Unternehmen

Stahlharte Klatsche für Habeck: Thyssenkrupp prüft Stopp seiner Anlage für grünen Stahl - schlechtes Vorbild für andere?

Thyssenkrupp erwägt, den Bau seiner mit einer halben Milliarde Euro subventionierten Direktreduktionsanlage zu stoppen. Diese sollte eigentlich mit Wasserstoff statt mit Kohle Stahl herstellen und so für weniger Emissionen sorgen. Offenbar ist jetzt kein guter Zeitpunkt, um auf grünen Stahl umzustellen. Oder etwa doch? Und wie reagiert die Konkurrenz?
09.10.2024 06:00
Lesezeit: 2 min

Die Stahlproduktion in Deutschland gehört zu den wichtigsten Industriezweigen – vor allem die Automobilindustrie mit ihren zahlreichen Zulieferern hängt davon ab. Die Stahlwerke blasen dabei ordentlich CO2 in die Atmosphäre. Diese Emissionen sollen durch neue Produktionsverfahren eingedämmt werden. Der so genannte grüne Stahl wird beispielsweise mit Wasserstoff hergestellt. Doch ist die wirtschaftliche Situation aktuell tatsächlich so günstig für eine Umstellung auf dieses neue, teurere Produktionsverfahren?

Deutsche Stahlindustrie in der Krise

Die Lage ist ernst. Seit Jahren lahmt die Nachfrage für deutschen Stahl. Die Energiepreise hierzulande sind weiterhin hoch, die Konjunktur schwächelt, gerade in der Automobilindustrie. Die Konkurrenz aus Asien produziert Stahl - sowie Autos - billiger. Und klimafeindlicher. Darunter leidet die deutsche Wirtschaft. Doch noch halten die Industrieunternehmen in Deutschland an den aktuellen Plänen fest.

„Grüner Stahl made in Germany ist unser Antrieb“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen neulich noch im Rahmen des „Nationalen Stahlgipfels“ in Duisburg. Deutschland und die EU seien global Vorreiter bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie. „In Deutschland werden wir bis 2030 rund ein Drittel der deutschen Rohstahlkapazität umstellen und damit rund zwölf Millionen Tonnen CO2-freien Stahl erzeugen“, fuhr er fort. Die deutsche Stahlproduktion stehe am Anfang vieler wichtiger Wertschöpfungsketten. Damit sei sie wichtiger Impulsgeber für Schlüsselbranchen wie Automobil oder Maschinenbau und ihre Transformation.

Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um Stahl grün zu machen?

Doch aktuell scheinen von der Begrünung der Hochöfen nicht alle restlos überzeugt. Die Pläne von Thyssenkrupp zur Herstellung von sogenanntem grünen Stahl stehen sogar auf dem Prüfstand, berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf nicht genannte Quellen im Unternehmen. Dadurch müsste die Thyssenkrupp-Stahlsparte wahrscheinlich im Vorfeld geflossene staatliche Subventionen von rund einer halben Milliarde Euro zurückzahlen.

Aktuell geht das Unternehmen zwar angeblich davon aus, dass die geplante Direktreduktionsanlage unter den gegebenen Rahmenbedingungen realisiert werden könne. „An der Dekarbonisierung der CO2-intensiven Stahlproduktion führt langfristig kein Weg vorbei“, hieß es von Thyssenkrupp. Doch bestätigte das Unternehmen auch „unerwartete Kostensteigerungen“ mit Blick auf das Vorhaben.

„Auf Basis dieser Informationen wird die Situation derzeit bewertet. Dabei prüfen wir fortlaufend technologie- und ergebnisoffen, was die besten und wirtschaftlich tragfähigsten Lösungen unter den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen sind, um den Stahlbereich von Thyssenkrupp langfristig klimaneutral aufzustellen."

