Politik

Opposition blockiert Zusammenarbeit mit Scholz und fordert Vertrauensfrage

Nach dem Zerfall der Ampel-Koalition lehnen Union und FDP die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angebotene Zusammenarbeit im Bundestag ab. "Es ist höchste Zeit, dass der Kanzler angesichts seiner gescheiterten Koalition die Vertrauensfrage stellt", sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU). "Das erwarten die Bürger als Selbstverständlichkeit." Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) möchte keine weitere Hängepartie.
09.11.2024 20:44
Aktualisiert: 09.11.2024 20:44
Lesezeit: 2 min
Opposition blockiert Zusammenarbeit mit Scholz und fordert Vertrauensfrage
Thorsten Frei (links, CDU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Die Opposition fordert die Vertrauensfrage (Foto: dpa). Foto: Bernd von Jutrczenka

So äußerte sich Frei gegenüber der "Welt am Sonntag". Die Gesetzesvorhaben könnten danach unmittelbar zur Beratung und Beschlussfassung vorliegen. Nachdem die Ampel-Koalition zerbrach, hatte Scholz seine Bereitschaft zu Gesprächen über den Termin einer Vertrauensfrage und anschließender Neuwahl geäußert. Vorab hatte er den 15. Januar für eine Vertrauensfrage ins Auge gefasst, betonte jedoch beim EU-Gipfel in Budapest die Notwendigkeit einer Einigung im Bundestag, welche Gesetze vorher noch beschlossen werden sollten.

Habeck gegen endlose Hängepartie

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) zeigte Skepsis bezüglich der Bedingungen für eine schnelle Vertrauensfrage. Dieser Schritt sei Sache des Kanzlers und müsse im Hinblick auf die Organisation sicherer Wahlen sorgfältig abgewogen werden, sagte der Wirtschaftsminister während eines Termins in Neuhardenberg. Seiner Ansicht nach dürfe die Situation jedoch nicht unnötig hinausgezögert werden. "Wo ich skeptisch bin, ist, ob man gute oder weniger gute Gründe – wie auch immer man darüber denkt – mit der Umsetzung politischer Vorhaben vermischen sollte", erklärte Habeck.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bekundete gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" Gesprächsbereitschaft gegenüber der Union, allerdings mit konkreten Forderungen. "Dabei müssen wir stets die Bedenken der Bundeswahlleiterin berücksichtigen, damit eine faire und gut vorbereitete Wahl möglich ist", so Miersch. Voraussetzung sei die Zustimmung der Union zu bestimmten Projekten vor einer Neuwahl im Bundestag. "Olaf Scholz hat angeboten, dass wir gemeinsam mit der Union klären, welche wesentlichen Projekte wir im Bundestag noch umsetzen können – wie Kindergeld, Pflegeversicherung und das Deutschlandticket", hob Miersch hervor. "Wenn eine konstruktive Zusammenarbeit sichergestellt ist, können wir über den Zeitpunkt der Vertrauensfrage und die Neuwahlen sprechen."

Insbesondere forderte Miersch die Union dazu auf, das Rentenpaket zur Stabilisierung der Altersbezüge mitzutragen. "Friedrich Merz sagte auf dem Deutschlandtag der Jungen Union, er wolle keinen Renten-Wahlkampf: Dann lassen Sie uns das Niveau auf 48 Prozent festschreiben und das Rentenpaket verabschieden."

FDP stellt die Glaubwürdigkeit des Kanzlers infrage

Die FDP forderte Scholz erneut auf, unverzüglich den Weg für Neuwahlen freizumachen. Dass der Kanzler nun unter Hinweis auf staatspolitische Verantwortung zögere, sei "völlig unglaubwürdig", kritisierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Die Freien Demokraten boten dem Kanzler an, die Koalition gemeinsam zu einem geordneten Ende zu führen und zeitkritische Projekte rasch abzuschließen. Er entschied sich jedoch anders", sagte Djir-Sarai. In den gescheiterten Verhandlungen über eine Fortführung der Ampel-Koalition hatte Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner geordnete Neuwahlen gefordert, woraufhin Scholz ihn entließ.

"Die Restregierung des amtierenden Bundeskanzlers besteht nun aus zwei Kanzlerkandidaten, die keine Mehrheit im Parlament haben. Unser Land ist führungslos", so Djir-Sarai weiter. Es mangle an Kraft und Willen, um drängende Probleme zu lösen und die Wirtschaft auf Erfolgskurs zu bringen. Die andauernde Unsicherheit sei unverantwortlich.

Neuwahl-Termin: Realistisch oder riskant?

Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte Scholz jedoch davor, den Zeitplan zu überstürzen. Aus organisatorischen Gründen sei eine Neuwahl im Januar oder Februar problematisch, schrieb sie in einem Brief an den Kanzler. Am Montag wollen sich die Wahlleiter von Bund und Ländern erstmals zur Vorbereitung der Wahl treffen. Die Bundeswahlleitung bestätigte einen entsprechenden Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Wie bei regulären Wahlen sei ein Austausch notwendig, unter anderem zu neuen Verfahren nach der Änderung der Bundeswahlordnung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik CO2-Preis steigt ab morgen: 1.000 Euro mehr Heizkosten im Jahr
31.12.2025

Mit dem Jahreswechsel steigt der CO2-Preis – was das für Tanken, Heizen und Ihre Nebenkostenabrechnung konkret heißt. Und wie es danach...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Home Office vs. Büropräsenz: Warum Führungskräfte unter Druck geraten
31.12.2025

Viele Unternehmen ringen damit, die Erwartungen ihrer Mitarbeitenden an flexible Arbeitsmodelle mit den Anforderungen einer...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Verlängerung bis 2029 – was das konkret bringt
31.12.2025

Ende 2025 sollte die Mietpreisbremse in ganz Deutschland auslaufen. Doch im Angesicht der andauernden Mietpreiskrise hat der Bundestag...

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett übergibt Berkshire: Was vom Orakel von Omaha bleibt
31.12.2025

Er ist das Gesicht des Value Investing, ein Vorbild für Generationen von Anlegern – und nun zieht sich Warren Buffett zurück. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im MDax 2025
31.12.2025

Der MDax hat 2025 Anlegern wieder Hoffnung gemacht: Mit einem Plus von 19,65 Prozent wuchs der Index mittelgroßer Unternehmen, während...

DWN
Finanzen
Finanzen Die drei größten Tops und Flops im Dax 2025
31.12.2025

Das Börsenjahr 2025 war abermals ein starkes für den Dax. Der deutsche Leitindex erreichte mit 24.490,41 Punkten einen Jahresgewinn von...

DWN
Panorama
Panorama 2026: Was sich alles ändert
31.12.2025

m Jahr 2026 stehen für Bürgerinnen und Bürger zahlreiche Änderungen an: Der Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro, Rentnerinnen und Rentner...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.