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Drohende Insolvenz: Worum es bei der Unterstützung der Meyer Werft geht

Die Bundesregierung und das Land Niedersachsen arbeiten an einem milliardenschweren Rettungsplan für die Meyer Werft. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Die Zeit drängt.
23.08.2024 07:17
Lesezeit: 2 min
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Drohende Insolvenz: Worum es bei der Unterstützung der Meyer Werft geht
Gruppenfoto unter anderem mit dem Betriebsratsvorsitzenden der Papenburger Meyer-Werft, Andreas Hensen (links), dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD, zweiter von links), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, dritter von links), Bernard Meyer, Inhaber der Meyer Werft (Mitte). (Foto: dpa) Foto: Markus Hibbeler

Seit Monaten diskutieren die Bundesregierung und Niedersachsen über eine mögliche Rettung der Meyer Werft, die für ihre Kreuzfahrtschiffe weltweit bekannt ist. Jetzt hat Bundeskanzler Olaf Scholz der Werft die Unterstützung des Bundes zugesichert. Einzelheiten müssen noch geklärt werden.

"Aber eines kann ich heute klar zusagen: Der Bund trägt seinen Teil der Lösung bei", sagte der SPD-Politiker auf einer Betriebsversammlung der Meyer Werft im niedersächsischen Papenburg. Ein Überblick.

Warum steckt die Meyer Werft in der Krise?

Das Unternehmen benötigt dringend sehr viel Kapital - bis zum 15. September müssen die Einigungen dazu getroffen sein. Insgesamt muss die Meyer Werft bis Ende 2027 zur Finanzierung von Schiffsneubauten fast 2,8 Milliarden Euro beschaffen. An mangelnden Aufträgen liegt es nicht, heißt es. So hat die Meyer Werft erst vor kurzem den größten Auftrag der Firmengeschichte erhalten: Vier Kreuzfahrtschiffe für die Disney Cruise Line.

Allerdings wurden einige Verträge für Kreuzfahrtschiffe noch vor der Corona-Pandemie abgeschlossen und enthalten keine Anpassungsklauseln an die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten. Zudem werden in der Branche üblicherweise 80 Prozent des Baupreises erst bei Auslieferung des Schiffes gezahlt - den Bau muss die Meyer Werft also mit Krediten vorfinanzieren.

Welche Rettungsmaßnahmen sind im Gespräch?

Im Gespräch ist eine zeitlich begrenzte Beteiligung von Bund und Land an der Meyer Werft, um das Eigenkapital um etwa 400 Millionen Euro zu erhöhen. Zusätzlich benötigt die Werft Bürgschaften, um neue Kredite für den Schiffbau zu erhalten und so die milliardenschwere Finanzierungslücke zu schließen.

Aus Regierungskreisen in Berlin verlautete, es gebe noch keine finale Entscheidung, aber den Willen, die Meyer Werft zu unterstützen. Demnach könnten der Bund und Niedersachsen mit jeweils rund 900 Millionen Euro bürgen und vorübergehend 80 bis 90 Prozent der Meyer Werft übernehmen. Einer solchen Lösung müssten aber unter anderem noch der Haushaltsausschuss des Bundestags und die EU-Kommission zustimmen.

Anfang Juli hatte die Geschäftsführung der Meyer Werft bereits mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall ein Restrukturierungskonzept vereinbart. Demnach sollen 340 der mehr als 3.000 Stellen in Papenburg abgebaut werden. Darüber hinaus sollen ein Aufsichtsrat und ein Konzernbetriebsrat geschaffen und der Unternehmenssitz von Luxemburg nach Deutschland zurückverlegt werden - eine Forderung der Politik.

Warum setzt sich die Politik für die Werft ein?

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte im Sommer, wenn es triftige Gründe für die Annahme gebe, dass das Unternehmen eine Zukunftsperspektive hat, werde Niedersachsen sich stark dafür einsetzen, diese Zukunft zu sichern. "Das tun wir, weil wir Arbeitsplätze retten wollen", sagte der Regierungschef. Über die Stammbelegschaft hinaus hingen "etliche Tausend Arbeitsplätze" von der Meyer Werft ab. Für die Meyer Gruppe arbeiten rund 7.000 Menschen - neben dem Standort Papenburg betreibt sie Werften in Rostock und im finnischen Turku.

Die Meyer Werft ist einer der weltweit führenden Hersteller von Kreuzfahrtschiffen und damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Niedersachsen. Neben den Arbeitsplätzen geht es auch darum, das Knowhow des zivilen Schiffbaus in Deutschland zu bewahren, argumentierte die Landesregierung.

Was die FDP zu bedenken gibt: Bundestag muss entscheiden

Mit den geplante Staatshilfen für die Meyer Werft in Papenburg wird sich demnächst auch der Bundestag beschäftigen. "Der Haushaltsausschuss wird als Gesetzgeber final in der ersten Hälfte des Septembers entscheiden müssen", sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Otto Fricke. "Nur wenn es eine klare gewinnorientierte Zukunftsperspektive gibt, darf der Steuerzahler helfen", fügte er hinzu. Der Steuerzahler könne nur "beim Bau einer Brücke" für die Meyer Werft helfen. An deren Ende müsse der Ausstieg des Bundes aus dem Unternehmen stehen, sonst könne es keinen Einstieg geben, so Fricke.

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