Unternehmen

(Agrar-)Chemiekrise: Bayer hat seit Jahresbeginn 3200 Stellen abgebaut

Bayer hat weiter Gegenwind, vor allem die Agrarsparte macht Probleme. Der traditionsreiche Chemiekonzern will trotzdem seine Jahresziele erfüllen, wie der Vorstand zur Halbzeit des Geschäftsjahres betont. Derweil wird weiter kräftig beim Personal gespart.
06.08.2024 13:39
Aktualisiert: 06.08.2024 13:39
Lesezeit: 3 min
(Agrar-)Chemiekrise: Bayer hat seit Jahresbeginn 3200 Stellen abgebaut
Mitarbeiter kontrollieren die Funktionalität der neuen Arzneimittel-Produktionsanlage STE 1 der Bayer AG in Berlin-Wedding. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer kommt bei seinem Strukturumbau voran. „Wir haben 3.200 weniger Stellen im Konzern als Anfang des Jahres“, sagte Bayer-Chef Bill Anderson in Leverkusen. „Und wir haben 900 Teams zusammengestellt, die an unseren wichtigsten Aufgaben arbeiten.“ Die Stellenzahl von Bayer sank zur Jahresmitte auf weltweit 96.600, zwischen einem Viertel und einem Fünftel davon sind im Inland. Den Deutschland-Anteil am bereits getätigten Stellenabbau kommuniziert das Unternehmen nicht.

Anderson hat seit gut einem Jahr das Sagen bei der Traditionsfirma, die aufgrund von Glyphosat-Klagen in den USA, ausgelaufener Patente von Medikamenten und anderer Entwicklungen unter Druck ist. Der Aktienkurs ist im Keller, im ersten Halbjahr sank der Umsatz um 2,1 Prozent auf 24,9 Milliarden Euro. Ohne Wechselkurseffekte ergibt sich ein Plus von einem Prozent.

Schwache Quartalszahlen

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) fiel in der ersten Jahreshälfte um 6,8 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro, im zweiten Quartal gab es hier sogar ein Minus von 16,5 Prozent.

Unter dem Strich steht im zweiten Quartal ein Minus von 34 Millionen Euro, nach einem Verlust von knapp 1,9 Milliarden vor einem Jahr. Damals war auch wegen eines trägen Glyphosat-Geschäfts eine Abschreibung in Milliardenhöhe notwendig geworden. Das war im abgelaufenen Quartal nicht der Fall, dafür waren die Restrukturierungskosten recht hoch.

Die Geschäfte hatten Licht und Schatten: Während die Geschäfte in der Agrarsparte schwierig verliefen, gaben im Pharmabereich neue Medikamente Rückenwind – dadurch wurden Umsatzeinbußen beim Verkauf des Kassenschlagers Xarelto, eines Blutgerinnungshemmers, ausgeglichen.

Die zuvor gegebene Konzernprognose für das Gesamtjahr 2024 bestätigte das Management. „Wir sind auf einem guten Weg, unsere Ziele zu erreichen“, sagte der Vorstandsvorsitzende.

Strukturumbau: Weniger Chefs und mehr Macher

Der US-Amerikaner Anderson, der auf den glücklosen Werner Baumann als Bayer-Lenker gefolgt ist, will den Konzern mit einem tiefgreifenden Strukturumbau auf Kurs bringen. Er findet, dass das Unternehmen bei seinem Amtsantritt zu hierarchisch strukturiert war und die Arbeitsabläufe teilweise ineffizient waren.

Zwischen ihm als CEO und dem Kunden geben es bis zu zwölf Ebenen, monierte er damals und präsentierte dann eine neue Arbeitsstruktur, bei der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unternehmerischer denken und eigenverantwortlicher handeln sollen. Sie sollen ihren Vorgesetzten weniger Rede und Antwort stehen müssen und stattdessen selbst entscheiden, um Arbeitsabläufe im Konzern zu beschleunigen. Dadurch sind weniger Manager als Vorgesetzte nötig – besonders solche Stellen werden abgebaut, im ersten Halbjahr waren das rund 2500 von den insgesamt 3200 Jobs, die dem Rotstift zum Opfer fielen.

„Im alten System hatten wir Manager, die manchmal drei oder fünf oder sieben Leute gemanagt haben“, erläutert Anderson sein bislang wichtigstes Projekt in seiner noch kurzen Amtszeit. „Jetzt haben wir normalerweise Manager, die 12, 15 oder sogar 20 Leute managen.“ Ihre Management-Funktion sei sehr begrenzt, es gehe mehr um Verwaltung und Karriere-Coaching.

Die eigentliche Arbeit werde nun hingegen von den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erledigt, die sich in wechselnden Teams zusammentun und nah am Kunden sind. „Im alten System hatten wir Marketing-Leute und Produktionsleute, die alle in ihrem jeweiligen Silo steckten“, sagt Anderson. „Im neuen System sind diese Leute alle zusammen und sie finden sich in Teams zusammen rund um den Kunden.“

Kostensenkungen im Blick

Neben der Verbesserung der Arbeitsabläufe geht es bei der neuen Firmenstruktur auch um Kostensenkungen des hoch verschuldeten Konzerns. Im Jahr 2026 sollen die Kosten vor allem wegen der Personalreduzierung um zwei Milliarden Euro gesenkt sein, in diesem Jahr sollen es bereits 500 Millionen sein. „Bei beiden Zielen sind wir auf Kurs“, sagt Anderson und fügt hinzu, der Umbau komme schneller voran als er gedacht habe.

Wie viele weitere Stellen noch abgebaut werden, ist noch offen, ein Zahlenziel gibt es hierzu nicht. Firmenchef Anderson macht aber deutlich, dass der Umbau zügig voranschreiten werde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis auf Rekordhoch: Warum Gold zum Jahresende explodiert
22.12.2025

Gold glänzt wie lange nicht mehr. Der Goldpreis markiert neue Rekorde, während Unsicherheit, Notenbanken und geopolitische Risiken die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OECD: Aufstieg im Arbeitsmarkt für Zugewanderte besonders schwer
22.12.2025

Der OECD-Migrationsausblick 2025 zeigt, wie groß der Einkommensabstand zwischen Zugewanderten und Einheimischen in Deutschland ausfällt....

DWN
Panorama
Panorama Wirtschaftskrise durchkreuzt Winterurlaubspläne der Deutschen
22.12.2025

Hohe Preise, unsichere Konjunktur und veränderte Prioritäten prägen den Winter. Die Wirtschaftskrise zwingt viele Deutsche zu neuen...

DWN
Politik
Politik Staatsmilliarden für E-Autos: Warum Kaufprämien den Markt nicht stabilisieren
22.12.2025

Ab 2026 soll der Kauf von Elektroautos staatlich bezuschusst werden. Die Erfahrung aus Ländern wie Norwegen und Australien zeigt jedoch,...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt Tesla-Aktie kaufen? Welche Erwartungen Investoren an Elon Musk haben
21.12.2025

Visionäre Unternehmer haben an den Kapitalmärkten immer wieder ganze Branchen neu geordnet. Ob Tesla-Aktien weiterhin von technologischem...

DWN
Panorama
Panorama Gaudís Sagrada Família: Der höchste Kirchturm der Welt
21.12.2025

Barcelona feiert 2026 die Architektur – und ein Turm der Sagrada Família soll Geschichte schreiben. Doch hinter dem Rekord stecken Geld,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...