Gesehen über kurz oder lang: Der Klimawandel ist real. Deutschland muss auf erneuerbare Energien umstellen, weg von fossilen Energien, um damit vereinbarte Klimaziele zu erreichen und Energie zu sparen. Der Gebäudesektor spielt weiterhin eine maßgebliche Rolle im Energieverbrauch: Mit rund 40 Prozent ist es immer noch der Sektor, in dem die meisten CO2-Emissionen im Land verursacht werden.
Klar ist, dass Immobilienbesitzer sich jetzt schon mit dem umstrittenem Gebäudeenergiegesetz (GEG) befassen müssen. In dem Fall, dass Energiepreise wieder - wie schon vor zwei Jahren - durch die Decke gehen, macht es Sinn, gut vorbereitet zu sein. Konkret heißt das, Immobilien in Mehrfamilienhäusern in den Städten, wie auch Privathäuser auf dem Land auf nachhaltige Energielösungen umzustellen: so zum Beispiel in der Stadt Wohngebäude an Fernwärmenetze anzuschließen oder auf dem Land Wärmepumpen oder andere nachhaltige Lösungen in 1- oder 2-Familienhäusern einzubauen.
Hintergrund: Jeder vierte dämmt oder tauscht Heizungen und Fenster aus
Laut einer aktuellen Immowelt-Umfrage hat jeder vierte Immobilieneigentümer in Deutschland in den vergangenen 12 Monaten energetische Sanierungen am Wohneigentum vornehmen lassen. Im Durchschnitt wurden dabei 37.000 Euro in die Modernisierung investiert. Mehr als die Hälfte der Befragten (55,1 Prozent) hat staatliche Hilfen in Anspruch genommen. Am häufigsten wurden bei den Sanierungen Fenster ausgetauscht (47,1 Prozent), gefolgt von der Heizung (43,4 Prozent) und einer neuen Dämmung (42,3 Prozent).
Der Immobilienfinanzierungsfirma BSK-Immobilien zufolge ist die Energiewende in immer mehr privaten Haushalten schon angekommen: Bereits 31 Prozent der deutschen Haushalte benutzen nachhaltige Technologien wie Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen oder Batteriespeicher. Besonders Photovoltaikanlagen seien beliebt, weil sie Energiekosten langfristig senken und die Unabhängigkeit von Energieversorgern erhöhen. „Studien zeigen, dass für viele Immobilienbesitzer und Besitzerinnen Kosteneinsparungen der größte Anreiz sind, in nachhaltige Energielösungen zu investieren“, so der Immobilienfinanzierer.
Deutschland bekämpft den Klimawandel, der Gebäudesektor darf dabei nicht stagnieren
Um den Klimawandel zu bekämpfen, hat sich die Bundesregierung ambitionierte Ziele bis zum Jahr 2030 gesetzt. Wirtschaftsprüfungsfirma EY zufolge soll der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80 Prozent steigen. Im Vergleich zu 1990 sollen die Treibhausgasemissionen um insgesamt 65 Prozent zurückgehen.
Um diese Ziele zu erreichen, sind laut einem aktuellen EY-Fortschrittsmonitor Investitionen in Höhe von 721 Milliarden Euro bis 2030 in den Bereichen Energieerzeugung, Stromnetze, Wasserstoffwirtschaft, Wärme und Verkehr erforderlich. Im Vergleich zum Vorjahr kam im Jahr 2023 der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze in Deutschland deutlich voran. Vor allem war 2023 jedoch ein Rekordjahr für die Photovoltaik.
Das Gebäudeenergiegesetz und die EU-Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie
Das novellierte GEG schreibt vor, dass Neubauten mindestens 65-Prozent ihrer Heizenergie aus erneuerbaren Quellen beziehen müssen. Auch für Bestandsgebäude sind Anpassungen Pflicht. Zwar gibt es für Bestand längere Übergangsfristen, doch auch diese Gebäude müssen schrittweise modernisiert werden.
Wichtig für Immobilienbesitzer: Umweltfreundliche Gebäude können durch Energieeinsparungen die Anfangsinvestitionen über die Jahre ausgleichen und werden im Falle eines eventuellen Verkaufs attraktiver sein.
Neben dem GEG-Gesetz verlangt die EU-Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie zur energetischen Sanierung, dass bis 2050 alle Häuser klimaneutral sein sollen. Der neue Standard für Neubauten wird das Nullemissionsgebäude und Altbauten sollen bis 2033 mindestens die Energieeffizienzklasse „D“ erreichen.
Der Verband Haus & Grund Deutschland, der die Interessen der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer vertritt, kommentiert, dass die Richtlinie „Fürs Klima gut gemeint, aber teuer für Eigentümer“ ist. „In Deutschland sind ungefähr drei Millionen Gebäude in zwei Stufen ab 2030 und 2033 betroffen. Es ist äußerst zweifelhaft, ob sich die energetischen Mindestanforderungen bei vielen Gebäuden überhaupt technisch umsetzen lassen und ob ausreichend handwerkliche Ressourcen zur Verfügung stehen.“
Renovierungspass „der richtige Weg“
Immerhin sagt Haus & Grund, der geplante EU-Gebäuderenovierungspass sei der richtige Weg, weil er Eigentümern von Bestandsimmobilien eine Orientierung bei der schrittweisen energetischen Modernisierung gibt. „Im nächsten Schritt ist es nun entscheidend, wie Städte und Kommunen zukünftig eine klimaneutrale Wärme- und Energieversorgung in ihrem Versorgungsgebiet erreichen wollen.“
Was sollten Immobilien-Eigentümer jetzt schon tun – ob Privatpersonen oder Geschäftsleute?
