Im EU-Beitrittskandidatenland Georgien geht die Polizei gewaltsam gegen proeuropäische Demonstranten vor. Die EU reagiert mit Sanktionen.
Visabeschränkungen für Regierungsvertreter
Aufgrund der Unterdrückung proeuropäischer Proteste in Georgien sollen bestimmte Regierungsvertreter und ihre Familienangehörigen künftig nicht mehr visumfrei in die EU einreisen dürfen. Die EU-Kommission legte am Freitag auf Bitten des EU-Außenministerrats einen entsprechenden Vorschlag für Inhaber von Diplomaten- und Dienstpässen vor. Dieser soll nun per Mehrheitsbeschluss der EU-Regierungen verabschiedet werden. Georgische Staatsbürger mit regulären Reisepässen sollen hingegen weiterhin bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen visumfrei in die EU reisen dürfen.
Vorwürfe gegen die Polizei
Die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen bezeichnete den Plan als klare Antwort auf den Kurs der georgischen Regierung, der sich durch die gewaltsame Unterdrückung friedlicher Demonstranten, politischer Gegner und unabhängiger Medien auszeichne. Wer grundlegende Rechte verletze, dürfe nicht länger von der Visaliberalisierung profitieren.
Hintergrund der anhaltenden Proteste in Georgien sind unter anderem Berichte über Unregelmäßigkeiten bei der jüngsten Parlamentswahl und die Ankündigung der Regierungspartei Georgischer Traum, den EU-Beitrittsprozess bis 2028 auf Eis legen zu wollen. Kritiker vermuten dahinter eine Annäherung an Russland. Die Demonstrationen führten wiederholt zu Ausschreitungen, Verletzten und mehreren Hundert Festnahmen. Der Polizei wird übermäßige Gewaltanwendung und Folter vorgeworfen.
Ungarn und Slowakei blockieren Sanktionen
Ein weitergehender Vorschlag, Verantwortliche für Polizeigewalt mit vollständigen EU-Einreiseverboten und dem Einfrieren potenzieller Vermögenswerte in der EU zu belegen, scheiterte. Dafür wäre Einstimmigkeit unter den EU-Staaten erforderlich gewesen, doch Ungarn und die Slowakei blockierten das Vorhaben. Ungarns Außenminister Péter Szijjártó erklärte, die EU nehme mit ihrer Haltung Partei für die Demonstranten. Seiner Meinung nach werde Georgien nur deshalb sanktioniert, weil nicht liberale, sondern patriotische und konservative Kräfte die jüngsten Wahlen gewonnen hätten.