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Azubis dringend gesucht: Betriebe finden nicht genug Nachwuchs

Lesezeit: 3 min
15.08.2024 19:00
Ausbildungsplatz sucht Azubi: Fast jedes zweite Unternehmen kann Stellen nicht besetzen, laut Ausbildungsumfrage 2024. Das ist ein neuer Höchststand. Die Industrie- und Handelskammer schlägt Alarm - und rät den Firmen, kreativ zu werden. Welche Ursachen gibt es für den Notstand und wie können Firmen heute junge Menschen noch für eine Ausbildung begeistern?

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Immer mehr Betriebe in Deutschland suchen dringend Azubis. Einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zufolge konnte im vergangenen Jahr rund jeder zweite Ausbildungsbetrieb (49 Prozent) nicht alle Plätze besetzen. Das ist ein neuer Negativrekord.

In jedem zweiten Betrieb bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt

An der Umfrage der Industrie- und Handelskammern beteiligten sich 13.077 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen.

Mehr als ein Drittel der Betriebe mit Besetzungsschwierigkeiten gab zudem an, keine einzige Bewerbung erhalten zu haben – hochgerechnet könnte das in ganz Deutschland laut DIHK knapp 30.000 Firmen betreffen.

„Der Fachkräftemangel fängt bereits bei den Auszubildenden an“, kommentierte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Lage der Kammer zufolge immer weiter zugespitzt. Inzwischen ist man alarmiert: „Ohne junge Nachwuchskräfte fehlt uns bald die Basis für unsere Industrie, für den Mittelstand, für die kleinen Betriebe – und damit für den Wohlstand auch der jungen Generationen.“

Besonders kleine Betriebe hätten zu kämpfen. Am schwierigsten sei die Besetzung von Ausbildungsplätzen in der Industrie, im Gastgewerbe, im Handel, in der Verkehrsbranche und im Baugewerbe.

Hauptursachen: Demografie und ungeeignete Schulabgänger

In den vergangenen Jahren hatten die Firmen auch die Corona-Pandemie mit Einschränkungen bei Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche für die schwierige Lage verantwortlich gemacht. Doch klar ist: Hauptgrund ist der demografische Wandel – es kommen einfach nicht genügend jüngere Arbeitnehmer nach, wenn ältere aus dem Berufsleben ausscheiden.

Mängel sieht die Kammer aber auch bei der Berufsorientierung in der Schule. „Wirtschafts-, Finanz- oder MINT-Themen müssen im Unterricht eine größere Rolle spielen“, sagte Dercks. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Außerdem brauchten die Azubis wenigstens ein Minimum an Deutschkenntnissen, Lernbereitschaft und Umgangsformen. An einer soliden Grundausbildung mangele es aber zunehmend.

„Unser Bildungssystem muss an dieser Stelle besser werden. Die Unternehmen nehmen aus der Not heraus immer mehr selbst in die Hand und unterstützen junge Menschen mit Startschwierigkeiten auf verschiedenste Weise“, sagte Dercks. Das reiche von Nachhilfe in Deutsch und Mathe bis hin zu Coaching in Sachen Selbstmanagement und Motivation.

Bundesagentur für Arbeit: mehr Stellen als Bewerber

Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit hat die Bewerberzahl auf Ausbildungsstellen zuletzt um drei Prozent zugenommen. Rechnerisch gab es bis Juli aber 85.000 mehr gemeldete Ausbildungsstellen als Bewerberinnen und Bewerber. Besetzungsprobleme hatten vor allem die Baubranche, Gastronomie, Metall- und Elektroberufe, Verkauf und Logistik.

Vergleichsweise wenige offene Stellen dagegen gab es in der Softwareentwicklung, in der Tischlerei, in Kfz-Technik und Gartenbau, sowie in Maler- und Lackierberufen. Relativ geringe Chancen auf Ausbildungsplätze haben junge Leute demnach in der Tierpflege und in künstlerisch-kreativen Berufen wie Mediengestaltung, Raumausstattung, Kamera- oder Tontechnik.

Azubisuche im Ausland

Jeder zweite Betrieb versucht laut DIHK-Umfrage inzwischen auch Auszubildende aus dem Ausland zu gewinnen – vor allem in der Gastronomie und in der Transport- und Logistikbranche.

Besonders Sprachkenntnisse sind aber eine Hürde: 81 Prozent der Betriebe sehen in unzureichenden Deutschkenntnissen ihrer ausländischen Azubis die größte Herausforderung. Auch umständliche bürokratische Prozesse bei Visa- und Aufenthaltsverfahren erschweren die Einstellung.

Azubisuche: Tiktok und Co. – Kreativität ist gefragt

Die meisten Unternehmen sind nach wie vor klassisch unterwegs, wenn sie Azubis suchen: mit Schülerpraktika, auf Online-Stellenbörsen oder Ausbildungsmessen. Noch lernen 70 Prozent der Betriebe laut DIHK-Umfrage so potenzielle Auszubildende kennen.

Dennoch wird die Nutzung von Online-Stellenbörsen (23 Prozent) oder Schulbesuchen/Kooperationen mit Schulen (22 Prozent) von den Betrieben, als nicht sehr effektiv bewertet. Die traditionellen Wege reichen heutzutage nicht, um ins Blickfeld junger Schulabgänger zu rücken.

Deshalb haben immer mehr Betriebe nicht nur eine Internetseite (86 Prozent), sondern sind auch auf Social-Media-Plattformen unterwegs:

  • 45 Prozent der befragten Firmen berichten von Instagram-Accounts
  • 36 Prozent sind bei Berufsplattformen wie LinkedIn oder Xing aktiv
  • 11 Prozent nutzen bereits Tiktok, Youtube oder Whatsapp

Die Präsenz auf Social-Media-Plattformen zeigt immer mehr Erfolge. Gerade bei der technikaffinen Generation ist ein moderner Mix an Maßnahmen entscheidend.

Azubi-Notstand: Attraktivität erhöhen

Wenig attraktive Arbeitsbedingungen und das mitunter schlechte Image mancher Ausbildungsberufe spielen aus betrieblicher Sicht die wichtigste Rolle bei der Erklärung von Besetzungsproblemen. Um die Attraktivität der Ausbildung zu erhöhen, setzen Betriebe vor allem auf Prämien und Sonderzahlungen, zum Beispiel bei bestandenen Prüfungen oder Urlaubs- und Weihnachtsgeld. 62 Prozent aller Betriebe zahlten 2023 solche Leistungen.

Nicht zu unterschätzen sind aber nach wie vor der persönliche Eindruck und Kontakt, um Auszubildende für ein Unternehmen zu begeistern: Gut ein Drittel der Betriebe (34 Prozent), die Schülerpraktika anbieten, bewertet diese als sehr erfolgreich. Auch Unternehmen, die auf Werbung durch eigene Mitarbeitende setzen, sehen darin eine sehr erfolgreiche Maßnahme (31 Prozent).

„Die Unternehmen verstärken bereits ihre Anstrengungen für einen interessanten Ausbildungsplatz“, erläuterte Dercks. Die kompletten Umfrageergebnisse gibt es hier: DIHK-Ausbildungsumfrage 2024

 

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Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.


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