Im Kolonisten-Café in Neulietzegöricke gibt es Kuchen und Kaffee auf den Gartenmöbeln am Anger. Es wird gefasst die Wahl diskutiert, auch hier ist die Polarisierung und Anspannung zum Greifen spürbar. Wie in Potsdam später am Wahlabend, in den Bierzelten der Landeshauptstadt, kurz vor der Auszählung um 18 Uhr. Dass es anders wird, wünschen sich viele am ersten Herbsttag des Jahres. Die Frage ist nur: Wie und mit wem soll das dünn besiedelte Brandenburg künftig regiert werden. Wird es bei SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke bleiben? Fast alle hier im Café im Oderbruch, nahe der neu eröffneten Europabrücke hinüber nach Polen, wünschen sich das. Zumal jetzt, wo gerade das Hochwasser steigt an der Oder, und die Leute das Bedürfnis haben, zusammen zu stehen, statt sich von der AfD auseinander dividieren zu lassen. Der Landesvater hat sein Ultimatum klar formuliert: Entweder er gewinnt - oder er geht.
Hat Woidke mutig seine Wette gewonnen oder sich verzockt?
Wobei es die Lautsprecher natürlich auch gibt, die alles besser wissen, besser können und obendrein vorgeben, genau zu wissen, wer in Wirklichkeit hinter dem Niedergang Deutschlands steht. Im Landkreis Elbe-Elster zum Beispiel, weit weg von der Landeshauptstadt, in der Provinz, die sich abgehängt fühlt. Mindermeinungen, aber sie werden bundesweit vernommen und hinterlassen ihre fatale Wirkung. Gut möglich, dass Woidke letztlich das sogar zugute kommt. In unruhigen Zeiten wünschen sich die Menschen eine Führungspersönlichkeit. Wenn es danach geht, wird das Ergebnis im Laufe des Abends womöglich besser ausfallen, als von den meisten erwartet.
Die Alternativen sind personell überschaubar. Jan Redmann etwa, der CDU-Vorsitzende in Brandenburg. Er gilt - im launigen Dialog so locker dahin gesagt - nur als "Rabauke", der besoffen mit dem Roller in Schlangenlinien fährt und wohl deshalb das Landesparlament "gar nicht finden" könne. Immer wieder Spässchen werden auch über die FDP gemacht, die war schon vor vier Jahren aus dem Parlament geschmissen worden, "weil sie bei uns keiner braucht". Aller Voraussicht nach wird es dabei bleiben, die Partei wird nicht mal mehr separat erfasst von den Auguren, sondern nur unter ferner liefen.
Die Windräder drehen sich im Land, aber die Grünen müssen bangen
Wenn man östlich Berlins durch die vom Alten Fritz trocken gelegten Oderauen fährt, möchte man meinen, dass es im Ergebnis um die Grünen oder die Rechten gehen müsste. Die frisch gemähten Felder voller Windräder, scheint Brandenburg weit mehr und weit früher der Zukunft entgegen zu streben als etwa in Bayern, wo man den Klimawandel und deren Symbolik hasst - wie Don Quijote und Sancho Panza die Windräder in der Kastilischen La Mancha. Entweder ist man für die Grünen oder gegen sie, als Wurzel allen Übels. So har die Umwelt-Partei Probleme, überhaupt in den Landtag einzuziehen. Nur in Potsdam ist knapp ein Direktmandat in Sicht - das wäre für den Einzug entscheidend. Die AfD hat indessen überall Anhänger, die die "Schnauze voll" haben.
So könnte es sein, dass es nur noch vier (oder fünf) Parteien im Parlament geben wird und sich die bange Frage der Regierbarkeit stellen wird. Die AfD, die alle rechts liegen lassen wollen, mit einem Spitzenkandidaten, der seine Rhetorik nach Thüringen und Sachsen noch mal provokativ verschärft hat und deshalb in den Reihen seiner Gegner Angst und Schrecken verbreitet. Das BSW von Sahra Wagenknecht als One-Woman-Show, die Landes-politisch nicht mal ein richtiges Regierungsprogramm, geschweige denn das hinreichende Personal für eine Regierungsbeteiligung vorweisen kann. Bleibt die Frage, ob es für CDU und SPD zusammen reicht oder es ohne BSW nicht geht - und Sahra Wagenknecht die Landespolitik vor sich hertreiben kann (mit eigentlich der Bundespolitik in Berlin im Sinne). Eine ziemlich verfahrene Situation, die die Bürger sehenden Auges in Kauf zu nehmen scheinen. Nun macht mal schön! Vor allem macht es endlich besser!
Die Wahlprognose unterstreicht die vielen Fragezeichen. SPD und AfD ringen um das beste Ergebnis, und Ministerpräsident Woidke um sein politisches Überleben. Jan Redmann verkörpert derweil das gleiche Problem wie Friedrich Merz - weder der eine noch der andere gilt als besonders sympathisch und schafft es, große Begeisterung bei den Wählern zu wecken. Ministerpräsident wird Radmann jedenfalls wohl nicht, auch wenn sich das auf seinen Wahlplakaten bereits zugeschrieben hatte. Bei Merz wird man das erst im Herbst 2025 erleben und ganz sicher wissen.
Wird in Brandenburg kurzer Prozess gemacht? Oder wird es noch ein langer Abend? Sie werden es bei uns auf der Homepage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten erfahren.