2025

Die EU will bis spätestens Ende 2027 vollkommen unabhängig von russischem Erdgas sein. Das sieht eine Einigung zwischen Vertretern der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Weniger Feiertage, weniger Wirtschaftskrise? Schwäbische Unternehmenschefin für Streichung von Ostermontag
03.12.2025

Weniger Feiertage = mehr Wirtschaftsleistung? Die Debatte reißt nicht ab. Eine Konzernchefin aus Schwaben macht einen konkreten Vorschlag...