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Der DWN-Marktreport: Werden es 50 Punkte? Finanz- und Rohstoffmärkte im Bann der US-Notenbank

Lesezeit: 4 min
10.09.2024 09:47  Aktualisiert: 10.09.2024 09:47
Es gilt als sicher, dass die Federal Reserve am 18. September die Leitzinsen senken wird – unklar ist jedoch, in welchem Ausmaß. Genau diese Unsicherheit sorgt an den Märkten für Bewegung. Hinzu kommen globale Konjunktursorgen, die zusätzlich belasten.
Der DWN-Marktreport: Werden es 50 Punkte? Finanz- und Rohstoffmärkte im Bann der US-Notenbank
Die US-Notenbank wird den Beginn des nächsten Zinssenkungszyklus einleiten. Laut dem Notenbankchef Jerome Powell ist es „an der Zeit“, die Leitzinsen von ihrem Höchststand der letzten zwei Jahrzehnte zu senken. (Foto: dpa)
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Spätestens seit Jerome Powells Rede auf dem jährlichen Zentralbank-Treffen in Jackson Hole im vergangenen Monat gibt es keine Zweifel mehr, dass die US-Notenbank ihre kommende Sitzung nutzen wird, um den nächsten Zinssenkungszyklus einzuleiten. Es sei „an der Zeit“, dass die Fed die Leitzinsen von ihrem Zwei-Jahrzehnte-Hoch senke, so der Notenbankchef. Offen ist jedoch, welchen Umfang der initiale Schritt haben wird – und wie es danach weitergeht.

Spekulation über Umfang des Fed-Schritts

Nähere Erkenntnisse hinsichtlich dieser Frage erhofften sich die Marktteilnehmer von der Vielzahl der seitdem veröffentlichten Konjunkturdaten. Angesichts pessimistischerer wöchentlicher Arbeitsmarktdaten, schwächerer Fahrzeugverkäufen und Fabrikaufträgen wuchs die Besorgnis über die Fähigkeit der Wirtschaft, sanft zu landen, wieder an. Vor allem aber der monatliche Bericht über die Beschäftigungszahlen außerhalb der Landwirtschaft am vergangenen Freitag wurde mit großer Spannung erwartet, auch deshalb, weil gerade die Juli-Daten des Non-Farm-Payrolls-Reports (NFP) eine regelrechte Wachstumsangst an den Märkten ausgelöst hatten. Für August zeigen diese nun mit einem Aufschwung bei den Einstellungen und einem leichten Rückgang der Arbeitslosenquote eine Stabilisierung des US-Arbeitsmarktes an. Demzufolge benötigt dieser eine dringende Zinssenkung eher nicht, zumal auch die Lohndaten auf mehr Stärke und Inflationsdruck hindeuten, als viele vermuten.

Für wirkliche Klarheit sorgten die Daten nicht, sie beantworteten weder die Frage, ob eine Rezession bevorsteht, noch die nach dem Umfang der kommenden Zinssenkung. Nun ist der Markt, wie so oft, auf die Reden der Fed-Beamten angewiesen, um seine Schlüsse zu ziehen. Und bis jetzt sind auch diese eher unspezifisch. Fed-Gouverneur Waller beispielsweise bezeichnete sich selbst als „offen, was den Umfang und das Tempo…angeht“, verwies jedoch auf die Datenlage und deutete an, dass die Fed zu einem späteren Zeitpunkt tiefere Zinssenkungen vornehmen könnte, was möglicherweise heißt, dass die Daten im Moment noch nicht für eine größere Senkung sprechen.

Wie stark die Fed die Zinsen senken wird, hängt von ihrer Einschätzung der Wirtschaft ab, und die ist nicht eindeutig. Immerhin, der kräftige Einbruch der kurzfristigen Anleiherenditen am vergangenen Freitag, in dessen Folge die US-Renditekurve nach mittlerweile 26 Monaten nicht mehr invertiert ist, deutet darauf hin, dass die Händler sie für schwach genug halten, um die Fed am 18.09. zu extremeren Maßnahmen als einen 25-Basispunkte-Schritt zu bewegen. Den nächsten Hinweis werden am Mittwochmittag die Verbraucherpreisindizes für August geben.

Was Europa betrifft, so haben die Daten gezeigt, dass sich die wirtschaftliche Dynamik in der Eurozone im zweiten Quartal verlangsamt hat. Hauptverantwortlicher dafür ist Deutschland, hier schrumpfte die Produktion im zweiten Quartal aufgrund einer anhaltenden Schwäche im verarbeitenden Gewerbe spürbar. Unterdessen hat sich auch das Lohnwachstum in der Eurozone abgeschwächt, und die Inflation ist auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gesunken. Damit sollte nächste Woche auch einer Zinssenkung der EZB nichts im Wege stehen.

Probleme in China halten an – US-Rezessionsgefahr steigt

Neben umfassend schwachen Wirtschaftsdaten, wie einem sich fortsetzenden Rückgang der Fabrikaktivitäten oder weiter einbrechender Hausverkäufe, kämpft China mit deflationärem Druck. So sank die dortige Kerninflation auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahren, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass auch die Verbrauchernachfrage in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nachlässt. Dass ehrgeizige Wachstumsziel von offiziellen „etwa“ 5 % für dieses Jahr dürfte damit weiterhin in weiter Ferne liegen.

