Nach der Hochinflationsphase und dem zwischenzeitlichen Absinken des Euros unter die Parität zum US-Dollar hat so mancher Marktbeobachter den Euro schon zur Weichwährung erklärt. So schlimm ist es dann nicht gekommen und heute steht die europäische Gemeinschaftswährung wieder ganz solide da.
Zweifel am Euro
Aber diese zwischenzeitliche starke Euroschwäche hat Zweifel gesät. Für jüngere Privatanleger war es vor rund zwei Jahren das erste Mal, dass sie eine derart hohe Inflation und Abwertung des Euro erlebten. Man hatte zurecht Angst um das Euro-Risiko, den Kaufkrafterhalt der eigenen Ersparnisse und sah sich nach Alternativen um.
Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten griffen damals diese Ängste auf und publizierten im November 2022 den Artikel „Schutz vor Inflation: raus aus dem Euro, rein in den Franken“. Die postulierte Aufwertungstendenz des Schweizer Franken zum Euro hat sich bestätigt und seitdem ist der Franken um circa vier Prozent stärker geworden.
Dennoch bleibt der Euro im weltweiten Vergleich eine Hartwährung. Bürger in Europa sind in dieser Hinsicht ein wenig verwöhnt, denn ein dramatischer Verlust der Ersparnisse durch einen Euro-Crash ist bislang nicht eingetreten und die Wahrscheinlichkeit für ein solches plötzliches Ereignis auch in Zukunft gering. In wirtschaftlich weniger stabilen Ländern in Südamerika oder Asien ist es hingegen Gang und Gäbe, dass die Bürger nur das nötigste in der unsicheren Landeswährung halten und ihre Rücklagen bevorzugt in Fremdwährungen (vor allem Dollar), Parallelwährungen (Bitcoin) und Sachwerte wie Gold umschichten.
Wir wollen im Folgenden analysieren, ob es auch für deutsche Anleger Sinn macht, eine gewisse Währungs-Diversifikation zu betreiben und wie man das in der Praxis umsetzen sollte.
Zufälliges Währungs-Karussel
Der Währungsmarkt ist Ökonomen und Finanzwissenschaftlern ein Rätsel. „Kurzfristige Währungsschwankungen sind nicht prognostizierbar“, erklärt Andreas Beck, Portfoliomanager und Geschäftsführer der Index Capital GmbH, schriftlich gegenüber den DWN. Unzählige Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es eigentlich unmöglich ist, Wechselkurse vorherzusagen. Währungs-Verhältnisse schwanken scheinbar vollkommen zufällig.
Diese Schwankungen betreffen uns alle im Alltag und beim Investieren. Teilweise sogar mehr, als man zunächst denken würde. Am stärksten merken wir es beim Urlaub in einem anderen Währungsraum. Dass eine hohe Geldsumme auf einem deutschen Bankkonto ein gewisses Euro-Risiko hat, ist auch noch ziemlich offenkundig.
Aber auch bei der Geldanlage in Anleihen, Aktien und ETFs gibt es ein Währungsrisiko. Man kauft nämlich entweder in Euro oder einer Fremdwährung und kann auch nur in dieser Währung wieder verkaufen. Für den gesamten Zeitraum der Investition ist das Geld in dieser Währung gebunden. Umgetauscht werden kann es erst wieder nach dem Verkauf – und dann ist womöglich der Wechselkurs wenig vorteilhaft. Für die reine Anlage-Rendite bis zum Ende der Haltedauer spielt es aber freilich keine Rolle, in welcher Währung investiert wurde.
Manche ETFs werden nur in Dollar gehandelt. Und wer Techaktien direkt an der Heimatbörse in den USA kauft, baut damit sozusagen auch eine Position im US-Dollar auf. Wie erfolgreich die Investition unterm Strich nun verläuft, ist dann auch vom Euro-Dollar-Devisenkurs abhängig. Anleger sollten immer in heimischer Währung bewerten, also der Währung, die man für tägliche Ausgaben benötigt. Ergo tauscht man als Deutscher zumindest gedanklich wieder in Euro um. Im schlimmsten Fall kann es nur aufgrund der Wechselkurs-Entwicklung Verluste geben, obwohl sich Aktien/ ETFs eigentlich positiv entwickelt haben. Es darf jedoch auch nicht vergessen werden, dass sich Devisenkurse in analoger Weise positiv auf die Performance auswirken können.
