Wirtschaft

Winzer in der Krise: Die Weinernte 2024 auf einem Tiefstand

Der deutsche Weinbau ist unter Druck: Extreme Wetterbedingungen, steigende Produktionskosten und sinkender Konsum gefährden die Existenz vieler Winzer. Die Ernteausfälle im Jahr 2024 verstärken die Krise. Fachleute empfehlen Lösungswege, um die Branche zu stabilisieren.
01.11.2024 07:53
Lesezeit: 2 min

Der Weinbau in Deutschland sieht sich 2024 mit einer tiefen Krise konfrontiert. Zum Rückgang des Konsums und der Überproduktion kommt in diesem Jahr eine besonders geringe Ernte hinzu. Das Deutsche Weininstitut prognostiziert eine Produktion von nur 7,9 Millionen Hektolitern – etwa zehn Prozent unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Ähnlich niedrige Erträge wurden zuletzt 2017 verzeichnet.

Hohe Produktionskosten, niedrige Fassweinpreise

Trotz der geringen Ernte sind die Preise weiterhin niedrig. Professorin Simone Loose von der Hochschule Geisenheim berichtet, dass der Fassweinpreis in der Pfalz bei nur 70 Cent pro Liter liege, während die Produktionskosten der Winzer bei mindestens 1,20 Euro liegen. Sinkende Nachfrage trifft selbst die etablierten Weingüter des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP), wie deren Sprecher Max Rohde bestätigt.

Lösungsansatz „Rotationsbrachen“

Professorin Loose schlägt vor, die Produktionsmengen zu reduzieren und Anbauflächen anzupassen, um langfristig den Markt zu stabilisieren. Eine mögliche Lösung sind „Rotationsbrachen“, erklärt Christian Schwörer vom Deutschen Weinbauverband. Nach einer Rodung könnte das Land als Blühfläche genutzt werden, wodurch die Biodiversität gefördert wird. Allerdings sind derzeit nur 200 Euro pro Hektar von der EU vorgesehen, während 3.000 Euro notwendig wären, um die Fixkosten der Winzer zu decken.

Kostensenkung und langfristige Planung

Winzer sollten gezielt Kosten senken und eine klare Zukunftsstrategie entwickeln, empfiehlt Loose. Steuererleichterungen und finanzielle Entlastungen könnten zudem dazu beitragen, den Betrieben Stabilität zu geben. Schwörer betont, dass eine Kombination verschiedener Maßnahmen notwendig ist, um die Situation zu verbessern.

Digitales Marketing als Erfolgsfaktor

Loose unterstreicht, dass Winzer zunehmend unternehmerisches Geschick brauchen. Eine digitale Kundendatenbank sei heute oft wertvoller als die Rebflächen selbst. Besonders der Kampf um eine alternde und abnehmende Kundengruppe erfordert gezielte Marketingstrategien und Kundenbindung.

Herausforderung Preisanpassung

Höhere Preise für Weinflaschen könnten den Winzern helfen, einen Teil der steigenden Kosten aufzufangen. Schwörer gibt jedoch zu bedenken, dass viele Verbraucher nicht bereit sind, signifikant mehr für eine Flasche Wein auszugeben. Besonders im unteren Preissegment dominieren ausländische Weine, die oft günstiger sind.

Weinkonsum in Deutschland: Rückgang und neue Herausforderungen

Die Weinbranche sieht sich einem veränderten Konsumverhalten gegenüber. Jüngere Menschen trinken weniger Wein, und ältere Konsumenten werden oft aus gesundheitlichen Gründen zum Verzicht angehalten. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt mittlerweile, auf Alkohol zu verzichten, was in der Weinbranche kontrovers diskutiert wird.

Unterstützung der Weinkultur durch Politik und Verbraucher

Um die Weinkultur zu schützen, appellieren Experten und Politiker an die Verbraucher, vermehrt deutschen Wein zu konsumieren – in Maßen und mit Blick auf Qualität. Der Konsum deutscher Weine in Deutschland liegt derzeit nur bei etwa 42 Prozent. Weinbauministerin Daniela Schmitt betont die kulturelle Bedeutung des Weins und fordert, die heimische Weinkultur zu fördern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Greg Abel übernimmt: Der stille Stratege hinter Warren Buffetts Milliarden-Imperium
17.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära. Doch an die Stelle des legendären Investors tritt kein charismatischer Visionär,...

DWN
Panorama
Panorama In Zeiten von Trump: Bleibt das Traumziel USA für Deutsche attraktiv?
17.05.2025

Die USA galten lange als Traumziel für deutsche Urlauber. Doch politische Entwicklungen und wachsende Unsicherheit verändern das Bild....

DWN
Immobilien
Immobilien Koalitionsvertrag 2025: Das bedeutet er für Mieter, Vermieter und Immobilienbesitzer
17.05.2025

Union und SPD haben nach längerem Hin und Her den Koalitionsvertrag für die kommende Regierungsperiode unterschrieben. Was dieser zu den...

DWN
Technologie
Technologie Batteriekrieg mit China: Europa setzt auf Start-ups, Peking baut Gigafabriken
17.05.2025

Der technologische Wettlauf gegen Pekings Expansionsstrategie hat begonnen. Start-ups wie Factorial und Industriegiganten wie Mercedes...

DWN
Politik
Politik Präsidentschaftswahlen in Rumänien: Wird George Simion Trumps „Werkzeug“ in Europa?
17.05.2025

Ein Trump-Verehrer an der Spitze Rumäniens? George Simion, der Favorit für die Präsidentschaft, ist zuversichtlich, dass er die Wahl am...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt: Klingbeils Kraftakt mit zwei Haushalten und einem klaren Ziel
17.05.2025

Ein Kaltstart für Finanzminister Klingbeil: Treffen in Brüssel, die Steuerschätzung, Gespräche der G7 – alles binnen zwei Wochen. Der...

DWN
Politik
Politik Elon Musk: Der stille Umbau der USA in ein Tech-Regime
17.05.2025

Nie zuvor in der modernen Geschichte der USA hat ein einzelner Unternehmer derart tief in den Staat eingegriffen. Elon Musk, offiziell ohne...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up WeSort.AI: Wie künstliche Intelligenz die Mülltrennung revolutioniert
16.05.2025

Die Müllberge wachsen von Jahr zu Jahr, bis 2050 sollen es fast siebzig Prozent mehr Abfall sein. Die Brüder Johannes und Nathanael Laier...