Politik

Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor der letzten Hürde im Bundesrat. Die Länderkammer entscheidet heute in Berlin, ob sie das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz passieren lässt - oder ob sie es in den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Parlament schickt und die Umsetzung vorerst stoppt. Eine mögliche Verständigung dort wäre angesichts unklarer Mehrheiten im Bundestag und der vorgezogenen Neuwahl ungewiss.
22.11.2024 09:21
Aktualisiert: 22.11.2024 09:21
Lesezeit: 2 min

Lauterbachs Krankenhausreform: Heute entscheidet der Bundesrat, ob sie noch kommt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs (SPD Reform ist hoch umstritten. Im Kern soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll Anreize zu immer mehr Fällen und medizinisch teils nicht optimalen Eingriffen beseitigen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen daher auch neue "Leistungsgruppen" sein. Sie sollen die jeweiligen Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben dafür absichern - etwa beim Fachpersonal oder der Behandlungserfahrung. Kommen soll zudem ein milliardenschwerer "Transformationsfonds", um die aufwendige Neuorganisation finanziell zu unterstützen.

Krankenkassen für grünes Licht

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Jetzt Verantwortung zu übernehmen, bedeutet, dieses Gesetz im Bundesrat nicht aufzuhalten." Es möge manchem nicht als perfekt erscheinen. "Aber es schafft zweifelsohne die lebensnotwendigen Voraussetzungen, damit viele Krankenhäuser überhaupt weiter existieren können - und damit die Garantie für Patientinnen und Patienten, zukünftig die richtige Versorgung zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu finden."

Auch die gesetzlichen Krankenkassen appellierten, die Reform passieren zu lassen. "Wir können es uns nicht erlauben, auf die "perfekte Reform" zu warten", sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes, Stefanie Stoff-Ahnis. Ein "Weiter-so" ohne eine Perspektive für eine bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten wäre ein fatales Signal. In der nächsten Wahlperiode müsse es dann aber darum gehen, die Reform besser zu machen. So müsse aus Patientensicht künftig ausgeschlossen werden, dass für den ländlichen Raum geringere Qualitätsmaßstäbe angelegt werden dürfen.

Landkreise fordern Soforthilfen für Kliniken

Der Deutsche Landkreistag forderte die Länder zum Anrufen des Vermittlungsausschusses auf. "Anders kann es nicht gelingen, unsere Krankenhäuser zu stabilisieren", sagte Präsident Achim Brötel. In den vergangenen zwei Jahren hätten bereits 48 Kliniken Insolvenz anmelden müssen. "So wird es auch weitergehen, wenn der Bund jetzt nicht handelt." Dringend nötig sei ein rückwirkender Inflationsausgleich seit 2022. "Die Länder müssen über den Bundesrat erreichen, dass diese wichtige Sofortmaßnahme auf den Weg gebracht wird", sagte Brötel. "Der Bruch der Ampel darf jedenfalls nicht dazu führen, dass jetzt auch das gesamte System der Krankenhausversorgung auseinanderbricht."

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) plädiert dafür, die Reform in den Vermittlungsausschuss zu schicken. "Wenn sowohl Bund als auch Länder guten Willens sind, kann diese Reform gerettet und zu einem besseren Gesetz gemacht werden", sagte DKG-Chef Gerald Gaß der "Rheinischen Post".Reform soll stufenweise greifen.

Über die Ausgestaltung der Reformpläne war seit fast zwei Jahren heftig diskutiert worden. Lauterbach tauschte sich dazu auch mehrfach mit den Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsministern der Länder aus, die aber bis zuletzt Kritikpunkte geltend machten. Der Minister warb kurz vor der Abstimmung für eine Umsetzung der Reform, die unbedingt notwendig sei. In Kraft treten soll das Gesetz zum 1. Januar 2025. Kommen soll die neue Struktur dann aber über mehrere Jahre bis 2029. Für die Patientinnen und Patienten wird sie also nicht sofort spürbar. Das Netz der 1.700 Krankenhäuser dürfte damit kleiner werden.

Kritik vom NRW-Gesundheitsminister

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kritisierte Lauterbachs Pläne. Das Problem sei, dass der Bundesgesundheitsminister mit dem Gesetz Standards setze, "die wir einfach in der ländlichen Fläche nicht hinkriegen, weil wir die Leute nicht haben", sagte er im "Morgenmagazin" der ARD. Genug Zeit, um das Gesetz zu ändern, gibt es laut Laumann aber: "Wenn sich da vernünftige Leute zusammensetzen, ist das nach meiner Meinung in einem halben Tag besprochen."

Die Präsidentin des Bundesrats, Anke Rehlinger (SPD), dass die Krankenhausreform durch den Bundesrat kommt. "Besser dieses Gesetz als keins", sagte Rehlinger im RBB Inforadio. "Ohne das Gesetz werden wir eine relativ unkontrollierte Bereinigung der Krankenhauslandschaft haben." Die Krankenhausreform jetzt in den Vermittlungsausschuss zu schicken, sei der Beginn einer Hängepartie.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Amerika: Hat Joe Biden jemals wirklich die USA regiert?
11.03.2025

Wurde die US-Regierung per Autopen (Unterschriftenautomat) gesteuert? Ein Bericht enthüllt, dass fast alle Biden-Dokumente maschinell...

DWN
Politik
Politik BSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Wahl
11.03.2025

Knapp gescheitert, doch nicht bereit aufzugeben: Das Bündnis Sahra Wagenknecht zieht vor das Bundesverfassungsgericht. Die Partei zweifelt...

DWN
Politik
Politik Bargeldreform: Verschwinden bald die Ein- und Zwei-Cent-Münzen?
11.03.2025

Kaum jemand zahlt noch mit Ein- und Zwei-Cent-Münzen – stattdessen verstopfen sie Geldbeutel oder verschwinden in Sparschweinen. Die...

DWN
Technologie
Technologie Der Verbrenner-Golf bleibt mindestens bis 2035: Volkswagen Vertriebschef Martin Sander im Interview
11.03.2025

Volkswagen steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits soll die ID-Familie den Markt für Elektroautos erobern, andererseits...

DWN
Politik
Politik Grönland wählt heute Parlament
11.03.2025

Die Menschen auf Grönland wählen ein neues Parlament – doch der Wahlkampf wird von außen beeinflusst. Trump mischt sich ein, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Künstliche Intelligenz: KI-Trading revolutioniert den Anlegermarkt – Welche Vorteile, Risiken und Möglichkeiten es gibt
11.03.2025

KI-Trading ermöglicht es Anlegern, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz schneller und präzisere Marktanalysen zu erstellen und...

DWN
Politik
Politik Drohnenangriff auf Moskau fordert drei Todesopfer - Friedensgespräche beginnen
11.03.2025

Ein massiver Drohnenangriff auf Moskau erschüttert Russland: Zwei Tote, beschädigte Gebäude und gesperrte Flughäfen. Während der Kreml...

DWN
Immobilien
Immobilien Neues Büro finden: Was ist zu beachten und wie vermeidet man kostspielige Fehler bei der Suche?
11.03.2025

Die Firma wächst schneller als erwartet und mit ihr das Personal? Oder die Firmenräumlichkeiten werden nicht mehr benötigt? Je nachdem...