Nach dem tödlichen Messerangriff eines afghanischen Asylbewerbers in Aschaffenburg geraten Fragen zur Messergewalt und ihrer Verbindung zur Migration wieder stärker in den Fokus. Einige vertreten die Ansicht, dass Migranten hauptsächlich hinter solchen Gewalttaten stecken, die teilweise religiös motiviert seien. Ist diese Einschätzung korrekt oder übertrieben? Eine Einordnung:
BKA erfasst Messerangriffe seit 2020
Das Bundeskriminalamt (BKA) definiert Messerangriffe in seiner Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) als "Tathandlungen, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird". Das bloße Mitführen eines Messers reicht hingegen nicht aus, um erfasst zu werden, so eine Sprecherin des BKA. Bei Messerangriffen macht das BKA keine Unterscheidung nach Migrationshintergrund oder der Herkunft der Tatverdächtigen.
Seit 2020 erfasst die PKS Messerangriffe. Hintergrund ist ein Anstieg von Straftaten mit Messer als Tatmittel, so das BKA. Für 2023 nennt die PKS insgesamt 8.951 Messerangriffe im Zusammenhang mit schwerer Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung. 2022 wurden 8.160 Fälle verzeichnet, 2021 waren es 7.071. Bei Raubdelikten wurden 2023 insgesamt 4.893 Messerdelikte gezählt, im Jahr 2022 waren es 4.195, und 2021 gab es 3.060 Messerangriffe.
Bundespolizei unterscheidet nach Staatsangehörigkeit
Im Gegensatz zum BKA erfasst die Bundespolizei, zuständig für die deutschen Außengrenzen sowie Bahnhöfe und Flughäfen, bereits seit 2019 Messerangriffe in ihrer Eingangsstatistik und führt dabei auch die Staatsangehörigkeit der Tatverdächtigen auf.
Laut dieser Statistik gab es 2023 an den deutschen Grenzen sowie nahe Bahnhöfen und Flughäfen 777 Messerangriffe, während 2022 noch 591 registriert wurden. Für 2023 nennt die Statistik 180 deutsche Tatverdächtige und 218 Tatverdächtige mit unbekannter Herkunft. Zudem werden 216 nicht-deutsche Tatverdächtige vermerkt. 2022 waren es im Vergleich 169 deutsche Verdächtige, ebenso 169 mit ungeklärter Herkunft und 174 mit nicht-deutscher Herkunft.
Unter den nicht-deutschen Staatsangehörigen bei den Tatverdächtigen führten 2023 nach Angaben der Bundesregierung Syrer (24 Fälle), Polen (17) und Türken (16) die Liste an. Diese drei Nationen waren bereits 2022 auf den ersten drei Plätzen.
Wie das BKA erhebt auch die Bundespolizei keine Daten darüber, ob Tatverdächtige einen Migrationshintergrund haben, das heißt, ob sie oder ihre Eltern nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurden.
Zahlen aus den Ländern zeigen Herkunft der Tatverdächtigen
In einigen Bundesländern wird bei Messerangriffen eine genauere Herkunft der Tatverdächtigen erfasst. In Nordrhein-Westfalen etwa teilt sich die Zahl der rund 4.000 Tatverdächtigen aus 2022 in 2.226 Deutsche (55,6 Prozent) und 1.765 Ausländer ohne deutschen Pass (44,2 Prozent) auf. Von der letzten Gruppe gehören 660 Tatverdächtige (16,5 Prozent) zugewanderten Personen, darunter Asylbewerber, Schutzberechtigte und Geduldete.
In den Bundesländern, die die Nationalität der Tatverdächtigen in ihrer Kriminalstatistik erfassen, haben zwischen einem Drittel und der Hälfte der Verdächtigen einen nicht-deutschen Hintergrund. In Thüringen und Niedersachsen liegt dieser Anteil bei jeweils 41 Prozent, in Hessen bei etwa 50 Prozent. Zum Vergleich: Ende 2023 waren von mehr als 83 Millionen Menschen in Deutschland rund 13,9 Millionen Ausländer.
Ein weiteres klares Ergebnis: Bei Messerangriffen sind überwiegend Männer die Tatverdächtigen (in fast 90 Prozent der Fälle), und die meisten sind älter als 21 Jahre, so der Mediendienst Integration.
Extremistische Gewalttaten mit religiösem Hintergrund vergleichsweise gering
Wer islamistische Motive bei Messerangriffen vermutet, wird zumindest teilweise in der Statistik zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK) des BKA fündig. Messerangriffe werden dort jedoch nicht ausdrücklich erfasst. Es gibt jedoch Zahlen für "extremistische Straftaten", die auf eine Ideologie abzielen, die die Grundlagen der freiheitlichen demokratischen Ordnung gefährden.
Der PMK-Unterbereich "religiöse Ideologie" umfasst Straftaten, bei denen Hinweise vorliegen, dass eine religiöse Überzeugung maßgeblich für die Tatbegehung war und die Religion zur Rechtfertigung genutzt wurde. 2023 wurden in diesem Bereich insgesamt 72 extremistische Gewalttaten verzeichnet, nach 43 im Jahr 2022.
Zum Vergleich: Im Bereich der PMK "rechts" wurden 2023 insgesamt 1.148 extremistische Gewalttaten gezählt (2022: 1.016).