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Immobilien: Sind Mitarbeiter-Wohnungen wieder auf dem Firmen-Radarschirm?

In vielen Teilen Deutschlands ist Wohnraum kaum mehr bezahlbar. Bezahlbarer Wohnraum ist aber oft eine Voraussetzung für Firmen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und Auszubildende zu gewinnen. Experten sind sich einig: Privatwirtschaftliche Unternehmen sind wichtige Akteure auf dem Wohnungsmarkt. Wie sehr werden Werkswohnungen, die eigentlich vor noch nicht so langer Zeit als angestaubt galten, wieder wichtig für Arbeitgeber? 
18.12.2024 16:01
Aktualisiert: 20.12.2024 16:00
Lesezeit: 3 min
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Immobilien: Sind Mitarbeiter-Wohnungen wieder auf dem Firmen-Radarschirm?
Rheinland-Pfalz, Ludwigshafen: BASF-Arbeitersiedlung in Ludwigshafen-Hemshof um 1911. (Foto: dpa) Foto: -

Man liest und hört es fast täglich: In vielen Regionen Deutschlands gibt es einen angespannten und zunehmend unbezahlbaren Wohnungsmarkt: Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vor allem in den großen Städten, spielt die Wohnraumversorgung deshalb eine wichtige Rolle und ist oft ein zentrales Argument bei der Entscheidung für oder gegen ein Stellenangebot. Die meisten Arbeitnehmer wollen nicht weit weg vom Arbeitsplatz leben und auch nicht lange pendeln.

Zu den großen Firmen, die in den letzten Jahren wieder vermehrt Wohnungen für ihre Mitarbeiter vermittelt haben, gehören BASF, Volkswagen und die Deutsche Bahn. International investieren unter anderem Amazon, Apple und Microsoft in bezahlbaren Wohnraum für ihre Arbeitnehmer.

Private deutsche Firmen: Über 675.000 Wohnungen, rund 46.000 Wohnheimplätze

Laut einer neuen IW-Studie unterstützen knapp 17 Prozent der deutschen Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Wohnraumversorgung. Größere Firmen mit mehr als 250 Arbeitnehmern bieten häufiger direkte Unterstützung an als kleine und mittelständische Unternehmen. Direkt gibt es rund 5,2 Prozent Unterstützung - hochgerechnet circa 675.000 Wohnungen und etwa 46.000 Wohnheimplätzen für Mitarbeitende.

Indirekte Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen

Weitere 11,6 Prozent deutscher Firmen bieten Unterstützung durch indirekte Maßnahmen, wie zum Beispiel Hilfe bei der Nutzung von Online-Plattformen bei der Suche nach Mietangeboten oder die Beauftragung von Maklerbüros. Kleine und insbesondere mittlere Unternehmen unterstützen ihre Mitarbeitenden zwar häufiger mit indirekten Angeboten, doch wegen der großen Anzahl dieser Firmen leisten sie immer noch einen sehr großen Anteil der Wohnungen für Mitarbeitende.

„Es zeigt sich, dass die Unterstützungsmaßnahmen vielfältig sind und über den klassischen Ansatz der Werkswohnungen hinausgehen. 44 Prozent der aktiven Unternehmen geben an, dass sie Wohnungen an- und weitervermieten“, so die Studien-Autoren. Auch der Kauf von Wohnungen und deren Vermietung an die Mitarbeitenden wird mit 44 Prozent angegeben. Der Neubau von Wohnungen durch Firmen liegt mit 17 Prozent deutlich niedriger, wie auch der Erwerb von Belegungsrechten mit acht Prozent. In vielen Fällen werden diese beiden Maßnahmen kombiniert.

