Insgesamt gehören zehn der einhundert finanzstärksten Lobbyakteure zu Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften. Diese Akteure kommen zusammen auf jährliche Lobbyausgaben von fast 40 Millionen Euro und stellen 442 namentlich registrierte Lobbyistinnen und Lobbyisten. Im Vergleich dazu ist die traditionell einflussreiche Autolobby nur mit sechs Einträgen und einem Budget von knapp 18 Millionen Euro unter den Top 100 vertreten, während die Chemielobby fünf Einträge und etwa 21 Millionen Euro für ihre Einflussnahme ausgibt.
Neue Anforderungen für das Lobbyregister
Das Lobbyregister, das seit 2022 über die Website des Deutschen Bundestags einsehbar ist, soll transparent machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Professionelle Lobbyisten sind verpflichtet, sich einzutragen und Informationen zu Auftraggebern, Themenbereichen sowie zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobbytätigkeit anzugeben. Zudem müssen sie sich an einen verbindlichen Verhaltenskodex halten.
Ab März 2024 werden die Anforderungen weiter verschärft: Lobbyisten müssen dann auch offenlegen, auf welche konkreten Gesetzgebungsvorhaben sie Einfluss nehmen wollen. Darüber hinaus sollen die Kernpunkte ihrer Forderungen im Register veröffentlicht werden. Ebenfalls neu ist, dass Lobbyisten mitteilen müssen, wenn sie nicht die Interessen ihres direkten Auftraggebers, sondern die einer dritten Partei vertreten. Wechseln ehemalige Mandats- oder Amtsträger in die Lobbyarbeit, müssen sie künftig alle aktuellen und früheren Ämter und Mandate offenlegen.
Finanzwende lobt Fortschritte bei Transparenz
Im Lobbyregister sind derzeit fast 6.000 Unternehmen, Verbände, Organisationen, Netzwerke und Einzelpersonen registriert. Die Anzahl der im Lobbyismus tätigen Personen liegt bei mehr als 27.000. Die Verschärfung der Offenlegungspflichten habe einen "massiven Transparenzgewinn" gebracht, so Finanzwende. "Das verbesserte Lobbyregister macht endlich mehr von dem sichtbar, was zuvor im Verborgenen lag. Dadurch sehen wir, wie breit und erfolgreich die Finanzlobby agiert", erklärte Geschäftsführer Daniel Mittler. Auch Wechsel zwischen Politik und Finanzlobby seien nun besser nachvollziehbar.
Lobbyisten müssen nun angeben, ob sie in den letzten fünf Jahren für Bundestag, Regierung oder Bundesverwaltung tätig waren. Besonders für die Finanzbranche sind solche Personen mit Insider-Wissen über die Abläufe in Ministerien und im Bundestag von großem Wert.
Kritik an massiver Einflussnahme der Finanzbranche
Nach den Erkenntnissen der Analyse bleibt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Spitzenreiter bei den Lobbyausgaben. "Kein Verband gibt branchenübergreifend mehr für die Beeinflussung von Bundestag und Bundesregierung aus als die Versicherungslobby", betont Finanzwende. Der GDV investiert jährlich etwa 15 Millionen Euro und setzt 93 namentlich registrierte Lobbyisten ein, die zwischen März und November Einfluss auf 86 Gesetze und Verordnungen nahmen.
"Mit diesen Ressourcen kann die Finanzlobby zahlreiche politische Prozesse gleichzeitig begleiten. Die Dauerberieselung von Abgeordneten wird im Lobbyregister deutlich sichtbar", erklärte Mittler. Er fügte hinzu: "Es ist klar, dass zivilgesellschaftliche Organisationen nicht mit diesem Aufwand konkurrieren können." Auch die Bürgerbewegung Finanzwende, die selbst im Lobbyregister eingetragen ist, betreibt Lobbyarbeit. Ihr Budget liegt zwischen 130.000 und 140.000 Euro, und sie hat 12 Interessenvertreter gemeldet. Finanzwende hat Stellungnahmen zu drei politischen Vorhaben verfasst, darunter zur Kapitalmarktunion.