Einwanderungsland Österreich
Österreich ist in seiner Geschichte immer wieder Einwanderungsland gewesen. So war die Habsburgermonarchie ein multinationaler Staat und die Hauptstadt Wien war das Ziel von vielen Einwanderern aus Ost- und Südosteuropa. In der Zeit des Kalten Krieges kamen ebenfalls Einwanderer aus Osteuropa in das Alpenland, besonders nach der Niederschlagung des Ungarn Aufstandes 1956 und dem Ende des Prager Frühlings 1968. Während des Bosnienkriegs in den 1990er Jahren nahm Österreich sehr viele Kriegsflüchtlinge auf. Auch während der Flüchtlingskrise 2015/2016 gehörte Österreich zu den führenden Aufnahmeländern in Europa.
In der Folgezeit klagten jedoch immer mehr Kommunen über eine Belastung durch zu hohe Flüchtlingszahlen und die Stimmung in unserem Nachbarland schlug um. Österreich hat seit 1990 einen starken Bevölkerungsanstieg erlebt. Die Bevölkerungszahl wuchs um fast 20% von 7.7 Millionen auf 9.2 Millionen in 2024. Da aber die Geburtenrate ähnlich niedrig wie in Deutschland ist, beruht das Wachstum der Bevölkerung fast ausschließlich auf dem Zuzug von Ausländern.
Wachsende Stärke der FPÖ
Bei den letzten Nationalratswahlen im Jahr 2020 erlitt die rechtspopulistische FPÖ starke Verluste. Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war beliebt und grenzte sich nicht nur in Migrationsfragen gerne von Angela Merkel ab. Nach Kurz Rücktritt im Oktober 2021 legte die FPÖ in den Umfragen immer mehr zu. Ihr Vorsitzender Herbert Kickl vertritt eine harte Position in Migrationsfragen und ist ein scharfer Kritiker der EU. In einem nicht kleinen Teil der österreichischen Bevölkerung stößt er damit auf viel Zustimmung.
Ähnlich wie die AFD in Deutschland wird auch die FPÖ von den anderen Parteien scharf kritisiert. So bezeichnete Bundeskanzler Karl Nehammer von der christlich-konservativen ÖVP Kickl als „Sicherheitsrisiko“. In einer TV-Debatte im ORF am 23. September sagte Nehammer: „Angstmacherei ist immer ein Teil der Politik von Herbert Kickl.“
Sollte Nehammer bei seiner Ablehnung einer Koalition mit der FPÖ bleiben, kann nach den Umfragen allenfalls die SPÖ als Koalitionspartner für die ÖVP infrage kommen (vielleicht ergänzt um die Grünen). Da der jetzige SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Babler eher zum linken Flügel der SPÖ gehört und einer härteren Asylpolitik skeptisch gegenübersteht, dürfte die Koalition zwischen ÖVP und den Sozialdemokraten aber schwierig werden. Indirekt hat die ÖVP bereits durchblicken lassen, dass vielleicht doch eine Koalition mit der FPÖ denkbar sei, aber nur ohne deren Spitzenkandidaten Kickl. Bei den neuesten Umfragen liegt die FPÖ (ca. 27 Prozent) vor der ÖVP (ca. 25 Prozent) und SPÖ (ca. 21 Prozent). Die Grünen und die liberalen Neos liegen bei ca. acht bis neun Prozent.
Löchrige „Brandmauer“ in Österreich
Anders als die deutsche AFD war die FPÖ schon häufig an Regierungen beteiligt. Koalitionen zwischen ÖVP und FPÖ auf Bundesebene gab es mehrfach, zuletzt von 2017 bis 2019 unter Bundeskanzler Sebastian Kurz. Aktuell ist die FPÖ in den Bundesländern Nieder- und Oberösterreich sowie Salzburg an den Regierungen beteiligt. Im Burgenland gab es sogar eine Koalition zwischen SPÖ und FPÖ.
