Wirtschaft

Mercosur-Abkommen: Wie Deutschland von der weltweit größten Freihandelszone profitiert

Durch das Mercosur Abkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund entsteht die größte Freihandelszone der Welt, in der 700 Millionen Menschen leben. Die Zölle fallen also weg – für die deutsche Wirtschaft ist das ein guter Impuls . Die Bauern hingegen stehen dem Bündnis hingegen kritisch gegenüber.
17.12.2024 11:14
Aktualisiert: 17.12.2024 16:02
Lesezeit: 3 min
Mercosur-Abkommen: Wie Deutschland von der weltweit größten Freihandelszone profitiert
Alberto Fernandez (l-r), Präsident von Argentinien, Santiago Pena, Präsident von Paraguay, Luiz Inacio Lula da Silva, Präsident von Brasilien, Luis Lacalle Pou, Präsident von Uruguay, und Luis Arce, Präsident von Bolivien (Foto: dpa). Foto: Silvia Izquierdo

Durch das Mercosur Abkommen, das EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Montevideo mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Bolivien, Paraguay und Uruguay gerade abgeschlossen hat, sollen geostrategische und wirtschaftliche Ziele verfolgt werden.

Das Abkommen soll europäischen Unternehmen bessere Absatzchancen auf dem südamerikanischen Markt bringen und sie sollen auch von günstigeren Importen profitieren. Andererseits geht es aber auch darum, die wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA und China zu reduzieren und eben die Partnerschaft mit anderen Wirtschaftsregionen zu stärken.

Ein großer Markt für die EU-Unternehmen

Über 260 Millionen Menschen leben in den Mercosur Ländern. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 2,2 Billionen Euro bilden sie die fünftgrößte Wirtschaftsregion der Welt. Letztes Jahr importierten diese Länder insgesamt Waren im Wert von 55,7 Milliarden Euro aus der EU, die Exporte der Länder in die EU im Gegenzug hatten einen Wert von 53,7 Milliarden Euro. Durch das Abkommen werden insgesamt jedoch nur geringe gesamtwirtschaftliche Effekte erwartet.

Deutsche Autobauer mit neuen Absatzchancen

Für die europäische Industrie eröffnen sich durch das Abkommen eine Reihe von neuen Absatzchancen, gerade in Bereichen, die bislang noch mit hohen Zöllen belegt waren. Die deutschen Autobauer mussten bisher auf ihre Autos, die sie in diese Länder exportiert haben, Zölle in Höhe von 35 Prozent bezahlen, das fällt jetzt weg. Die Exportzahlen lassen sich dadurch deutlich steigern. Letztes Jahr haben es gerade mal 20.700 PKW aus Deutschland nach Brasilien und Argentinien geschafft.

Auch andere Branchen, deren Produkte mit hohen Zöllen belegt sind, könnten profitieren. Das betrifft Maschinenbauer, die Chemiebranche, Süßwarenhersteller, Wein- und Spirituosenproduzenten sowie Hersteller von Erfrischungsgetränken. Insgesamt 4 Milliarden Euro an Zöllen könnten dadurch eingespart werden, wie die EU-Kommission mitteilte.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Deutsche Industrie- und Handelskammer begrüßten dementsprechend das Abkommen und sprachen von dringend benötigten Wachstumsimpulsen für die Wirtschaft und einem Meilenstein in der EU-Handelspolitik.

Auch die Verbraucher dürfen sich freuen

Für die Verbraucher in der EU bedeutet der Deal vor allen Dingen günstigere Preise bei vielen Lebensmitteln, die aus Südamerika importiert werden. Das gilt dann nicht nur für argentinische Steaks, sondern auch für Kaffee, Obst, Soja und Zucker.

Allerdings sollen die EU-Märkte für bestimmte Agrarprodukte nicht vollständig geöffnet werden, um die E-Landwirtschaft zu schützen. Deshalb sollen die Erleichterungen bei den Zöllen bei manchen Produkten auf festgelegte Liefermengen begrenzt werden. Trotzdem sind positive Preiseffekte zu erwarten.

Signal an Donald Trump

Die Zölle sollen nun schrittweise abgebaut werden. Am Ende könnten pro Jahr Abgaben in Höhe von rund vier Milliarden Euro eingespart werden, hat die EU-Kommission ausgerechnet. Das geplante Abkommen wird unter Handelspolitikern auch als klares Signal an Donald Trump verstanden, der ein eher protektionistische Abschottungspolitik verfolgt und zeigen, dass der freie Handel für die Wirtschaften der Länder eine bessere Alternative darstellt, als Handelsbarrieren und wieder neue Zölle.

Europäische Bauern über Kritik

Für die Landwirte in Europa bedeutet das Abkommen jedoch neue billige Konkurrenz aus Südamerika. In den Mercosur Staaten liegen die Lohnkosten deutlich unter dem europäischen Niveau. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands warnte deshalb auch davor, dass die heimischen Produkte durch diese Agrarimporte, die mit veralteten Standards produziert werden, verdrängt werden. Auch die Umweltstandards sind in den Mercosur Ländern sehr viel niedriger als bei uns.

Um dem zu begegnen, sind im Abkommen Schutzmechanismen für besonders sensible Agrarprodukte festgelegt in Form von Kontingenten, die zollfrei oder zu reduzierten Zöllen importiert werden dürfen aus Südamerika. Diese sind den europäischen Bauern aber deutlich zu hoch – alleine der halbe Bedarf der EU an Rindfleisch dürfte zum reduzierten Zollsatz von 7,5 Prozent importiert werden. Betroffen sind in Europa in erster Linie aber die Geflügel- und Schweinefleischproduzenten.

Politik weist die Vorwürfe von sich

Sowohl die EU als auch die deutsche Bundesregierung betonen allerdings, dass die gesamtwirtschaftlichen Effekte in Summe vorteilhaft sind und dass auch zum Thema Pestizide bei der Agrarproduktion alle Importe die bei uns geltenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen müssen. Die europäischen Höchstwerte dürfen also nicht überschritten werden.

Unterzeichnung des Abkommens noch unklar

Eine Unterzeichnung des Mercosur Abkommens wird erst im zweiten Halbjahr 2025 möglich sein, denn die Verträge müssen noch in alle Sprachen der Vertragsstaaten übersetzt werden und juristisch überprüft werden. Außerdem stellen sich Frankreich und Polen quer, die zurzeit dem Abkommen nicht zustimmen. Da neben Handelsvereinbarungen im Abkommen auch politische Abstimmungen zur Kooperation enthalten sind, müssten eigentlich alle EU-Länder dem Abkommen zustimmen.

Falls sich Polen und Frankreich nicht umstimmen lassen, könnte eine Abspaltung der Handelsvereinbarungen vom politischen Teil des Abkommens eine Lösung sein. In diesem Fall würde dann eine einfache Mehrheit im Rat der EU-Staaten ausreichen, um die Verträge zu ratifizieren. Eine Zustimmung der nationalen Parlamente wäre dann nicht notwendig. Eine derartige Vorgehensweise müsste aber auch noch juristisch geprüft werden.

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