Finanzen

Revolut Bank: Eine Banking-App, so leicht wie Candy Crush - wie Revolut Europas Banken alt aussehen lässt

Noch ist die Kundenzahl der Revolut Bank Deutschland überschaubar. N26 und Trade Republic haben die traditionellen Bankinstitute als ihre vermeintlichen Gegner ausgemacht. Doch der wahre Gegner sitzt in London und feilt an seiner Expansionsstrategie. Dabei ist die Revolut Bank schon mehr wert als Deutsche Bank und Société Genérale. Steiles Wachstum, auch ohne Börsennotierung. Ein IPO an der Nasdaq in New York könnte 2025 anstehen, wobei die Börse in London ebenfalls um das Listing der Bank buhlt.
29.11.2024 18:16
Aktualisiert: 04.12.2024 18:16
Lesezeit: 6 min
Revolut Bank: Eine Banking-App, so leicht wie Candy Crush - wie Revolut Europas Banken alt aussehen lässt
Die britische Neobank Revolut bereitet sich derzeit strategisch auf die Expansion im deutschen Bankensektor vor (Foto: dpa). Foto: Monika Skolimowska

Haben Sie schon einmal auf ihrem Handy mit der App Candy Crush gedaddelt - wenn sie im Rathaus auf Ihren Termin warten oder gelangweilt in der S-Bahn sitzen? Dann haben Sie sicher Verständnis, dass die Spiele-App einen gewissen Süchtigkeitsfaktor auslöst in den Frontallappen. Tatsächlich spricht Candy Crush das neuronale Belohnungssystem im Gehirn an, bestätigen Suchtforscher und Neurologen übereinstimmend. Es ist ein auf den ersten Blick sehr einfaches, dennoch süchtig machendes Puzzlespiel, bei dem man drei oder mehrere Bonbons der gleichen Farbe in Reihe bringen muss. Ziel ist es, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, bevor einem die maximal möglichen Züge ausgehen. Das Spiel ist zwar leicht zu verstehen und intuitiv zu spielen, freilich schwer zu meistern - das ist das Erfolgsrezept.

Revolut Bank Revolution: Wenn ihre Bank spielen will, statt Aktien und ETF zu verkaufen

Nun stellen Sie sich vor, dass eine Bank nach dem selben Strickmuster (sogar vom selben Entwickler) eine Banking-App entwickelt hat und Bankkunden intuitiv an seine Bankgeschäfte heranführt, um sie gleichfalls abhängig zu machen - diesmal geht es um ihr Geld. Börsenprodukte, ETFs, Immobilienkredite - you name it. Was das mit einem Spiel zu tun hat? Gute Frage!

Für Nikolay Storonsky und Vlad Yatsenko, die beiden Gründer der Banking-App Revolut ist genau das ihr Erfolgsgeheimnis. Sie sagen, dass die traditionellen Finanzinstitute längst jeglichen Kontakt zu ihrem wichtigsten Asset verloren haben: den Kunden. Sie möchten zwar deren Geld anlegen, aber am besten so wenig wie möglich Kundenkontakt haben. So werden auch in Deutschland die Filialen von Deutscher Bank, Commerzbank und Sparkassen reduziert. Dass die zunehmend in Mode kommenden Neo-Banken gerade da ansetzen, können sich deren gut bezahlte Manager gar nicht recht vorstellen. Storonsky und Yatsenko wollen es ihnen zeigen - nicht mehr nur auf der britischen Insel, wo sie 2015 losgelegt haben, sondern nun verstärkt auch auf dem Festland.

Vor allem der deutsche Bankensektor steht im Mittelpunkt ihrer Expansionspläne. In Berlin gibt es inzwischen eine Filiale Unter den Linden. Selbst eine deutsche IBAN stellt die Revolut Bank seinen deutschen Kunden zur Verfügung. Wer glaubt, N26 oder Trade Republic seien Konkurrenz für den Banken-Standort Frankfurt, sollte sich die Erfolgsgeschichte von Revolut und ihrer beiden Gründer mal etwas genauer anschauen. Während die beiden Länder ihrer Väter einen bitteren Krieg führen, ergänzen sie sich als Wahl-Londoner auf Trefflichste. Die Revolut Group Holdings Ltd. hat bereits im November 2020 die Gewinnschwelle erreicht. Mit einer Bewertung von 4,2 Milliarden Pfund ist es zum wertvollsten Fintech-Unternehmen Großbritanniens geworden - wobei es bisher noch gar nicht an der Börse notiert und handelbar ist

Große Pläne, maximale Erfolge: Revolut Bank will 100 Millionen Kunden in Europa einsammeln

Zunächst ist da Nikolay Storonsky. Der Gründer von Revolut ist ein smarter Englishman, in Moskau geboren, also mit russischen Wurzeln. Storonskys Anteil an der Revolut Bank ist nach Reuters-Berechnungen seines Aktienanteils inzwischen gut acht Milliarden Dollar wert. Auf der "Sunday Times"-Liste der Vermögenden in Großbritannien belegt er 2024 mit einem Nettovermögen von 4,38 Milliarden Pfund (5,7 Milliarden Dollar) Platz 45. Als ehemaliger Spezialist für Emerging Markets und Derivative-Händler bei Credit Suisse und Lehman Brothers verwaltete er bereits ein Handelsvolumen von über zwei Milliarden Dollar mit verschiedenen Optionen, Swaps und FX-Instrumenten. Storonsky hat in Moskau einen Abschluss in angewandter Physik und Mathematik gemacht und einen MA in Wirtschaftswissenschaften erworben.

