Die FDP steigt Schritt für Schritt aus der Koalition aus. Das merkt man in den vergangenen Tagen an den Stichwörtern, die plötzlich in die Öffentlichkeit lanciert werden. Eine Flat-Rate für Parkplätze fordern da in Potsdam Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Brandenburgs FDP-Spitzenkandidat Zyon Braun. Christian Dürr, der Fraktionschef der Liberalen kämpft, um unbedingt das Bürgergeld wenigstens um den niedrigeren Inflationsfaktor zu kürzen.
Vorschläge sorgen für Heiterkeit im Berliner Sommerloch
Der Vorschlag ist im Sommerloch auf dermaßen viel Heiterkeit bei den Bürgern gestoßen, dass die Idee bereits gleich dem grünen Vorstoß nach einem „Vermieter-Führerschein“ folgt, als Jux des Jahres.
Maximilian Mordhorst, der für die FDP im Finanzausschuss des Bundestags sitzt, möchte wiederum, dass „die Rente mit 63 künftig nur noch für Geringverdiener möglich ist.“ Besser noch: gleich abschaffen! „Solche demografisch widersinnigen Wahlgeschenke sollten wir uns nicht leisten“, so Mordhorst. Darüber lässt sich wenigstens streiten, wobei der Absender einen verzweifeln lässt.
Und nun der Ober-Knaller: Die FDP verlangt, das Entwicklungshilfeministerium dichtzumachen. Dann sei endlich Schluss mit den Radwegen durch Peru, oder? Keineswegs, das soll Annalena Baerbock von den Grünen (oder wer auch immer ihr folgt) künftig im Auswärtigen Amt verantworten in einer dort neu zu gründenden Stabsabteilung.
Time-Warp zurück in das Jahr 2011 - so fühlt es sich gerade an. Damals hatte die FDP das mit der Entwicklungshilfe auch schon mal auf dem Zettel. Zum 50-jährigen Jubiläum gab es weder Blumen noch Glückwünsche, sondern den Abzugsbefehl. Dirk Niebel war es, der das stets lauthals in der FDP gefordert hatte. Bis er dann selbst das Kommando übernahm und sich zum Minister des ungeliebten Ressorts krönen ließ. Später ist er dann so als Vielflieger ganz schön herumgekommen auf der Welt.
Steht die FDP vor Waterloo oder einem politischen Déjà-vu
Das war der eine Lacher damals, der andere die ungeschickten Steuererleichterungen für Gastronomie und Hotellerie, bei der sich damals Parteichef Guido Westerwelle im Wort sah. Mit dieser Hypothek war das kurze Kapitel „Schwarz-Gelb“ unter Angela Merkel 2009 gestartet, um bei den Folgewahlen prompt den Absturz der Wirtschaftsliberalen in die außerparlamentarische Opposition zu erleben. Ob die FDP auch diesmal wieder ein trauriges Waterloo erlebt oder nur ein verstörendes Déjà-vu ist derzeit die Frage.
„Die beste Entwicklungspolitik ist die, die sich überflüssig macht“, sagte Dirk Niebel damals. Wo doch schon bei der Gründung des Ressorts anno 1961 - nur kurz nach dem Berliner Mauerbau, ein gewisser Walter Scheel als erster Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit vereidigt wurde. Der liebt das Reisen auch so sehr, dass er später nach einer vermeintlichen „Liebesheirat“ mit Willy Brandt 1969 Außenminister wurde. Dann 1982 jedoch zum Wegbereiter der Wende, als Scheel Kanzler Helmut Schmidt (SPD) stürzte, um den Pfälzer Helmut Kohl (CDU) ins Bonner Kanzleramt zu hieven.
Vorzeichen eines Regierungswechsels oder vorgezogenen Neuwahlen
Ein Schalk, wer die Zeichen an der Wand zwar liest, sich nur rein gar nichts bei der offenkundigen Parallelität der Ereignisse denkt. Schafft es die Ampel noch ins Jahr 2025? Die Frage liegt auf der Hand. Offen ist nur die Stilfrage, ob es einen radikalen Regierungswechsel wie dereinst gibt oder doch erst Neuwahlen kommendes Frühjahr?
Ums Sparen im fragwürdigen Ministerium von Svenja Schulze (SPD) geht es gar nicht. Das wird wohl auch künftig geben, angesichts der vielen einflussreichen NGOs mit grüner oder auch liberaler Beteiligung. Selbst Dirk Niebel wusste, dass anno 2050 fast zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben und Armut, Bevölkerungswachstum, Migration sowie der Klimawandel weiterhin das Staaten-Gefüge dieser Welt belasten.
Und auch in Zukunft wird es wieder einen Koalitionspartner geben, der beim Zuschnitt des Kabinetts den bequemen Stuhl der Entwicklungshilfe einnimmt, statt sich subaltern und weisungsbefugt einzuordnen.
Selbst in der FDP würde sich sicher jemand finden. Max Mordhorst zum Beispiel wäre ein so prädestinierter Kandidat, um die „großen Fußstapfen“ des heutigen Lobbyisten Niebel auszufüllen.