Währungsrisiko bei Aktien tolerieren – bei Anleihen besser ganz vermeiden
Wie soll man nun als Anleger mit dem Auf und Ab von Währungen und dem Euro-Risiko im Depot umgehen? Andreas Beck differenziert hier zwischen Aktienmarkt und Anleihemarkt. „Bei Aktienanlagen in Industriestaaten sind Währungsschwankungen wenig problematisch, da man hier die hohen Schwankungen der Aktienmärkte akzeptiert und die dominanten Unternehmen ohnehin von der globalen Wertwirtschaft abhängen.“
Bei Zinsanlagen sei das anders, da es in diesem Segment um „planbare Erträge ohne relevante Schwankungsrisiken“ gehe. US-Anleihen mit gleicher Laufzeit und Ausfallrisiko würden aktuell beispielsweise rund 1,5 Prozent mehr Zinsen bringen als Euro-Anleihen, aber diese Zinsdifferenz bezahlt man mit einem erheblichen Währungsrisiko. „Da reichen überschaubare Währungsverluste des US-Dollars und man kommt schon in eine Schieflage“, gibt der Portfolioexperte zu bedenken.
Nun könnten Anleihe-Investoren natürlich in Erwägung ziehen, das Wechselkursrisiko abzusichern. Viele Anleihe-ETFs gibt es etwa in einer entsprechenden „hedged“-Version. Die Absicherung kostet den Anbieter aber natürlich Geld, was auf die ETF-Anleger in Form von hohen Gebühren umgelegt wird. Das Hedgen von Währungsrisiken ist nicht billig. Beck verweist darauf, dass eine Dollar-Euro-Absicherung derzeit mehr kosten würde als die Zinsdifferenz einbringt. Das ist auch logisch, denn sonst würden Carry-Trades eine risikolose positive Rendite garantieren.
Professionelle Portfolios werden also derart gestaltet, „dass sie den Aktienanteil international streuen und den Anleiheanteil nur in der Heimatwährung investieren“, resümiert der Portfoliomanager.
Das ist eine einfache Richtlinie, an der sich Kleinanleger orientieren könnten. Bei Aktien-Investitionen sollte laut Beck vor allem eine breite Streuung im Vordergrund stehen, etwaige Währungsrisiken müsse man aushalten. Bei Anleihen sollte man dagegen Währungsrisiken komplett vermeiden – mit einer Ausnahme, dem oben bereits erwähnten Schweizer Franken. Schweizer Staatsanleihen können Portfolios von Euro-Investoren eine Absicherungskomponente geben. Beck sieht die grundsolide Schweizer Finanzpolitik „im Konzert der Staatsverschuldung und den sich damit abzeichnenden Problemen“ als Alleinstellungsmerkmal. Die Historie als sicherer Hafen und wertbeständigste Währung der Welt – gewissermaßen der Einäugige unter den Blinden – schadet gewiss auch nicht.
In der Praxis bedeutet dies, nur in Euro oder Franken denominierte Anleihe(-ETFs) zu kaufen und bei Aktien(-ETFs) nicht so sehr auf die Währung zu achten – sofern es sich um einen langfristigen Anlagehorizont handelt, den Beck hier implizit unterstellt. Hat man eine Auswahl, ist es sicher immer sinnvoll, an den liquidesten Euro- und Dollar-Märkten zu investieren. So entstehen bei Kauf und Verkauf geringere Kosten durch die sogenannte Geld-Brief-Spanne.
Umgang mit der Liquiditätsreserve
Soviel zum investiven Teil des Portfolios. Wie sieht es mit den restlichen liquiden Ersparnissen aus Einen gewissen Betrag – eine häufige Empfehlung sind hier Minimum drei Monatsgehälter – sollte man als Deutscher selbstverständlich in Euro halten, schließlich benötigt man das Geld für tägliche Ausgaben. Alles darüber hinaus wird als Investitions-Rücklage oder Liquiditätsreserve bezeichnet und hier wäre es durchaus möglich, in andere Währungen zu diversifizieren.