Grüner Stahl? Tausende Arbeitsplätze sind bedroht

Was genau "langfristig" heißt und was "wirtschaftlich tragfähig", bleibt abzuwarten. Direkt und indirekt hängen jedenfalls viele Arbeitsplätze davon ab, wie effizient diese Transformation stattfindet, und wie es mit dem deutschen Stahl weitergeht. Thyssenkrupp Steel ist Deutschlands größter Stahlerzeuger. 27.000 Menschen sind dort früheren Angaben nach beschäftigt, allein 13.000 davon arbeiten in Duisburg. Stahlhersteller, IG Metall und zahlreiche Bundesländer fordern vom Bund mehr Unterstützung bei der Sicherung der heimischen Unternehmen. In einem „Nationalen Aktionsplan Stahl“ bitten sie die Bundesregierung unter anderem um Maßnahmen für wettbewerbsfähige Energiepreise.

Die Stahlindustrie ist derzeit für rund sieben Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes in Deutschland verantwortlich. Abhilfe schaffen sollen etwa neue Stahlerzeugungsverfahren mit klimaneutral hergestelltem Wasserstoff. Der Bau der dafür nötigen Großanlagen wird vom Staat mit mehreren Milliarden Euro gefördert. Doch es bleiben Zweifel, ob die Stahlindustrie die geplante grüne Transformation aktuell stemmen kann.

Anzeige
DWN
Technologie
Technologie BradyPrinter i7500: Revolution im Hochpräzisionsdruck

Sie haben genug vom altmodischen Druck großer Etikettenmengen? Keine Kalibrierung, keine Formatierung, kein umständliches Hantieren mit...

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Maximilian Modler

                                                                            ***

Maximilian Modler berichtet über spannende Entwicklungen aus den Bereichen Energie, Technologie - und über alles, was sonst noch für die deutsche Wirtschaft relevant ist. Er hat BWL, Soziologie und Germanistik in Freiburg, London und Göteborg studiert. Als freier Journalist war er u.a. für die Deutsche Welle, den RBB, die Stiftung Warentest, Spiegel Online und Verbraucherblick tätig.

DWN
Politik
Politik Über eine Milliarde Euro für Lobbyarbeit: In welchen Bereichen Konzerne besonders oft Einfluss nehmen
01.04.2025

Lobbyisten gaben 2023 rund eine Milliarde Euro für Einflussnahme auf Bundesebene aus. Eine Gesetzesänderung von 2024 verschärft die...

DWN
Politik
Politik Nato: Die Möglichkeit eines Zusammenbruchs ist real
01.04.2025

US-Präsident Donald Trump hat das westliche Verteidigungsbündnis Nato in eine historische Krise gestürzt. Die Bedrohung kommt nicht von...

DWN
Technologie
Technologie Arbeitsmarkt: Top-Berufe, die es vor 20 Jahren noch nicht gab
31.03.2025

Eine Studie von LinkedIn zeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Jobs und Fähigkeiten schafft, Karrieren und Arbeitswelt verändert:...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie: Kurs knickt nach Orcel-Aussage deutlich ein
31.03.2025

Die Commerzbank-Aktie muss nach einer starken Rallye einen Rückschlag hinnehmen. Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte zuvor einen möglichen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU vor Herausforderungen: Handelskriege könnten die Wirtschaft belasten – der Ausweg heißt Binnenmarkt
31.03.2025

Die protektionistischen Maßnahmen der USA und mögliche Handelskonflikte belasten die EU-Wirtschaft. Experten wie Mario Draghi fordern...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betonblock: Lego verklagt Hersteller von Anti-Terror-Betonklötzen
31.03.2025

Lego verklagt das niederländische Unternehmen Betonblock. Die Anti-Terror-Blöcke des Herstellers erinnerten zu sehr an die...

DWN
Technologie
Technologie Neue EU-Vorschriften: Plug-in-Hybriden drohen deutlich höhere CO2-Emissionen
31.03.2025

Mit der Einführung neuer, verschärfter Emissionsmessungen für Plug-in-Hybride (PHEVs) wird die Umweltbilanz dieser Fahrzeuge erheblich...

DWN
Politik
Politik Marine Le Pen wegen Veruntreuung zu Fußfesseln verurteilt - FN-Chef Bardella: "Hinrichtung der französischen Demokratie"
31.03.2025

Marine Le Pen wurde in Paris wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen - das...