Die Wohnsiedlung Wellekamp, die für Mitarbeiter von Volkswagen erbaut wurde. (Foto: dpa)

Mitarbeiter-Angebote locken internationale Fachkräfte

Die häufigste Unterstützung im Bereich Mitarbeiter-Wohnen gibt es in der Dienstleistungsbranche, einschließlich Firmen aus dem Gastgewerbe. Laut der Studie ist die Bereitstellung von Werkswohnungen für Mitarbeitende ein wesentlicher Faktor, um internationale Fachkräfte zu gewinnen. „Mitarbeitende aus dem Ausland und Saisonarbeitskräfte stehen besonders bei direkten Maßnahmen im Fokus. Denn der arbeitsbedingte Umzug in einen angespannten Wohnungsmarkt zeigt sich als hemmender Faktor bei der Fachkräftegewinnung“, betonen die Autoren.

Neben der Gewinnung neuer Arbeitskräfte ist das Wohnen für Mitarbeitende auch ein wichtiger Baustein zur Bindung von Beschäftigten: „Auszubildende und Studierende sind als Fachkräfte von Morgen eine zentrale Zielgruppe des Mitarbeiter-Wohnens, die sich durch eine hohe Konkurrenzsituation am Wohnungsmarkt besonderen Herausforderungen gegenübersieht.“ Jeder zweite junge Mitarbeitende habe laut der Studie angegeben, dass das Wohnungs-Unterstützungsangebot sogar ausschlaggebend war für die Wahl des Betriebes.

Herausforderungen: Organisations-Furcht, Firmen wollen mehr Förderungen

Zwei zentrale Herausforderungen für Unternehmen, die Wohnraum zur Verfügung stellen, sind die Angst vor einem hohen organisatorischen Aufwand und hohen finanziellen Kosten. „Diese Faktoren schrecken Unternehmen ab, zumal der Wohnungsbau ohnehin als sehr komplex wahrgenommen wird. Während kleine und mittlere Unternehmen der organisatorische Aufwand abhält, wirkt bei großen Unternehmen eher der hohe finanzielle Aufwand hemmend", so die Ergebnisse der Analyse.

Für viele Frmen ist der organisatorische Aufwand auch deshalb so hoch, weil sie keine passenden Kooperationspartner finden. „Schließlich ist die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Wohnungswirtschaft noch nicht eingeübt. Gerade die aktuelle Verschärfung der Situation im Wohnungsbau und beim Fachkräftemangel setzt aber neue Anreize, kooperative Lösungen zu finden. Dies offenbart einen hohen Informationsbedarf, um den Einstieg in das Thema für Unternehmen zu erleichtern.“

Auch wünschen sich Unternehmen mehr Förderungen zusätzlich zu den existierenden Möglichkeiten. Dieser Wunsch unterstreiche, dass es noch Informations- und Aufklärungsbedarf über die zahlreichen bereits vorhandenen Förderungen gebe, die ebenfalls für das Wohnen für Mitarbeitende eingesetzt werden könnten, sagten die Autoren.

Fazit: Herausforderungen aber auch viele Möglichkeiten

Die IW-Studie empfiehlt unter anderem, dass die zentralen Akteure – neben den Firmen und Firmenverbänden der Bund, Länder und Kommunen – sich stärker vernetzen, um die Verpflichtung zur Bereitstellung von Mitarbeiter-Wohnungen zu erhöhen. Außerdem: Die Mietobergrenzen an hochpreisigen Standorten wie München sollten geprüft werden und Betriebsgrundstücke sollten stärker als Chance für den Wohnungsbau nutzbar gemacht werden dürfen.

Dr. Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sagte, die Möglichkeiten für Firmen, im Bereich Wohnraumversorgung für Mitarbeiter aktiv zu werden, vielfältig sein: Von der Unterstützung der Gründung einer Mitarbeiterwohngenossenschaft, über das Einrichten von Wohnungstauschbörsen bis hin zum Ankauf oder Bau von eigenen Wohnungen.

„Wir wollen, dass sich noch mehr Arbeitgeber aktiv für Mitarbeiterwohnungen einsetzen. Denn Unternehmen verfügen häufig über Kapital, Grundstücke und Immobilien, die im Rahmen von Umwidmung und Umwandlung für den Wohnungsbau aktiviert werden können,“ so Bösinger. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen würde daher mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer in den nächsten Monaten in vielen Regionen über das Thema informieren.

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Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

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