DWN: Wie hat sich die Wertstabilität von Gold über die Jahrzehnte hinweg entwickelt?
Dimitri Speck: Gold hat sich als nicht beliebig vermehrbares, liquides Wertaufbewahrungsmittel über die Jahre hinweg als besonders stabil erwiesen. Insbesondere in Zeiten, in denen Sparer inflationsbereinigt Verluste erlitten, zeigte Gold eine bemerkenswerte Wertsteigerung. Dabei kann der Anstieg sogar deutlich stärker ausfallen, als es die Inflationsrate vermuten lässt – ein Beispiel hierfür sind die 1970er-Jahre. Auf der anderen Seite gab der Goldpreis, trotz fortschreitender Geldentwertung, bis 2001 nach, da hohe Verzinsungen einen Großteil des Marktes anlockten.
DWN: Ist Gold derzeit eine gute Anlageform?
Dimitri Speck: Ja, aktuell ist Gold nach wie vor eine attraktive Anlage. Der weltweit hohe Schuldenstand führt dazu, dass die Zinsen auf einem künstlich niedrigen Niveau gehalten werden müssen, da ansonsten die Schuldner ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen könnten. Da eine Regulierung der Schulden kaum noch möglich ist, könnte uns eine langanhaltende Phase starker Inflation bevorstehen. In diesem wirtschaftlichen Umfeld sollte Gold in den kommenden Jahren von niedrigen Zinsen und steigenden Inflationsraten weiterhin profitieren.
DWN: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei der Anlage in Silber im Vergleich zu Gold?
Dimitri Speck: Silber zeigt typischerweise in den euphorischen Phasen eines Edelmetall-Booms, wie zum Beispiel 2011, prozentual größere Steigerungen als Gold. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Edelmetallen liegt jedoch in den Beständen: Während Gold hohe oberirdische Bestände an Barren und Münzen aufweist, wird der Preisanstieg dieses Metalls durch Gewinnmitnahmen tendenziell stärker gebremst als bei Silber. Silber könnte in einer Edelmetallhausse also prozentual stärker steigen, doch eine Investition in Silber ist oft mit höheren Kosten verbunden.
DWN: Wie bewerten Sie Kryptowährungen als Anlageform? Halten Sie sie für ein nachhaltiges Konzept oder eher für ein spekulatives Schneeballsystem?
Dimitri Speck: Gold hat nicht nur als Wertaufbewahrungsmittel, sondern auch als Schmuckstoff über Jahrtausende hinweg eine zentrale Rolle gespielt. Rund 50 Prozent der globalen Goldproduktion fließen in die Schmuckindustrie, und Gold hat sich auch als Währung bewährt. Auch in hundert Jahren wird Gold voraussichtlich weiterhin zur Herstellung von Eheringen oder anderen Schmuckstücken verwendet werden. Dem Bitcoin hingegen fehlt dieser historische Kontext. Er wurde ursprünglich und wird auch weiterhin vor allem in Erwartung von Preissteigerungen gekauft. Doch eines Tages könnten diese ausbleiben, und ab diesem Punkt wird der Hauptgrund für den Kauf oder das Halten von Bitcoin für viele Anleger entfallen.
DWN: Sie haben in Ihren Publikationen auf die Gefahr einer Finanzblase hingewiesen. Welche Faktoren tragen Ihrer Meinung nach derzeit am meisten zu dieser Blase bei, und könnte es zu einem Crash kommen?
Dimitri Speck: Wir befinden uns derzeit in der größten Finanzblase der Geschichte, die um das Jahr 1980 ihren Anfang nahm. Diese Blase hat die Preise von Aktien und Immobilien im Vergleich zur Wirtschaftskraft auf ein historisches Höchstniveau getrieben. Der Haupttreiber dieser Blase ist die weltweit gestiegene Verschuldung, die parallel zu den steigenden Vermögenspreisen auch auf Rekordniveau angestiegen ist. In einer solchen Übertreibungsphase ist ein Crash jederzeit möglich. Allerdings halte ich es für wahrscheinlicher, dass diese Blase über die Jahre hinweg schrittweise durch starke Inflationsschübe abgebaut wird.
DWN: Angesichts der hohen Verschuldung weltweit: Wäre eine Zinspolitik wie in den 1980er-Jahren heute überhaupt noch möglich, und welche Folgen hätte das?
Dimitri Speck: In den frühen 1980er-Jahren haben die Notenbanken die Leitzinsen massiv erhöht, um die Inflation zu bekämpfen. Doch die aktuelle Schuldenlast ist doppelt so hoch wie damals. Bei einem Schuldenstand, der 250 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht, würde ein Zinssatz von beispielsweise 10 Prozent dazu führen, dass 25 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung für die Zinszahlungen aufgewendet werden müssten. Das ist schlichtweg nicht tragbar. In der Folge wird die Inflation vermutlich die Oberhand behalten.
DWN: Halten Sie eine Währungsreform oder eine starke Inflation in den kommenden Jahren für wahrscheinlich? Was raten Sie den Anlegern?
Dimitri Speck: Eine starke Inflation scheint unausweichlich. In einem solchen Umfeld sollten Anleger verstärkt auf Gold setzen.
Info zur Person: Dimitri Speck hat sich auf die Analyse des Finanzsystems und der Finanzmärkte spezialisiert. Er ist Verfasser des Börsenbriefes „Sicheres Geld“ und Autor des Buches „Geheime Goldpolitik“. Speck ist Herausgeber der Finanz-Webseite www.seasonax.com über saisonale Studien und Gewinner mehrerer internationaler Awards. Er ist Autor des Buches „Die größte Finanzblase aller Zeiten“.