Sein kongenialer Partner ist Vlad Yatsenko. Er wurde 1983 als Sohn eines sowjetischen Berufssoldaten aus der Ukraine in der DDR geboren und hat 2006 seinen Informatik-Abschluss an der Schwarzmeer-Universität in Nikolajew gemacht. Yatsenko war Software-Entwickler für Credit Suisse und bei der Deutschen Bank. Mit seiner Beteiligung an Revolut hat er ein Vermögen von 1,1 Milliarden Euro erworben, womit er als sechstreichster Bürger der Ukraine gilt. Am Tag der russischen Invasion 2022 nannte Yatsenko den russischen Präsidenten Wladimir Putin „einen der dreistesten Lügner der Geschichte“. Nachrichten zufolge spendete er über Revolut zwei Millionen Dollar an das Ukrainische Rote Kreuz - und wer weiß wie viel noch seither.

Revolut ist mittlerweile in der ganzen EU verfügbar und auf insgesamt 38 Märkten aktiv. Ein Konto zu gründen ist also auch für EU-Bürger ohne Probleme (auch mit Wohnsitz in Deutschland) möglich. Die erforderliche Banklizenz läuft über die Revolut Bank UAB mit eingetragener Adresse im baltischen Wilna - also in der Republik Litauen. Als europäische Bank sind Einlagen dort wie in jeder anderen Bank der EU bis 100.000 Euro (gemäß Einlagensicherung) geschützt. Das Fintech wächst rasant und hat inzwischen die Marke von 50 Millionen Kunden durchbrochen. Storonsky gab unlängst auf einer Konferenz in London das ehrgeizige Ziel aus, global 100 Millionen Kunden einzusammeln. Revolut soll zur führenden Digitalbank der Welt werden.

Revolut Bank: Deutschland-Geschäft wächst

In Deutschland hat die Digitalbank zwei Millionen Kunden gewonnen, heißt es, wobei alle mitgezählt werden, die im Anmeldeverfahren online die AGB akzeptiert haben. Zehn bis 20 Millionen sind vorerst das Planziel - noch sind N26 und Trade Republic also die Frontrunner bei den hiesigen Online-Banken. Doch Antoine Le Nel, Vorstand für Wachstum und Marketing, sagt: „Wir haben jeweils vier Millionen Kunden in Frankreich, Polen und Spanien. Da Deutschland größer ist, sollten wir sehr viel Raum für Wachstum haben. In den nächsten zwei bis drei Jahren peilen wir fünf Millionen Kunden in Deutschland an.“

Die Revolut-App ist aktuell wohl die am häufigsten heruntergeladene Finanz-App Europas. Der Konzernumsatz wuchs der Bilanz von 2023 zufolge auf 2,1 Milliarden Euro - bei einem Rekordgewinn von 503 Millionen Euro. Um rasch zu wachsen, versucht Revolut, für jeden Regionalmarkt spezifische Bankprodukte anzubieten. In Deutschland soll dies durch ein attraktiv verzinstes Festgeldkonto erreicht werden, heißt es.

Revolut hat den steilen Anspruch, die „weltweit führende Digitalbank“ zu werden

Die Bewertung insgesamt ist auf mit 45 Milliarden Dollar angestiegen. Damit übertrifft die Neobank sogar viele der Großbanken Europas. Doppelt so hoch wie die französische Société Générale und ein Drittel höher als Deutsche Bank. Gespräche über einen Börsengang werden mit der New Yoirker Nasdaq geführt. Allerings kämpft auch London als internationaler Bankenstandort um ein Listing von Revolut. Wann der IPO ansteht ist noch unklar, aber man sollte als Anleger die Nachrichten darüber auf jeden Fall im Auge behalten.

Im Gegensatz zu anderen Neo-Instituten, die zumeist für ihre Kunden nur als Zweit-Konto fungieren, weil es immer noch Bedenken in punkto Sicherheit und Seriosität gibt, ist Revolut davon überzeugt, auch als Hauptkonto-Verwalter für Kunden interessant werden zu können. Das Geschäft besteht ja darin, teure Finanzprodukte zu verkaufen, beim Aktienhandel und Investments mitzuverdienen. Auf dem Weg dahin ist die Revolut Bank schon weit vorangeschritten. Selbst die Banklizenz in London liegt unterdessen vor - sie dauerte allerdings länger als die EU-Lizenz in Litauen. Vlad Yatsenko, der für die Revolut Bank als CTO fungiert, ist überzeugt, die beste App am Bankenmarkt bieten zu können. Im United Kingdom beunruhigen allerdings 2023 Berichte, über die erhöhte Zahl von Betrugsfällen bei Revolut, die laut "Financial Times" zum Teil auf Angriffe durch die organisierte Kriminalität hindeuten. Es heißt, dass die Sicherheitsüberprüfungen mangelhaft seien. Die Bank selbst verweist indessen auf Geburtswehen , die es bei allen jungen Unternehmen gibt. Auch in den USA läuft offenkundig noch nicht alles rund. So wurde der Handel mit Kryptowährungen eingestellt.

Revolut bietet seinen Kunden derzeit Giro- und Sparkonten, Sofort-Überweisungen, Devisengeschäfte sowie inzwischen auch ETF- und Aktiendepots. Selbst in das Geschäft mit Immobilienkrediten will Revolut einsteigen - zunächst in Litauen, Irland und Frankreich. In Spanien stellt Revolut eigene Geldautomaten auf. Auf der Konferenz kündigten die Revolut-Gründer weitere Ideen an. 2025 sollen KI-gestützte Finanzassistenten Einzug halten und Nutzern Geldgeschäften erleichtern - spielerisch natürlich, so wie bei Candy Crush, das konzeptionell Pate stand, als sich die Gründer Gedanken für die Bank der Zukunft machten.

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Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

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