Wenige Wochen vor der Bundestagswahl werden die Forderungen aus der Wirtschaft nach einem Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik immer lauter und vor allem sichtbar: Rund 140 Verbände und Initiativen sowie über 200 Unternehmer wollen dafür am Mittwoch (29.01.2025) vor dem Brandenburger Tor demonstrieren.
Warntag der Wirtschaft: Unternehmer rufen zur Großdemo auf
Nach fast drei Jahren im wirtschaftlichen Krisenmodus ist die Geduld vieler Unternehmer mit der deutschen Wirtschaftspolitik unter der Ampel-Regierung aus SPD, Grüne und der FDP am Ende. Die Wirtschaft leidet unter hohen Energiepreisen und einer schwachen Nachfrage sowohl im Inland als auch im Ausland. Insolvenzen gehören zur Tagesordnung. Ein Hoffnungsschimmer ist weit und breit nicht zu sehen. Im Gegenteil: Experten prognostizieren weiterhin ein stagnierendes Bruttoinlandsprodukt und eine steigende Arbeitslosenquote.
Wirtschaftswarntag: Unternehmen wütend auf Wirtschaftspolitik von Scholz und Habeck
Angesichts dieser düsteren Aussichten formiert sich nun massiver Protest aus der Wirtschaft – gegen die Wirtschaftspolitik der Reste-Ampel. Am 29. Januar wollen fast 100 Verbände ihren Unmut mit einem bundesweiten Protest ausdrücken: Der sogenannte „Wirtschaftswarntag“ vor dem Brandenburger Tor in Berlin und in anderen Städten steht unter dem Motto „SOS – die deutsche Wirtschaft ist in Gefahr“.
Sie wollen kurz vor der Bundestagswahl am 23. Februar, dass die neue Regierung endlich die richtigen Weichen für einen wirtschaftlichen Aufschwung stellt. Konkret fordern die Unternehmer niedrigere Steuern, einen Anstiegsstopp für Sozialabgaben und weniger Vorschriften und Gesetze.
„Die deutsche Wirtschaft schrumpft. Heimische Unternehmen wandern ab. Internationale Investoren bleiben fern. Als Standort verlieren wir rasant an Attraktivität. Die Lage ist ernst“ heißt es im Aufruf des „Aktionsbündnis Wirtschaftswarntag“, das hinter der Aktion steht.
Nach eigenen Angaben wird die Projektgruppe zur organisatorischen Vorbereitung von mehreren Verbänden organisiert, darunter „Die Familienunternehmer“, dem „Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie“, dem „Bundesverband der freien Berufe“, dem „Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen“ sowie der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM).
Wirtschaftswende: Fast 50 Verbände beteiligen sich
An der Aktion wollen sich fast 50 Wirtschaftsverbände beteiligen, so unter anderem der Arbeitgeberverband Gesamtmetall, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Verband der Familienunternehmer, der Verband „Die Immobilienunternehmer“ sowie der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW). Nach eigenen Angaben vertreten diese Verbände insgesamt rund 20 Millionen Arbeitnehmer.
„Mit dem Wirtschaftswarntag kämpfen wir für eine Wirtschaftswende“, warnt Marie-Christine Ostermann, Chefin der Familienunternehmer in der Bild. Die Bundestagswahl im Februar soll zur Volksabstimmung werden: „Welche Politik, welche Parteien geben den Unternehmen wieder Luft zum Atmen? Uns Familienunternehmern reicht es mit schlechter Wirtschaftspolitik – die Zukunft unseres Landes steht gerade auf dem Spiel.“
Wirtschaftsverbände warnen vor dramatischer Lage
Stefan Wolf, Präsident von Gesamtmetall, dem Arbeitgeberverband der Elektro- und Metallindustrie, macht der Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) große Vorwürfe: „In der Politik ist längst nicht bei jedem angekommen, wie dramatisch die Lage ist.“ Die Industrie werde von „falschen Rahmenbedingungen in die Knie gezwungen“.
Auch der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, macht gegenüber der Bild seinem Ärger Luft: „Wir stecken mitten im dritten Jahr der Krise, ohne Aussicht auf Besserung. Die Überregulierung geht ungebremst weiter. Wenn wir nach all den politischen Fehlentscheidungen jetzt nicht für einen echten Politikwechsel kämpfen, wann dann?“
Von „falschen Rahmenbedingungen in die Knie gezwungen“
Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Soziale Sicherheit sei nur mit einem starken Mittelstand und einer starken Industrie möglich, sagt der Jens Meiser, Geschäftsführer der Carl Meiser GmbH+Co KG aus Albstadt in Baden-Württemberg. Der Textilunternehmer fordert von der Politik, dass Regulierung und Bürokratie abgebaut werden. Verlässliche und sichere Rahmenbedingungen müssten wirtschaftliches Handeln flankieren und damit schützen. Weiter müsse bezahlbare Energie sichergestellt werden. Gut 50 Prozent des Preisbestandteils der teuren Energie seien, so Meiser, staatlich induzierte Abgaben auf Strom und Gas. Unternehmen bräuchten jetzt bessere Rahmenbedingungen und Freiheiten. „Ansonsten werden wir erdrosselt und müssen als die wichtige Stütze unserer Gesellschaft aufgeben“, prognostiziert der Unternehmer.
Über die Rahmenbedingungen für Unternehmer ärgert sich auch Thomas Henneke, Geschäftsführer der KB Schmiedetechnik GmbH aus Hagen in Nordrhein-Westfalen. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben 100 Mitarbeiter. Henneke sagt: „Umweltschutz ist essenziell – doch in Deutschland wird er oft ideologiegetrieben umgesetzt und verfehlt damit sein Ziel. Stattdessen brauchen wir eine sachliche, technologieoffene Herangehensweise und einen gesunden Energiemix, der sowohl die Umwelt schützt als auch die Industrie stärkt.“
Weiterer Stellenabbau: „Blickt der Realität ins Auge!“
Außerdem kündigte Stefan Wolf, Chef der Metall-Arbeitgeber, in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ einen weiteren Stellenabbau in den kommenden Jahren an. „Die Industrie wird in den nächsten fünf Jahren noch deutlich mehr Arbeitsplätze verlieren. Schon jetzt ist der Stellenabbau real, seit zehn Monaten in Folge“, so Wolf. Die Auftragsauslastung der Branche liege bei durchschnittlich 75 Prozent. „Das heißt, wir können die Arbeitsplätze nicht erhalten. Dafür reicht der Umsatz nicht aus“, so der Arbeitgeberpräsident weiter. Daher müsse man an der Kostenschraube drehen. Aktuell arbeiten in der Metall- und Elektroindustrie noch 3,91 Millionen Beschäftigte.
Dirk Jandura, der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) fasst auf der Website zum „Wirtschaftswarntag“ die Situation abschließend wie folgt zusammen: Gute Vorsätze und vollmundige Versprechungen würden jetzt nicht weiterhelfen. Nun brauche es eine „echte Wirtschaftswende“, bevor es für den Standort zu spät ist. Der „Wirtschaftswarntag“ soll deshalb ein Weckruf an alle politischen Entscheider sein: „Blickt der Realität ins Auge!“