Portfolioexperte Beck hält davon allerdings nicht viel – zumindest aus der Sicht eines typischen Kleinanlegers. Seiner Ansicht nach sollten Privatanleger ihre Liquiditätsreserve ausschließlich in der Heimatwährung halten. In dem von Beck betreuten Weltaktien-Fonds „Global Portfolio One“ (GPO) findet schon eine gewisse Diversifizierung der Reserven statt mit 60 Prozent in Franken-Anleihen und dem Rest in Dollar- und Euro-Anleihen sowie Gold. „Diese Reserve dient aber dazu, sie in Krisen nach Einbrüchen an den Aktienmärkten in Aktien umzuschichten“ und dieses spezifische Ziel erfülle einen anderen Zweck als die Liquiditätsreserve für private Haushalte.
Tipps zur Währungs-Diversifizierung im Depot
Für alle Anleger, die trotzdem ihre Liquiditätsreserve diversifizieren wollen: Die Aufteilung im GPO macht Sinn, wobei für manche der Anteil im Schweizer Franken vielleicht etwas zu hoch ist. Aber der Franken gehört in einem solchen Fall definitiv ins Depot. Der US-Dollar ist als gegenwärtige Weltleitwährung ein Muss und Gold ist als ein seit mehr als 5000 Jahre bewährter Wertspeicher ebenfalls sinnvoll. Als weitere Optionen kann man etwa über Kanada-Dollar, Britisches Pfund, Singapur-Dollar, Hongkong-Dollar und Thailändischen Baht nachdenken, wobei mehr als vier unterschiedliche Währungen vermutlich zu viel des Guten ist. Damit sich die Umtauschgebühren lohnen, sollte man erst ab einem gewissen Betrag eine Währungs-Diversifizierung erwägen.
Währungen, die in mehr oder weniger festen Bändern an den Euro geknüpft sind (wie etwa Dänische Krone, Bulgarischer Lew oder Saudi Arabischer Riyal) ergeben zur Diversifizierung keinen Sinn. Von den skandinavischen Währungen (Norwegische und Schwedische Krone) ist abzuraten, weil sie entgegen ihres Rufes tendenziell gegenüber dem Euro an Wert verlieren. Der russische Rubel ist gar nicht mehr handelbar und der chinesische Yuan nur eingeschränkt konvertiertbar. Genauso wie Rubel und Yuan befinden sich auch der brasilianische Real, südafrikanische Rand und die indischen Rupie seit geraumer Zeit auf einem Abwertungstrend zu Euro und Dollar, was interessanterweise die wirtschaftliche Machtverschiebung zugunsten der BRICS-Staaten konterkariert.
Bei den Zinsprodukten empfehlen wir eine Mischung aus Tagesgeld und kurzfristigen Staatsanleihe- und Geldmarkt-ETFs. Eine größere unverzinste Summe auf dem Girokonto macht ein ungutes Gefühl, bietet aber immerhin den Vorteil, es noch schneller umschichten zu können.
Währungstausch funktioniert bei den meisten Brokern und viele deutsche Banken offerieren spezielle Fremdwährungskonten etwa für Dollar, Franken, Pfund und Yen. Es gibt außerdem Anbieter von Multiwährungskonten, die ähnlich wie ein Girokonto funktionieren, bei denen man für niedrige Gebühren zahlreiche Währungen handeln kann und teilweise sogar beträchtliche Zinsgutschriften erhält. Um Schleichwerbung zu vermeiden, nennen wir keine Namen – Interessierte dürften über eine Internetsuche schnell fündig werden.
Und was ist mit Bitcoin, Ethereum und anderen Kryptowährungen? Die Historie spricht bislang für Kryptos, aber aufgrund der immer noch enormen Schwankungsbreite machen sie als klassische Liquiditätsreserve keinen Sinn. Es ist eher ein abstrakter langfristiger Inflationsschutz mit hohem Risiko und eine Wette gegen den Euro und andere Fiatwährungen, gegenüber denen Bitcoin und Co. seit 15 Jahren dramatisch an Wert zulegen. Man könnte Kryptowährungen eventuell als spekulativen Teil der Investitionsreserve beimischen, aber dann muss circa 10 Prozent der Reserven wirklich das Limit sein.