Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu kündigte eine Vergeltung an. "Der Iran hat heute Abend einen großen Fehler begangen – und er wird dafür einen Preis zahlen", sagte Netanjahu laut seinem Büro dem israelischen Sicherheitskabinett. Der Iran-Gegenschlag sei gescheitert.
USA sieht bedeutende Eskalation
Die US-Regierung bezeichnete den Angriff als "vereitelt und unwirksam". Dennoch stellte der Raketenbeschuss eine "bedeutende Eskalation" dar, wie der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington erklärte. Das Pentagon warnte den Iran vor weiteren Angriffen auf Israel. Sprecher Pat Ryder erklärte: "Wir hoffen, dass sie davon absehen, aber wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet."
Armeesprecher Daniel Hagari berichtete von vereinzelten Einschlägen im Zentrum und Süden Israels, jedoch ohne größere Schäden. "Dieser Iran-Gegenschlag wird Folgen haben", betonte Hagari und verwies auf bereits vorhandene Pläne.
Zur Abwehr der Raketen setzten die USA nach eigenen Angaben Kriegsschiffe ein. US-Präsident Joe Biden hatte das Militär beauftragt, Israel zu unterstützen und iranische Raketen abzufangen. Im Westjordanland kam laut palästinensischen Angaben ein 38-jähriger Palästinenser durch Raketensplitter ums Leben. Der Mann stammte aus dem Gazastreifen.
Vergeltung für Tötung von Hisbollah-Führern
Die iranischen Revolutionsgarden erklärten, der Angriff sei eine Vergeltung für die Tötung von Hamas-Auslandschef Ismail Hanija, Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah sowie eines iranischen Generals. Diese Informationen wurden im Staatsfernsehen verbreitet.
Millionen Menschen in Israel suchten während des Iran-Gegenschlags Schutz in Bunkern. Im Untergeschoss eines Einkaufszentrums in Tel Aviv versammelten sich Dutzende Menschen. Eine Frau reagierte panisch auf die Explosionen, die auch in den Schutzräumen zu hören waren. Nach etwa einer Stunde gab es Entwarnung, und die Menschen konnten die Schutzräume wieder verlassen.
USA: Konsequenzen für den Iran-Gegenschlag
Auch der US-Sicherheitsberater Sullivan kündigte Konsequenzen für den Iran-Gegenschlag an. Auf die Frage, ob Israel die USA in einen regionalen Krieg hineinziehen könnte, erklärte Matthew Miller vom US-Außenministerium: "Die Vereinigten Staaten unterstützen ihre Partner, aber letztlich müssen diese ihre eigenen Entscheidungen treffen. Die USA werden ihre eigenen Interessen wahren." Die USA seien bereit, Diplomatie und Abschreckung zu nutzen, um eine Eskalation zu verhindern.
In Tel Aviv wurden durch Granatsplitter zwei Personen leicht verletzt, wie der Rettungsdienst Magen David Adom berichtete. Weitere Menschen erlitten leichte Verletzungen durch Stürze oder aufgrund akuter Angstzustände.
Kurz vor dem Raketenangriff gab es im Süden von Tel Aviv bei einer Messer- und Schussattacke sechs Todesopfer. Bei den Getöteten handelte es sich laut Polizei um Zivilisten.
Iran droht mit weiteren Angriffen - USA warnen davor
Die Revolutionsgarden behaupteten, sie hätten gezielt militärische Einrichtungen Israels getroffen. Sollte Israel auf den Iran-Gegenschlag antworten, drohten sie mit "vernichtenden und zerstörerischen Angriffen".
UN-Generalsekretär António Guterres rief die Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf: "Dies muss ein Ende haben. Ein Waffenstillstand ist dringend nötig", forderte er auf X, ehemals Twitter.
Die USA hatten kurz vor dem Iran-Gegenschlag vor einem "unmittelbar bevorstehenden" Raketenangriff auf Israel gewarnt. Daraufhin riefen die israelischen Behörden die Bevölkerung im Großraum Tel Aviv auf, in der Nähe von Schutzräumen zu bleiben.
Bereits im April hatten die Revolutionsgarden zum ersten Mal direkt Israel angegriffen, indem sie mehr als 300 Drohnen, Raketen und Marschflugkörper abfeuerten. Dieser Angriff wurde abgewehrt. Der Iran reagierte damit auf die Tötung hochrangiger Generäle, die bei einem mutmaßlich israelischen Angriff in Syrien ums Leben gekommen waren.
Irans Verbündete geschwächt
Zuletzt hatten Israels Militär und Geheimdienste Irans Verbündete erheblich geschwächt. Ende Juli wurde der Hamas-Auslandschef in Teheran getötet. Iran versprach daraufhin Vergeltung. Am Freitag wurde der Hisbollah-Chef Nasrallah bei einem weiteren Angriff getötet. Auch mehrere Hisbollah-Funktionäre wurden verletzt oder getötet.
Ein weiterer Meilenstein war der Einsatz israelischer Bodentruppen im Libanon. Zum ersten Mal seit fast zwei Jahrzehnten drangen sie in das Nachbarland ein. Rund ein Jahr nach Beginn des Gaza-Kriegs verlagerte sich der Schwerpunkt der Kämpfe in Richtung Libanon. Die israelische Armee sprach von "begrenzten" Angriffen nahe der Grenze auf Hisbollah-Stellungen, die eng mit dem Iran verbündet sind.
Freudenfeuer in Beirut
In Beirut wurde der Iran-Gegenschlag mit Freudenschüssen gefeiert. Im Vorort Haret Hreik, wo Nasrallah getötet worden war, wurden Schüsse in die Luft abgegeben. Auch im Zentrum von Beirut war Jubel zu hören. Viele der Menschen dort wurden durch die israelischen Angriffe vertrieben und suchten in der Stadt Zuflucht.
Seit der Revolution von 1979 gelten die USA und Israel als Hauptfeinde der Islamischen Republik Iran. Mit dem Beginn des Gaza-Kriegs drohte mehrfach eine Eskalation. Die Revolutionsgarden gelten als die stärkste militärische Kraft im Iran und weit über die reguläre Armee hinaus schlagkräftig.