Unternehmen

Nach Kritik: Bahn kassiert Pläne für höhere Schienenmaut

Ab 2026 wollte die Deutsche Bahn die Trassenpreise deutlich erhöhen, im Nahverkehr um 23,5 Prozent, im Fern- und Güterverkehr ebenfalls zweistellig. Nach massiver Kritik hat das Verkehrsministerium nun eingelenkt und die Pläne teilweise kassiert.
13.09.2024 19:32
Lesezeit: 2 min
Nach Kritik: Bahn kassiert Pläne für höhere Schienenmaut
Die von der Bahn für das Jahr 2026 geplante Erhöhung der Trassenpreisen stößt auf Kritik (Foto: dpa). Foto: Volker Emersleben

Die Infrastruktursparte der Bahn (InfraGo) will ab 2026 die Trassenpreise erhöhen. Grund ist eine Eigenkapitalerhöhung der Bahn über 4,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr, welche die Bundesrregierung in ihrer Haushaltseinigung im August beschlossen hatte. Die ursprünglichen Pläne sahen eine Erhöhung der Schienenmaut von bis zu 23,5 Prozent im Nahverkehr, rund 10 Prozent im Fernverkehr und knapp 15 Prozent im Güterverkehr vor.

Mit der Eigenkapitalerhöhung des Bundes sollen dringend benötigte Investitionen in die Instandhaltung und den Ausbau des Schienennetzes ermöglicht werden. Laut EU-Beihilferecht müsste die Bahn auf das neue Eigenkapital jedoch Zinsen zahlen, was zu einer deutlichen Erhöhung der Trassenpreise geführt hätte. Um die Belastungen der Verkehrsunternehmen abzufedern, hat das Bundesverkehrsministerium nun eingelenkt und den Zinssatz von ursprünglich 5,9 Prozent auf etwa zwei Prozent gesenkt.

InfraGo-Chef Nagl verteidigt Pläne

Zuvor hatte InfraGo-Chef Philipp Nagl in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung Investmentweek die Pläne für die Preiserhöhung mit den stark gestiegenen Betriebskosten verteitigt. Um die Kosten zu decken und gleichzeitig notwendige Investitionen in die Infrastruktur der Bahn zu tätigen, sei die Erhöhung unvermeidlich​.

Die Gebühren, die Verkehrsunternehmen bisher für die Nutzung des Schienennetzes zahlen, sind je nach Art und Strecke unterschiedlich. Für den Fernverkehr werden derzeit etwa 4,89 Euro pro Kilometer fällig, beim Güterverkehr sind es 3,10 Euro pro Kilometer.

Statt 5,9 nur 2 Prozent Zinsen

Das EU-Beihilferecht verlangt, dass staatliches Eigenkapital verzinst wird, um Marktverzerrungen zu vermeiden. Im Falle der 4,5 Milliarden Euro des Bundes für InfraGo hätte dies zu deutlich höheren Trassenpreisen geführt. Ursprünglich hatte die Ampel direkte Zuschüsse geplant, die aber wegen der Schuldenbremse schwerer durchsetzbar gewesen wären.

Das Wissing-Ministerium reagierte nun mit einer Zinssenkung von 5,9 auf rund zwei Prozent, um die Eisenbahnverkehrsunternehmen finanziell zu entlasten. Ob damit die zuvor angekündigte Entlastung von 380 Millionen Euro vom Tisch ist, bleibt unklar. Wie das Ministerium der Nachrichtenagentur Reuters mitteilte, werde zudem an einer Reform des Finanzierungsmechanismus für die Schieneninfrastruktur gearbeitet.

Unverständnis bei den Ländern

In den Verkehrsministerien der Länder stießen die ursprünglichen Pläne zur Trassenpreiserhöhung auf Unverständnis. So erklärte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, dass die zusätzlichen Kosten „mit den derzeit für den Nahverkehr vorhandenen Mitteln nicht zu verkraften“ seien. Wäre die Preiserhöhung in der geplanten Höhe kommen, wären drastische Einschnitte im Regionalverkehr unvermeidbar gewesen „Das wäre eine fatale Entscheidung mit negativen Folgen für das gesamte Verkehrssystem, das Klima und nicht zuletzt für die Bahnkunden“, so Hermann​ in der SZ.