Was bedeutet es für Eigentümer, sich jetzt schon mit dem GEG und der EU-Gebäuderichtlinie zu befassen? Konkret heißt, jetzt schon vorplanen und sich informieren, wie man die Immobilie energetisch für die Zukunft umstellen kann und damit den Wert langfristig sichert.
Die folgenden Maßnahmen sind wichtig:
- Sich jetzt schon einen Energieberater suchen, um herauszufinden, was für die Wohnung/für das Haus gerechnet wird und welche Sanierungen in Frage kommen gemäß dem GEG und der EU-Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie.
- Jetzt Handwerker sichern, um die erforderlichen Änderungen zeitnah umzusetzen zu können.
- In den Städten: Immobilienbesitzer sollten sich schlau machen und orientieren, ob das Bestandsgebäude an ein Fernwärmenetz angebunden werden kann und dann zusammen mit anderen Bestandseigentümern in der Wohneigentümergesellschaft des Gebäudes entsprechend handeln.
- Auf dem Land, wo es mehr 1- oder 2-Familienhäuser gibt, Ratschläge sammeln und sich mit den Nachbarn zusammensetzen um die Frage „Wie kriegen wir das hin?“ gemeinsam zu beantworten.
- Noch ein kritischer Faktor für Besitzer ist die Dämmung der Häuser/Wohnungen: Die Kellerdecke zu dämmen, kann zum Beispiel rund zehn Prozent der Energiekosten einzusparen. Das Institut für Wohnen und Umwelt hat vor einigen Jahren festgestellt, dass viele Hauseigentümer ihre Außenwände mit Dämmplatten isolieren, aber nicht selten die Kellerdecke vergessen hätten. Nur 12 Prozent der Gebäude seien einer Studie im Lande zufolge ausreichend gut ausgestattet.
Für Unternehmer: Sanierungsfahrplan für das ganze Gebäude? EU- Sanierungspflicht für Nichtwohngebäude
Ein wichtiges Thema für Geschäftsleute sind die Sanierungspflichten für Nichtwohngebäude (Büros etc.) – Teil der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie. Zu bestimmten Stichtagen müssen Gebäude auf ein gewisses Niveau gebracht haben. Laut dem Immobilienverband Deutschland gibt es für Büros Stichtage, zu denen das Gebäude saniert sein muss. „Die 16 Prozent schlechtesten Gebäude müssen bis zum Jahr 2030 saniert werden und die 26 Prozent schlechtesten Gebäude bis 2035 (das entspricht ungefähr bis 2030 Effizienzklasse E bis F, und bis 2035 Klasse D bis E.)“, so der Verband.
Die Empfehlung ist ein Sanierungsfahrplan für das ganze Gebäude. Unternehmer sollten sich überlegen, in welchen Schritten sie so einen Plan anpacken wollen und was am Gebäude und an der Heizung gemacht werden soll. Der Prozess sei ähnlich wie bei einem Mehrfamilienhaus, dass saniert werden muss. Außerdem: Unbedingt einen professionellen Energieberater anfragen und einbinden.
Warum Energieklassen jetzt schon so wichtig sind und noch mehr im Fokus stehen werden
Eine nachhaltige Energielösung zu finden, ist wegen des sinkenden Marktwerts von Immobilien, die nicht den neuen energetischen Standards entsprechen, so wichtig. Käufer kalkulieren die anfallenden Sanierungskosten bereits beim Kauf ein, was zu deutlichen Preisabschlägen führt.
Till-Fabian Zalewski, CEO von Engel & Völkers, sagte vor kurzem, ein besonders wichtiger Bereich bei der Immobilien-Preisentwickelung ist aktuell das Thema Energieeffizienz. Objekte der Energieeffizienzklassen B bis A+ verzeichneten konstante Preissteigerungen, während bei Immobilien mit einer Energieeffizienzklasse C oder niedriger deutliche Preisrückgänge registriert wurden. Eigentümer standen in der Folge oftmals vor der Entscheidung, entweder kostspielige Sanierungen vorzunehmen, zum Beispiel durch den Austausch des Energieträgers, oder einen Verkauf in Betracht zu ziehen.
Laut Immobilien und Investmentmanagementfirma JLL ist zum einen bei energetisch schlechteren Immobilien „mit geringeren Mieteinnahmen und einer schlechteren Marktgängigkeit zu rechnen.“ Zum anderen hat die Novellierung des GEGs eine breite Debatte über „die Zukunftsfähigkeit energetisch ineffizienter Bestandsobjekte“ entfachtet.
Jetzt handeln macht Sinn!
Eins ist klar: Die ganze Sache zu ignorieren ist keine gute Idee. Jetzt Zeit und Geld investieren, um sich zu informieren, zu planen und sich mit einem Energieberater und anderen Eigentümern zusammenzusetzen, macht dagegen viel mehr Sinn. Wieso: Weil es schließlich um den Wert der eigenen Immobilie geht und darum, diese zukunftssicher zu machen. Und auch um die Senkung von Emissionen und die Klimaziele zu erreichen, die Deutschland sich vorgenommen hat. Für viele Besitzer ist dies - neben der Sicherung des Immobilienvermögens - eine wichtige Motivation.