Der Landeshauptmann des Burgenlandes Hans Peter Doskozil (vergleichbar dem Ministerpräsidenten eines deutschen Bundeslandes) scheint für diese Konstellation grundsätzlich immer noch offen, auch wenn sie nicht sein vorrangiges Ziel ist. Doskozil ist ein scharfer Kritiker des jetzigen SPÖ-Spitzenkandidaten Andreas Babler. Sollte Babler bei den Wahlen scheitern, könnte ihn Doskozil beerben.
In Österreich ist die Abgrenzung zur FPÖ vor allem wahltaktischer Natur. Eine „Brandmauer“ wie in Deutschland existiert faktisch nicht. Der fast schon sprichwörtliche Pragmatismus der Österreicher gilt auch in diesem Punkt. Mehrfach wurde die FPÖ sogar durch die Einbindung in Koalitionen geschwächt, da sie Kompromisse eingehen musste, die ihren Stammwählern oft nicht gefallen hatten.
In Deutschland ist dagegen die Brandmauer von hoher Symbolkraft für die etablierten Parteien. Bei ihnen gehört es fast schon zum guten Ton, sich gegen jegliche Zusammenarbeit mit der AFD auszusprechen. Durch die Fixierung auf die Brandmauer wird die politische Mehrheitsfindung in Deutschland stetig schwieriger. Deutlich wird dies an der immer stärkeren Abhängigkeit der beiden Volksparteien vom Bündnis Sarah Wagenknecht, ohne das jetzt schon in Ostdeutschland und in Zukunft vermutlich auch im Westen der Republik kaum noch mehrheitsfähige Koalitionen gebildet werden können.
Asylrechtsreformen im Vergleich
In Österreich ist es durch verschiedene Änderungen der Asylpolitik gelungen, die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zu reduzieren. Österreich kontrolliert seit geraumer Zeit die Grenzen zu seinen Nachbarn im Süden, Slowenien und Ungarn. Generell wurden die Grenzkontrollen schon bis 2023 ausgeweitet und Schlepper gezielt bekämpft. Außerdem sind österreichische Polizisten auf der Balkanroute im Einsatz, neben Ungarn auch in Serbien und Montenegro.
Laut dem österreichischen Innenminister Gerhard Karner ist „die Zahl der Asylbewerber von Januar bis April 2024 um 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr rückläufig“. Karner betont einen weiteren Erfolg der Maßnahmen: „Im ersten Quartal des Jahres 2023 wurden an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn 4450 illegale Migranten aufgegriffen, in diesem Jahr waren es bis März nur 190 Personen.“ Laut dem Innenminister wird auch bei der Rückführung illegaler und straffälliger Migranten schärfer durchgegriffen. So hatte Österreich 2023 6000 illegale Migranten abgeschoben, Deutschland dagegen nur 16430, obwohl in Deutschland die Zahl der Asylbewerber um ein Vielfaches höher als in Österreich ist.
Österreich hat bereits Erfolge im Kampf gegen den Asylmissbrauch erzielt, über die in Deutschland bisher nur geredet wird. Die deutschen Maßnahmen wirken eher halbherzig. Die von der Ampel getroffenen Beschlüsse werden die Zahl der Asylbewerber allenfalls geringfügig senken.
Verweigerungshaltung der Ampel
Forderungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der rechtspopulistischer Umtriebe gewiss nicht verdächtig ist, wurden von Innenministerin Faeser als teilweise undurchführbar zurückgewiesen. Dagegen hat Österreich mit ähnlichen Maßnahmen, wie sie Merz fordert, große Erfolge bei der Bekämpfung der illegalen Migration erzielt. Solange die deutsche Ampelregierung sich nicht zu wirklich einschneidenden Regelungen bei der Migrationspolitik durchringen kann, wird die starke Unzufriedenheit in der deutschen Bevölkerung weiterwachsen. Und das ist Wasser auf die Mühlen der AFD.
In Österreich hat man dagegen pragmatische Lösungen gefunden. Wie häufig in seiner Geschichte ist das Alpenland durch seine undogmatische Herangehensweise an politische Probleme erfolgreich. Die Redewendung „Tu felix Austria“ scheint heute aktueller denn je.