Politik

Was Trump nicht weiß: VW, Mercedes und BMW bauen seit Jahren amerikanische Autos

Die USA würde gerne noch mehr Industrie im Land ansiedeln. Donald Trump sagt: „Ich will, dass deutsche Autokonzerne zu amerikanischen Autokonzernen werden. Ich will, dass sie ihre Fabriken hier bauen.“ Ist das für die deutsche Auto-Industrie reizvoll? Ja sehr, aber schon seit langem, was Trump nur nicht weiß oder es wieder vergessen hat.
30.09.2024 11:02
Lesezeit: 4 min

Donald Trump, wieder mal ganz und gar „Agent provocateur“, hat bei einem Auftritt in Georgia während des US-Wahlkampfs gestichelt, deutsche Autobauer sollten ihre Fabriken besser in den USA bauen. Wenn sie künftig nicht 35 Prozent Zoll auf ihre Importe zahlen wollen. unter der nächsten Trump-Regierung, versteht sich. In Deutschland ist die Meldung nicht gut angekommen und hat wieder mal die deutsche Öffentlichkeit gegen das Nervengift „Agent Orange“ aufgebracht.

Die Idee: Die Konzerne sollen durch Steuervergünstigungen in Sonderzonen auf amerikanisches Land in Bundesbesitz gelockt werden, heißt es. Wer nicht in den USA vor Ort fertigt, müsse mit hohen Einfuhrzöllen rechnen. Und was ist mit den Wagen aus Mexiko, wo Volkswagen schon seit Jahrzehnten in Puebla ein riesiges VW-Werk unterhält? Immerhin gilt ja das Free-Trade-Agreement von Kanada über die Vereinigten Staaten bis in den Süden nach Mexiko. Alles halb so wild, das sagt indessen der Autoverband VDA und verweist auf die Praxis des deutschen Autobaus. Die Industrie folge inzwischen der Logik „Local for local“: Die Fahrzeuge sollen möglichst nah am Absatzmarkt gebaut werden. Je höher die Stückzahl eines Modells, desto eher lohnt sich das. In den USA ist dies schon lange „Best practice“!

„Tatsächlich produzieren deutsche Autokonzerne längst in den USA - im vergangenen Jahr so viele Fahrzeuge wie nie zuvor - und beschäftigen dort 138.000 Menschen“, heißt es vom Verband der Deutschen Automobilhersteller. Zwar werden auch noch gut 400.000 Autos über den Teich gebracht, um Amerikaner auch kleinere Fahrzeuge anzubieten. Die großen Kisten der Deutschen wie die schweren SUVs von stammen de facto schon jetzt aus amerikanischer Produktion. Sie werden in Spartanburg/South Carolina gefertigt - dem größten BMW-Werk der Welt. Tagtäglich laufen dort 1400 der Sports Utility Vehicle BMW X3, X4, X5 und X6 vom Montageband.

Wer jenseits von Atlanta, der geschäftigen Hauptstadt Georgias durch die Südstaaten der USA fährt, hat mancherorts, vor allem in den ruralen Gegenden, das bittere Gefühl, die Zeit sei irgendwie stehen geblieben – in der Zeit des US-Bürgerkriegs. Die Rassentrennung immer noch wirklich überwinden, leben Weiße und Schwarze in den kleinen Ortschaften dies und jenseits der Tracks – also der Eisenbahngleise, die die Ort segregieren. Da, wo sichtlich der Fortschritt und die neuen Zeiten eingezogen sind, wie in Tennessee, sind dafür nicht selten die Autofirmen verantwortlich. General Motors und Toyota, vor allem aber deutsche Arbeitgeber wie Volkswagen, deren Fabrik in Chattanooga bis in die nördlichen Vororte Atlantas ausstrahlt und die Facharbeiter dazu veranlasst, zu ihren Jobs jenseits der Staatsgrenze zu pendeln.

Als Volkswagens US-Zentrum für die Montage von Elektrofahrzeugen fertigt das Werk Chattanooga mittlerweile den vollelektrischen ID.4. Auch das Battery Engineering Laboratorium von Volkswagen befindet sich dort, wo von über 5500 Mitarbeitern der Atlas und Atlas Cross für den US-Markt montiert werden.

Selbst Mercedes in längst in den USA prominent vertreten – ebenfalls im tiefen Süden. Das Werk Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama wurde 1995 gegründet und war das erste große Mercedes-Benz-Werk außerhalb Deutschlands. Dort produziert Mercedes den GLE, das GLE Coupé, die GLS-Baureihe und den GLS Maybach ausschließlich für den Weltmarkt und exportiert in fast jedes Land der Erde. Der Fabrikkomplex beschäftigt über 6000 Mitarbeiter. Auch hier lässt sich an der Modell-Palette gut erkennen, wie unterschiedlich der Geschmack und Anspruch auf den gegenüber liegenden Kontinenten ist. In den USA werden vor allem große Autos produziert, die kleineren Modelle werden hingen überwiegend in Europa verkauft.

Alle drei Autokonzerne sind aktuell dabei, erneut in ihre US-Werke zu investieren, zuvörderst in die Elektrifizierung. Ausgerechnet Volkswagen ist am Standort Chattanooga mit dem Elektro-Modell ID.4 vorne weg. Ein Export des Wagens aus dem deutschen Werk in Emden ergibt somit überhaupt keinen Sinn.

Geht es um Zölle für Autos – oder war es nur eine Retourkutsche Trumps

Gut möglich, dass sich Trump in Wirklichkeit mehr um die launigen Tweets von Außenministerin Annalena Baerbock und Vize-Kanzler Robert Habeck von den Grünen geärgert hat, als die einen Wahlkampf-Auftritt Trumps direkt auf Elon Musks Plattform X kommentierten (und die Sache mit den Katzen und Hunden in einer von Trumps weniger geglückten Reden aufgriffen). Was Trumps ehemaliger Botschafter in Berlin, Richard Grenell, seinem Leitwolf natürlich prompt steckte und somit wohl Trumps Reaktion erst initiierte. Grenell will Außenminister werden, hört man, da muss Trump schon noch ein paar scharfe Auftritte hinlegen. Und die frechen Deutschen hat er halt schon länger in seinem Visier. Doch tatsächlich sind die US-Wirtschaft und die deutschen Firmen so weit miteinander verflochten, dass man sich keine allzu große Sorgen machen sollte, heißt es derweil aus der US-Administration. Das Kernproblem wird eher sein, ob die deutschen Hersteller weiterhin den Geschmack der US-Kundschaft treffen oder auch in Nordamerika den Chinesen das Feld überlassen.

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Peter Schubert

                                                                            ***

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

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