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Mehrjährige Haftstrafen im ersten Münchner Cum-Ex-Prozess

Im ersten Münchener Cum-Ex-Prozess wurden zwei Fondsmanager zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie sind des Steuerbetrugs mit einem Schaden von 343 Millionen Euro schuldig. Das Gericht sprach von einem „schamlosen“ Griff in die Staatskasse. Der Fall ist Teil eines gigantischen Steuerbetrugsnetzwerks, das den Staat um Milliarden betrog. Werden die Ermittlungen weiter voranschreiten, und welche Konsequenzen folgen für andere Täter?
13.12.2024 16:06
Aktualisiert: 13.12.2024 20:06
Lesezeit: 2 min
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Mehrjährige Haftstrafen im ersten Münchner Cum-Ex-Prozess
Cum-Ex-Skandal: Bei einer Protestaktion der Bürgerbewegung Finanzwende hielten die Demonstrierenden Plakate mit dem Porträt von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Wort "Erinnerungslücke?" auf seiner Stirn sowie mit der Aufschrift "Scholz: Schluss mit dem Theater!". Scholz sagte im Juni 2024 zum dritten Mal als Zeuge vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum sogenannten Cum-Ex-Skandal aus. (Foto: dpa) Foto: Christian Charisius

Im ersten Münchner Cum-Ex-Prozess hat das Gericht die beiden Angeklagten K. und U. zu Haftstrafen von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Sechs Monate davon gelten aufgrund von Verfahrensverzögerungen bereits als vollstreckt, wie die Vorsitzende Richterin Andrea Wagner mitteilte. Die beiden Männer im Alter von 71 und 63 Jahren wurden der Steuerhinterziehung mit einem Gesamtschaden von mehr als 343 Millionen Euro für schuldig befunden. Zusammen mit weiteren Beteiligten hätten sie in einem Ausmaß, das seinesgleichen suche, in die Staatskasse gegriffen und sich „schamlos bedient“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Strafe liegt zwischen den Anträgen der Staatsanwaltschaft, die jeweils fünf Jahre und zehn Monate gefordert hatte, und der Vorstellung der Verteidiger von jeweils vier Jahren.

Das Gericht hatte den beiden Männern – neben Geständnis und Kooperationsbereitschaft – unter anderem zugutegehalten, dass sie noch keinerlei Erfahrungen mit dem Strafvollzug hätten und daher besonders haftempfindlich seien. Ebenso berücksichtigte das Gericht den Versuch einer Schadenswiedergutmachung und das offenbar „zutiefst bereute“ Verhalten der Angeklagten.

Geständnisse unter Tränen

U. und K. hatten sich bereits am ersten Tag des Prozesses entschuldigt und teils unter Tränen gestanden, als Fondsmanager an einem komplexen Geflecht beteiligt gewesen zu sein, über das in den Jahren 2009 und 2010 Hunderte Millionen Aktien im zweistelligen Milliardenwert gehandelt wurden. Dabei wurde die sogenannte Cum-Ex-Methode angewandt, um den Fiskus dazu zu bringen, Kapitalertragssteuer zurückzuerstatten, die zuvor gar nicht gezahlt worden war. Der Begriff Cum-Ex kommt daher, dass die Aktien rund um den Dividendenstichtag mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch hin und her geschoben wurden.

Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer betont, dass die Welt damals eine andere gewesen sei. Niemand habe bei den Geschäften an die Staatsanwaltschaft gedacht, vielmehr habe es sich um ein Hase-und-Igel-Spiel mit dem Gesetzgeber gehandelt. „Es war viel Dummheit und Naivität dabei“, sagte U.s Verteidiger über seinen Mandanten. Das Gericht war jedoch nicht bereit, die beiden nur als Mitläufer im System zu sehen. Vielmehr sprach Wagner von einem „tatsächlich auch sehr wesentlichen Tatbeitrag“.

Die jetzt angeklagten Geschäfte waren bei weitem nicht die einzigen nach der Cum-Ex-Masche: Es gibt diverse andere Verfahren. Insgesamt soll der Staat durch die Masche um einen zweistelligen Milliardenbetrag geprellt worden sein. 2021 entschied der Bundesgerichtshof, dass Cum-Ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung zu werten sind. Erste Verurteilungen gab es bereits. Die Aufarbeitung und Strafverfolgung dürfte noch Jahre dauern. Auch in München werden weitere Anklagen erwartet.

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