Finanzen

Schweizer Bankkonto: Die Kavallerie ist Geschichte und das Bankgeheimnis perdu

Schweizer Banken waren für deutsche Anleger lange Zeit die erste Wahl, wenn es um Geldanlage ging. Ob das noch gilt, wie es mit Peer Steinbrücks Kavallerie-Drohung steht und welche Alternativen es gibt.
16.08.2024 06:01
Lesezeit: 3 min
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2009 drohte Peer Steinbrück mit der Kavallerie, um deutsche Steuerflüchtlinge aus der Schweiz zur Rückkehr zu bewegen: „Wir müssen die Kavallerie nicht nur satteln, wir müssen sie auch ausreiten lassen“, schimpfte der damalige Bundesfinanzminister unter Bundeskanzler Schröder (beide SPD). 15 Jahre später steht ein Bankkonto deutscher Anleger bei der UBS oder einer anderen Schweizer Bank nicht mehr im Verdacht der Steuerhinterziehung. Die internationalen Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung sind strenger geworden, die Transparenz hat zugenommen. Deutsche Behörden haben inzwischen Zugriff auf Konto- und Depotinformationen deutscher Kunden in der Alpenrepublik.

Schweizer Bankkonto: Auflagen und Mindesteinlagen

Die Eröffnung eines Bankkontos oder Depots in der Schweiz erscheint vielen deutschen Privatanlegern nach wie vor attraktiv, ist aber nicht immer einfach. „Nur noch wenige Schweizer Banken bieten Konten und Depots für Ausländer an“, sagte Christian Langen, Vorstand der VZ VermögensZentrum Bank, kürzlich dem Handelsblatt.

Um Geld in der Schweiz anlegen zu können, müssten sich deutsche Anleger mit den spezifischen Anforderungen und Konditionen der einzelnen Institute auseinandersetzen, so Langen weiter. Diese seien oft komplexer, als es auf den ersten Blick erscheine. So müssten Kundinnen und Kunden aus Deutschland vor der Eröffnung eines Kontos oder Depots in der Schweiz in der Regel persönlich beim jeweiligen Finanzinstitut erscheinen, um sich zu legitimieren.

Hinzu kommt: Nicht alle Schweizer Finanzinstitute sind bereit, Konten für deutsche Staatsangehörige zu eröffnen. Auch die Mindestanlagebeträge sind von Bank zu Bank sehr unterschiedlich. „Je nach Institut gelten für Deutsche sowie Personen aus anderen Ländern unterschiedliche Bedingungen für die Eröffnung einer Bankbeziehung in der Schweiz“, wird Monika Dunant von der Schweizerischen Bankiervereinigung in Basel im Handelsblatt zitiert. In der Regel gehe es um sechs- bis siebenstellige Beträge. Kleinere Beträge würden Schweizer Banken in der Regel nicht annehmen. Solche hohen Beträge würden potenzielle Anleger abschrecken und den Finanzplatz Schweiz weniger attraktiv machen, so Dunant.

Das Schweizer Bankgeheimnis ist Vergangenheit

Ein wesentlicher Aspekt, der lange Zeit für die Schweizer Banken sprach, war das Bankgeheimnis. Dieses ist jedoch seit 2017 weitgehend aufgehoben. Deutsche Behörden haben nun Zugriff auf Kontodaten und Depotinformationen deutscher Kunden in der Schweiz. „Das legendäre Schweizer Bankgeheimnis gehört der Vergangenheit an“, betont Wolfgang Mair, Leiter Digitale Geschäftsmodelle bei der Liechtensteinischen Landesbank (LBB) gegenüber dem Verbraucherportal Biallo. Auch das habe die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz für ausländische Anleger deutlich gemindert.

Schweizer Franken als stabiler Hafen?

Dennoch kann eine Anlage in Schweizer Franken für deutsche Privatanleger sinnvoll sein, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, schließlich gilt die Währung nach wie vor als stabil und sicher und hat im Vergleich zum Euro seit 2020 mehr als zehn Prozent aufgewertet. Wolfgang Mair: „Es gibt Kunden, die schlicht auf der Suche nach der höchsten Rendite sind und so versuchen, mit Fremdwährungsanlagen noch etwas mehr herauszuholen. Zudem gibt es Kunden, die diversifizieren wollen.“ Dennoch sollten Anleger die hohen Gebühren und Anforderungen der Schweizer Banken berücksichtigen. „Es lohnt sich daher, Alternativen genau zu prüfen und die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten abzuwägen“, rät der Anlageprofi.

Deutschland als Alternative?

Anleger, die die Anforderungen der Schweizer Banken nicht erfüllen können oder wollen, finden auch in Deutschland attraktive Anlagemöglichkeiten. So bieten ETF-Sparpläne und andere Anlageprodukte eine vergleichbare Rendite. „Für viele deutsche Anleger ist es einfacher und kostengünstiger, ihr Geld bei heimischen Instituten anzulegen“, sagt Mair. Diese böten eine ähnliche Vielfalt an renditeträchtigen Finanzprodukten wie Schweizer Banken. Zudem seien die gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Anlegerschutz in Deutschland auf einem hohen Niveau, was zusätzlichen Schutz und Sicherheit biete.

Schweizer Fremdwährungskonto als sicherer Währungs-Hafen?

Wer dennoch über ein Fremdwährungskonto in der Schweiz nachdenkt, sollte sich nicht abschrecken lassen. „Ein Fremdwährungskonto ist eine gute Möglichkeit zur Diversifizierung des Portfolios und zur Absicherung gegen Wechselkursschwankungen“, so Mair. Besonders in wirtschaftlich unsicheren Zeiten könne ein solches Konto Stabilität bieten. „Die Schweiz bietet dabei weiterhin eine hohe finanzielle Stabilität und Rechtssicherheit“, so der Anlageprofi. Ein weiterer Vorteil sei die potenzielle Steueroptimierung. „In einigen Fällen können steuerliche Vorteile genutzt werden, je nach den individuellen Umständen des Anlegers und der Struktur des Kontos.“

Planung ist das A und O

Die Schweiz bleibt auch im Jahr 2024 ein interessanter Finanzplatz für Privatanleger, doch die Anforderungen sind hoch. Deutsche Anleger sollten genau prüfen, ob sich der Aufwand lohnt oder ob es nicht sinnvollere Alternativen gibt. In jedem Fall ist eine gründliche Recherche und Beratung unerlässlich, um die individuell geeignetste Anlageentscheidung treffen zu können, denn Veränderungen in der internationalen Finanzlandschaft und eine striktere Regulierung der Alpenrepublik haben die Attraktivität der Schweiz als Anlageziel verändert.

„Für Anleger, die Sicherheit und Stabilität suchen, gibt es auch innerhalb der EU und Deutschlands attraktive Alternativen“, fügt Mair hinzu und verweist dabei auf Fremdwährungskonten bei deutschen Banken, die ähnliche Vorteile bieten. So oder so: Peer Steinbrück dürfte wohl schon seit einiger Zeit ruhiger schlafen.

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