Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat klargestellt, dass die Ausstattung der Bundeswehr so schnell wie möglich vorangetrieben werden muss. Im Hinblick auf die langfristigen militärischen Ambitionen Russlands, die bis 2029 ihre volle Schlagkraft wiedererlangen könnten, sieht Pistorius die Notwendigkeit, dass Deutschland sich bereits jetzt auf mögliche Bedrohungen einstellt. „Es ist entscheidend, dass wir auf dieses Szenario vorbereitet sind“, betonte er während eines Besuchs beim Kampfhubschrauberregiment 36 „Kurhessen“ im nordhessischen Fritzlar.
Pistorius machte zudem deutlich, dass Deutschland als Teil der Nato eng eingebunden sei und die Verantwortung als größter europäischer Partner des Bündnisses ernst nehme. Er verwies auf die gewachsene Allianz durch den Beitritt von Schweden und Finnland. „Wir übernehmen unsere Rolle innerhalb der Nato und müssen der Verantwortung durch eine schnellstmögliche Modernisierung der Bundeswehr gerecht werden“, so der Minister.
Hürden in der Industrie und Bauwirtschaft
Auf die Frage nach den Kosten für diese Modernisierung ging Pistorius nicht ins Detail, wies jedoch darauf hin, dass selbst bei einer erheblichen Aufstockung der finanziellen Mittel nicht alle Prozesse beschleunigt werden könnten. „Die Industrie und Bauwirtschaft müssen in der Lage sein, die Aufträge abzuarbeiten“, erklärte er. Dennoch betonte er die Notwendigkeit, angemessene finanzielle Mittel bereitzustellen.
Ein Bericht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hatte kürzlich aufgezeigt, dass die Modernisierung der Bundeswehr schleppend vorangehe. Dem Bericht zufolge könnte es Jahre dauern, bis die Bestände an Militärgerät wieder das Niveau von 2004 erreichen – bei Kampfjets könnte dies etwa 15 Jahre und bei Kampfpanzern sogar rund 40 Jahre dauern. Besonders besorgniserregend sei die Lage bei Haubitzen, wo eine Rückkehr auf das frühere Niveau erst im Jahr 2121 möglich wäre.
Pistorius weist Kritik zurück
Verteidigungsminister Pistorius wies diese Kritik zurück. Der IfW-Bericht sei plakativ und berücksichtige nicht die tatsächlichen militärischen Entwicklungen. So seien einige der angesprochenen Systeme, wie das Phantom-Kampfflugzeug, bereits 2004 veraltet gewesen. „Heute reden wir über hochmoderne Eurofighter und die Einführung der F-35, die demnächst geliefert werden. Ein direkter Vergleich ist daher nicht sinnvoll“, so Pistorius.
Zudem betonte er, dass die Bundeswehr von heute mit etwa 180.000 Soldaten nicht mit der 500.000 Mann starken Armee des Kalten Krieges vergleichbar sei. Er räumte jedoch ein, dass die Studie wichtige Hinweise liefere.
Langfristige Planung notwendig
Pistorius stellte klar, dass die Geschwindigkeit der Beschaffung nur im Rahmen langfristig gesicherter finanzieller Mittel gesteigert werden könne. Es sei entscheidend, dass sowohl die Industrie als auch die Bundeswehr über verlässliche Budgets und Verträge verfügten, um eine stabile Lieferkette sicherzustellen. „Die Herausforderung besteht darin, langfristige Planungen zu ermöglichen, sodass in einem angemessenen Tempo nachgerüstet werden kann“, erklärte er.
Während seines Besuchs in Fritzlar führte Pistorius Gespräche mit Soldatinnen, Soldaten und zivilen Mitarbeitenden des Kampfhubschrauberregiments 36, dem einzigen fliegenden Kampfverband der Bundeswehr, der mit Tiger-Kampfhubschraubern ausgestattet ist. Das Regiment umfasst rund 1.200 Dienstposten und war in verschiedenen Auslandseinsätzen aktiv, unter anderem in Afghanistan und Mali.