Auch in Thüringen und Sachsen hatten die Verkehrsministerien vor zusätzlichen Belastungen für den Nahverkehr gewarnt. Beide Länder hatten angekündigt, die Mehrkosten nicht ohne weiteres tragen zu können, was zu einer erheblichen Finanzierungslücke im Regionalverkehr geführt hätte.

Allianz Pro Schiene: Bahnpläne behindern Güterverlagerung auf die Schiene

Neben den Auswirkungen auf den Personennahverkehr sahen Experten auch die Wettbewerbsfähigkeit des Güterverkehrs gefährdet. Eine Erhöhung der Trassenpreise um fast 15 Prozent hätte dazu geführt, dass noch mehr Güter auf die Straße verlagert worden wären. Diese Befürchtung äußerte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz Pro Schiene, der die ursprünglichen Pläne in einer Mitteilung als „echte Verlagerungsbremse“ bezeichnete, da die Erhöhung den Zielen der Ampelkoalition, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, zuwidergelaufen wäre.

Die endgültige Entscheidung über die Erhöhung der Trassenpreise liegt bei der Bundesnetzagentur. Diese wird voraussichtlich im ersten Quartal 2025 darüber befinden, in welchem Umfang die Erhöhung genehmigt wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump zündet den Handelskrieg – doch Europa hat das bessere Spiel
03.06.2025

Donald Trump droht mit Strafzöllen, doch Europas Antwort steht längst: Mit stabilen Finanzen und strategischem Kurs könnte die EU zum...

DWN
Politik
Politik Vergessener Kontinent: Afrikas Fluchtkrisen- Milliarden fehlen für humanitäre Hilfe
03.06.2025

Fluchtkrisen in Afrika schneiden bei medialer Aufmerksamkeit, Hilfsgeldern und politischem Engagement besonders schlecht ab. Kamerun ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Rücksetzer nach Kurssprung – was Anleger jetzt wissen müssen
03.06.2025

Der Goldpreis ist auf Richtungssuche – trotz Krisen und Zinssorgen. Was steckt hinter der aktuellen Entwicklung, und wie sollten Anleger...

DWN
Politik
Politik Krim-Brücke: Ukrainischer Geheimdienst SBU meldet Angriff auf Kertsch-Brücke
03.06.2025

Die Krim-Brücke ist erneut Ziel eines spektakulären Angriffs geworden. Doch wie schwer sind die Schäden wirklich – und was bedeutet...

DWN
Politik
Politik Ehemalige US-Generäle zur Operation der Ukraine in Russland: Militärische Leistung, die dem Trojanischen Pferd gleichkommt
03.06.2025

Mitten in die Verhandlungen trifft Russland ein Schlag, der tief sitzt: Eine ukrainische Drohnenoffensive zerstört rund 40 strategische...

DWN
Politik
Politik Brüssels Pensionsflop: Milliardenvision scheitert kläglich
03.06.2025

Mit großem Tamtam gestartet, nun ein Desaster: Der EU-weite Rentenplan PEPP sollte Milliarden mobilisieren – doch kaum jemand macht mit....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ungenutztes Potenzial auf dem Arbeitsmarkt: Rekordteilzeit in Deutschland
03.06.2025

Teilzeit-Weltmeister Deutschland hat noch einmal nachgelegt: Die Teilzeit-Quote stieg im ersten Quartal auf einen neuen Rekord. Wie viele...

DWN
Politik
Politik Washingtons Steuerkrieg: Wie Trump Europas Wirtschaft ins Visier nimmt
03.06.2025

Die USA setzen zum wirtschaftlichen Gegenschlag an: Mit Strafsteuern auf europäische Unternehmen und Investoren will Donald Trump Brüssel...