Der chinesische CSI 300 Index verlor am Montag mehr als 1 % und ist nicht mehr weit von seinem Fünfjahrestief entfernt. Nachdem die erneut einsetzende Flucht aus Risikopapieren am 03.09. in den USA und Europa zum schlimmsten Ausverkauf seit der Kernschmelze vom 5. August geführt hatte standen die Aktienmärkte auch in den folgenden Tagen weltweit weiter unter Druck. Europäische und US-Aktien verbuchten in der vergangenen Woche den größten Rückgang seit März 2023, wobei die Technologiewerte die heftigsten Verluste hinnehmen mussten.

Immerhin zeigen die Aktienmärkte zum Wochenstart leichte Erholungstendenzen, in Erwartung der am Mittwoch anstehenden US-Inflationsdaten. Ökonomen gehen davon aus, dass sich der Anstieg der amerikanischen Verbraucherpreise im August abgeschwächt hat, was die Argumente für eine große Zinssenkung durch die US-Notenbank weiter untermauern würde. Die derzeitige Unsicherheit rührt vor allem aus den wachsenden Rezessionsrisiken in den USA und der Frage, ob die Fed angesichts dessen nicht möglicherweise mit ihrer Zinssenkung zu lange gewartet haben könnte.

Rohstoffmärkte unter Druck

Die Kombination aus dem eher schwachen US-Arbeitsmarktbericht und der sehr nachfrageschwachen Wirtschaftslage in Fernost lastet derweil weiter auf dem Rohstoffsektor. So stapeln sich in China die Vorräte an wichtigen Rohstoffen, von Basismetallen über Kohle bis zu Sojabohnen, da die Wirtschaftstätigkeit weiterhin zu schwach ist, um die bestehenden Überschüsse abzubauen. Die Analysten von Goldman Sachs haben ihre bis Dato sehr bullische Kupferpreisprognose für das nächste Jahr um fast 5.000 Dollar (oder 33 %) pro Tonne gesenkt und erklärt, dass Chinas zunehmend enttäuschende wirtschaftliche Erholung den erwarteten Aufschwung verzögern wird. Der gleiche Pessimismus in Bezug auf China wirkt sich auch auf Eisenerz aus, das zum Wochenbeginn auf den tiefsten Stand seit November 2022 fiel.

Der Preis für die Ölsorte WTI fiel am Freitag bis auf 67,17 Dollar pro Barrel, damit verzeichnete Rohöl den stärksten wöchentlichen Einbruch seit Oktober 2023 (Brent bis 70,61 Dollar, tiefste Notierung seit März 2023). Hier kam der eher schwache US-Arbeitsmarktbericht mit seiner Rezessionsimplikation zur Besorgnis über die maue Nachfrage des weltweit größten Rohölverbrauchers China noch erschwerend hinzu. Immerhin verstärken jene Daten die Spekulationen hinsichtlich einer kommenden 50-Basispunkte-Zinssenkung, doch sie untermauerten auch das Narrativ eines nachlassenden Ölverbrauchs, welches die Preise bereits seit Wochen belastet. Zwar hat die OPEC+-Gruppe in der vergangenen Woche ihren Plan zur Wiedererhöhung der Fördermenge um 180.000 Barrel pro Tag in den kommenden zwei Monaten verworfen, jedoch blieb ein längerfristiger Plan zur Wiederbelebung von 2,2 Millionen Barrel pro Tag bis Dezember 2025 bestehen.

Dass die Rohölproduktion in den USA Prognosen der EIA zufolge in diesem Jahr weiter steigt, belastet das globale Gleichgewicht zusätzlich. Im Ergebnis konnten selbst die OPEC+-Verzögerung und ein wöchentlicher Rückgang der US-Rohöllagerbestände um fast 7 Millionen Barrel den Ölpreisen keinen nennenswerten Auftrieb verliehen. In der laufenden Woche stehen die monatlichen Marktprognosen der OPEC, der Energy Information Administration (EIA) und der Internationalen Energieagentur (IEA) zur Veröffentlichung an.

Gold hingegen glänzt weiterhin. Während Goldman Sachs bei Basismetallen ins Bärenlager gewechselt ist und, neben Kupfer, auch für Eisenerz, Nickel, Zink und Aluminium deutliche Prognoserevisionen vornahm, blieb ihr Kursziel für Gold mit 2.700 Dollar für 2025 in unveränderter Höhe bestehen. Für die Investmentbank bleibt das gelbe Metall „der Rohstoff, bei dem wir das größte Vertrauen in eine kurzfristige Aufwärtsentwicklung haben“. Hauptpreistreiber sind dabei die seit Juni wieder verstärkt einsetzenden Zuflüsse seitens westlicher Managed-Money-Akteure sowie die anhaltend starke Nachfrage der Zentralbanken. Derweil hat sich Gold seit seinem Push über den vormaligen Triple-Top-Bereich um 2.480 Dollar am 19.08. und nach erreichen neuer Allzeithochs im Bereich der 2.500er-Marke eingependelt. Hier erwarten die Marktteilnehmer vor allem mit Blick auf den kommenden Zinspfad frische Impulse.

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Markus Grüne (49) ist langjähriger professioneller Börsenhändler in den Bereichen Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 arbeitet er als freier Finanzmarkt-Journalist, wobei er unter anderem eigene Börsenbriefe und Marktanalysen mit Fokus auf Rohstoffe publiziert. 


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