Politik

Bund will keine weiteren Commerzbank-Aktien verkaufen - Verdi-Protest war erfolgreich

Die italienische Unicredit hat sich an der Commerzbank beteiligt und möchte das deutsche Bankhaus sogar in Gänze übernehmen. Die Gewerkschaften sind auf der Palme und wollen das unbedingt verhindern. Die deutsche Politik macht in der Causa mal wieder alles andere als „Bella figura“ und rudert zurück.
20.09.2024 20:15
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Einstieg der Unicredit bei der Commerzbank überraschte deren größten Aktionär, den Bund. Nun will sich der Bund für die Eigenständigkeit des Geldhauses einsetzen und fasst einen Beschluss. Nach dem überraschenden Einstieg der italienischen Großbank Unicredit will Deutschland vorerst keine weiteren Commerzbank-Aktien verkaufen. Das hat der zuständige Lenkungsausschuss in Berlin beschlossen, wie die Finanzagentur des Bundes mitteilte. Das umfasse auch etwaige Aktienrückkäufe der Commerzbank.

Die Commerzbank AG sei ein stabiles und ertragsstarkes Institut, hieß es in der Mitteilung. "Ihre Strategie ist auf Eigenständigkeit ausgerichtet." Dies begleite der Bund bis auf Weiteres, in dem er seine Beteiligung aufrechterhalte.

Seit der Finanzkrise ist der Bund der größte Aktionär der Commerzbank. Er hatte jedoch damit begonnen, Anteile zu verkaufen. Den allmählichen Ausstieg nutzte vor Kurzem die Unicredit, um überraschend im großen Stil bei dem Dax-Konzern einzusteigen. Die Italiener halten nun knapp 9,2 Prozent der Aktien, der Bund 12 Prozent.

Unicredit überbot alle Mitbewerber

Der Bund hatte die 4,49 Prozent der Anteile am 10. September in einem beschleunigten Orderbuch-Verfahren veräußert. Dabei wurden alle Interessenten gleich behandelt, so wie es das europäische Beihilferecht verlange, verlautete am Freitag aus dem Bundesfinanzministerium. Zu Beginn des Auktionsverfahrens habe es noch so ausgesehen, als ob mehrere Käufer zum Zuge kommen würden. An jenem Abend habe sich dann aber herausgestellt, dass Unicredit alle zum Verkauf stehenden Anteile erhalten würde, weil die italienische Bank ein deutlich höheres Angebot als die Mitbewerber abgegeben hatte.

Der Zuteilungspreis lag bei 13,20 Euro je Aktie und betrug damit 60 Cent mehr, als die Papiere zum Handelsschluss am 10. September wert waren. Der Bund nahm durch den Verkauf 702 Millionen Euro ein. Erst nach dem Zuschlag des Aktienpakets an Unicredit wurde bekannt, dass sich die Italiener weitere 4,7 Prozent der Commerzbank-Aktien an der Börse gesichert hatten, einen Teil davon über sogenannte Derivate - deshalb wurde nach den gültigen Regeln die Meldeschwelle von drei Prozent zunächst nicht erreicht und der Aktienkauf blieb verborgen.

Widerstand der Gewerkschaft gegen Versuch einer Übernahme

Vor der Stellungnahme der Finanzagentur hatte die Gewerkschaft Verdi und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank Widerstand vom Bund verlangt gegen eine Übernahme durch Unicredit. Die Bundesregierung müsse sich für eine starke, unabhängige Commerzbank einzusetzen, heißt es in einem gemeinsamen Statement der Arbeitnehmervertreter. "Der Bund darf keine weiteren Anteile an der Commerzbank abgeben, sondern muss sich klar für den Erhalt der Commerzbank als eigenständiges Institut positionieren, auch und gerade im Interesse der deutschen Wirtschaft", forderte Verdi-Chef Frank Werneke.

Sollte ein Deal mit der Unicredit zustande kommen, könnten zwei Drittel der Arbeitsplätze wegfallen, sagte der Vorsitzende des Commerzbank-Gesamtbetriebsrats, Uwe Tschäge, der Nachrichtenagentur Bloomberg. Ende Juni zählte die Commerzbank nach eigenen Angaben weltweit rund 38.700 Vollzeitstellen, davon mehr als 25.000 in Deutschland.

Die Unicredit ist durch den Kauf des Aktienpakets drittgrößter Anteilseigner der Bank. Nummer zwei mit rund sieben Prozent ist der US-Vermögensverwalter Blackrock, der die Anteile aber über verschiedene Fonds hält und damit kein strategisches Interesse hat. Die Unicredit ist in Deutschland bereits mit der HVB vertreten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lohnfortzahlung Krankheit: IW fordert drastische Reformen
21.08.2025

Immer mehr Krankschreibungen treiben die Kosten für Arbeitgeber in die Höhe. Allein 2024 stiegen die Ausgaben auf 82 Milliarden Euro. Nun...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Umsatzeinbruch: Gastgewerbe rutscht tiefer in die Krise und verliert weitere Kunden
21.08.2025

Gastronomie in der Krise: Für immer mehr Menschen wird das Essengehen zum Luxus – und immer mehr Restaurants gehen pleite. Deutsche...

DWN
Politik
Politik Russland-Experten: „Die Kämpfe werden weitergehen“
21.08.2025

Die Spekulationen über ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj nehmen zu. Doch Russland-Experten warnen: Verhandlungen sind nur ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie: Maschinenbauer Trumpf will vom Rüstungsboom profitieren
20.08.2025

Auch der schwäbische Maschinenbauer Trumpf steht vorm Einstieg in das Rüstungsgeschäft: Der Laserspezialist gibt bekannt, seine...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie im Rückwärtsgang: Zwischen Rekordbewertung, China-Risiken und neuen Chip-Plänen
20.08.2025

Die Nvidia-Aktie bewegt sich zwischen einer Rekordbewertung und wachsender Skepsis. Starke Umsätze, politische Risiken und neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unser neues Magazin ist da: Energie im Umbruch – zwischen teurem Kraftakt und politischem Kursverlust
20.08.2025

Die Energienutzung in Deutschland war einst selbstverständlich. Heute ist sie Streitfall, Risiko und Chance zugleich. Der Wandel im...

DWN
Politik
Politik Wird der Fed-Chef mit seiner Rede die Märkte begeistern oder enttäuschen?
20.08.2025

Alle Augen richten sich auf Jackson Hole: Fed-Chef Jerome Powell steht zwischen Trumps politischem Druck, schwachen US-Arbeitsmarktdaten...

DWN
Politik
Politik Treffen in Budapest? Ukraine-Gipfel könnte bei Ungarns Regierungschef Orban stattfinden
20.08.2025

Trump könnte sich vorstellen, dass Ungarn Gastgeber für das besprochene Treffen zwischen Selenskyj und dem russischen Präsidenten...