Es ist ein ungewöhnliches Bündnis, das der Iran im Nahen Osten aufgebaut hat. Nach seiner Staatsgründung 1979 wollte das Land seinen politischen und militärischen Einfluss in der Region ausweiten und seine Ideologie ins Ausland tragen. Ein Mittel dafür wurde eine Allianz, die sich heute als „Achse des Widerstands“ bezeichnet.
Dazu gehören neben dem Iran Milizen im Irak, im Libanon oder Jemen, Syrien, aber auch die islamistische Hamas und andere militante Palästinenserorganisationen. Die Mitglieder verbindet - trotz aller Unterschiede - ein gemeinsames Ziel: Sie wollen Israel bekämpfen oder zerstören und den Einfluss des Westens, vor allem der USA, zurückdrängen.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor zehn Monaten ist dieses Bündnis wieder in den Fokus gerückt, weil einzelne Akteure aus selbst erklärter Solidarität mit der Hamas Israel angreifen. Nach der Tötung zweier Schlüsselfiguren - Ismail Hanija (Hamas) und Fuad Schukr - wächst die Gefahr eines neuen, großen Kriegs in der Region.
Aufbau
Schaut man auf eine Landkarte, sieht man, dass sich das Einflussgebiet des Irans wie eine Art Halbmond über den Irak, Syrien bis hin zu dem am Mittelmeer gelegenen Libanon erstreckt. Syrien und der Libanon grenzen direkt an Israel.
Eine klare Struktur in der „Achse“ gibt es nicht. Teheran sieht sich zugleich als ein Mitglied wie auch als deren Anführer. Die anderen Mitglieder unterstützt der Iran in unterschiedlichem Maß mit Geld, Waffen sowie politisch. Im Gegenzug bekommt Teherans Führung dafür einen gewissen Einfluss auf deren Handlungen. Einige Mitglieder folgen sehr genau den iranischen Anweisungen, andere handeln unabhängiger. Nach einer US-Schätzung von 2020 finanzierte der Iran die Partner in diesem Bündnis seit 2012 mit mehr als 16 Milliarden US-Dollar (14,8 Mrd Euro).
Iran: eine halbe Million Soldaten
Der Iran hat in den letzten Jahren Milliarden in seine Verteidigung investiert. Die klassische iranische Armee und die Revolutionsgarden (IRGC) zählen über eine halbe Million Soldaten, dazu kommen Tausende freiwillige Krieger („Basidschis“). Nach amtlichen Angaben haben die IRGC mehr als 2500 Panzer, 570 Raketenwerfer, über 400 Kriegsschiffe und 40 U-Boote und laut Experten zwischen 3000 bis 4000 Raketen. Der Iran spricht bei diesen von einer Reichweite bis 2000 Kilometer, womit das Land jeden Teil Israels treffen könnte. Der Iran soll zudem über das größte Drohnen-Arsenal im Nahen Osten verfügen.
Hisbollah: ein Staat im Staat
Die Hisbollah im Libanon ist einer der loyalsten Verbündeten des Irans. Die „Partei Gottes“ entstand 1982 und kämpft seitdem politisch, aber auch mit Gewalt gegen seinen Nachbarn Israel. Finanziert wird sie hauptsächlich aus Teheran. Sie soll heute nach westlichen Schätzungen über etwa 150.000 Raketen, Drohnen und Marschflugkörper verfügen - etwa das Zehnfache ihres Arsenals im Vergleich zur Zeit des letzten Kriegs mit Israel im Jahr 2006. Die Miliz hat Zehntausende Anhänger und Mitglieder. Sie gilt als starke politische Kraft in einem Land, das faktisch ohne Regierung ist. Sie führt eigene Krankenhäuser, Banken und Sozialeinrichtungen. Im Libanon hat sie eine Art Staat im Staate aufgebaut.
Huthi: Suizid-Drohnen mit Reichweite bis Tel Aviv
Im Jemen hat die Huthi-Miliz ebenfalls staatsähnliche Strukturen geschaffen. Seit mindestens 2015 erhält sie US-Angaben zufolge Waffen aus dem Iran, darunter Marschflugkörper, Kurz- und Mittelstreckenraketen sowie Drohnen mit einer Reichweite von 2400 Kilometern, womit sie bereits tödlich in Israels Küstenmetropole Tel Aviv angriff. Die Miliz könnte damit auch nahezu alle der rund 30 000 im Nahen Osten stationierten US-Soldaten treffen. Seit Monaten greift sie vor allem internationale Handelsschiffe in der Region an, die angeblich einen Bezug zu Israel oder den USA haben.
Syrien: Assad-Regierung und internationale Kämpfer
Syriens Machthaber Baschar al-Assad wurde zu Irans wichtigsten staatlichen Partner innerhalb der „Achse“. Der Iran unterstützte die Assad-Regierung im Bürgerkrieg ab 2011 finanziell und militärisch. Er schickte dort auch IRGC-Mitglieder und schiitische Milizen in den Kampf. In Syrien sind heute Milizen aus dem Libanon und dem Irak wie auch Kämpfer aus Afghanistan und Pakistan aktiv sowie örtliche syrische Milizionäre, die ihre Angriffe mit Teheran koordinieren. Die etwa 900 in Syrien stationierten US-Truppen geraten dabei immer wieder ins Visier. Über Syrien bekommt die Hisbollah im Libanon auch einen Großteil der iranischen Waffen.
Irak: Ein Netz aus Milizen mit politischem Einfluss
Im Irak herrscht seit Zeiten der US-Invasion 2003 eine schlechte Sicherheitslage. Dutzende schiitische Milizen konnten so entstanden. Die meisten davon zählen zum Verbund der sogenannten Volksmobilisierungskräfte mit starken Beziehungen zum Iran. Seit der Tötung des iranischen Top-Generals Ghassem Soleimani 2020 durch einen US-Drohnenangriff im Irak - und noch verstärkt seit Beginn des Gaza-Kriegs - griffen sie hundertfach vor allem US-Ziele in der Region an. Sie betrachten die etwa 2500 US-Truppen im Land als Besatzer und fordern deren Abzug. Mit ihren Ablegern haben die Milizen auch Zugang zu öffentlichen Ämtern oder üben großen Einfluss aus auf die politische Führung.