Work-Life-Balance: Arbeiten, um zu leben, nicht leben, um zu arbeiten
In der globalen Arbeitswelt, wo Burnout immer häufiger vorkommt, verschwimmt die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben oft. Bei dem Konzept Work-Life-Balance geht vor allem darum, dass die Vermischung von Arbeit und Privatleben keine negativen Auswirkungen auf unsere psychische und physische Gesundheit hat.
Der Begriff, ursprünglich aus den USA in Reaktion auf die steigenden Anforderungen am Arbeitsplatz, wurde schon in den 1980er Jahren populär, als Arbeitnehmer begannen, mehr Wert auf ihre Lebensqualität zu legen. In vielen Ländern wurde die Vorstellung seitdem bereits erfolgreich umgesetzt, wobei einige Nationen besonders hervorstechen. Vor allem skandinavische Länder wie zum Beispiel Schweden, Norwegen und Dänemark, sind für ihre fortschrittlichen Arbeitszeitmodelle und familienfreundliche Politik bekannt.
Deutsche Firmen: Noch Verbesserungspotenzial
In Deutschland ist das Thema im Fokus von Firmen, doch es gibt noch erheblichen Raum für Verbesserungen. Viele deutsche Unternehmen bieten Maßnahmen wie flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Teilzeitmodelle, Sabbaticals und familienfreundlichen Arbeitsbedingungen an, doch das Konzept wird nicht flächendeckend von Firmen angewandt. In einer Mai 2024 Studie von Protime – einem Anbieter von Workforce-Management-Lösungen – bewerteten über die Hälfte der Befragten (55 Prozent) ihre Work-Life-Balance als gut. Allerdings fühlten sich 35 Prozent von den befragten Teilnehmer ständig erreichbar, was bei über der Hälfte (55 Prozent) zu Burnout-Symptomen führte.
Insgesamt 2.048 Beschäftigte in Deutschland wurden zu Themen wie Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Erreichbarkeit und Pausenzeiten befragt. Die wichtigsten Erkenntnisse der Protime-Studie:
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Flexibilität am Arbeitsplatz: 68 Prozent der Befragten schätzen flexible Arbeitszeiten.
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Work-Life-Balance: 55 Prozent bewerten ihre Work-Life-Balance als gut.
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Erreichbarkeitsdruck: 35 Prozent der Belegschaft fühlen sich ständig erreichbar, was häufig zu Burnout-Symptomen führt (55 Prozent).
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Arbeitsstress führt bei der Hälfte der Befragten (50 Prozent) dazu, dass sie während ihres Urlaubs oder ihrer freien Zeit krank werden.
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Überstunden: 48 Prozent fühlen sich unter Druck gesetzt, Überstunden zu machen.
Generation Z und Millennials: Work-Life-Balance hat höchste Priorität
Die Generation Z und Millennials haben sich durchgesetzt: Sie erwarten einen Arbeitsplatz, an dem Flexibilität selbstverständlich ist, an dem sie sich wertgeschätzt fühlen und auch das Gefühl haben, etwas zu bewirken. Diese Generationen priorisieren ihre mentale Gesundheit und versuchen, ihr Leben entsprechend zu gestalten.
Das „2024 Gen Z and Millenial Survey“ des Finanzunternehmens Deloitte hat dazu 22.000 Teilnehmende befragt. Demnach hat die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (Work-Life-Balance) oberste Priorität, weil laut den Befragten lange Arbeitszeiten Stress verursachen. Deloitte zufolge gaben fast neun von zehn Gen Z und Millennials an, dass der Zweck sehr wichtig für ihre Arbeitszufriedenheit ist. Immer häufiger lehnen sie Arbeit oder Arbeitgeber ab, die nicht mit ihren Werten übereinstimmen.
Wie geht eine gute Work-Life-Balance?
Viele deutsche Arbeitnehmer würden sich so zu dem Thema so äußern: „Leichter gesagt als getan.“ Am Arbeitsplatz Grenzen setzen, um das Privatleben vom Berufsleben gut zu trennen. Wie ist das machbar? Warum ist es so schwer, eine gute Work-Life-Balance zu erreichen, was ist eine gute und was eine schlechte Balance und wie kann man sie verbessern? Wir beantworten diese Fragen aus der Sicht des Arbeitnehmers, gehen aber auch der Frage nach, wie Firmen ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben fördern können.
Definition: Work-Life-Balance
Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geht es um eine neue, intelligenten „Verzahnung von Arbeits- und Privatleben vor dem Hintergrund einer veränderten und sich dynamisch verändernden Arbeits- und Lebenswelt." Zu den integrierten Konzepten für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gehören eine angepasste Arbeitsorganisation und Modelle zur Flexibilisierung des Arbeitsplatzes, wie Telearbeit, Managementrichtlinien und andere präventive Gesundheitsdienste für Arbeitnehmer.
„Betriebliche Work-Life-Balance-Maßnahmen zielen darauf ab, erfolgreiche Berufsbiographien unter Rücksichtnahme auf private, soziale, kulturelle und gesundheitliche Erfordernisse zu ermöglichen. Ein ganz zentraler Aspekt in dieser grundsätzlichen Perspektive ist die Balance von Familie und Beruf,“ so das Ministerium.
Beispiele einer gesunden Work-Life-Balance
Wie sieht eine gesunde Work-Life-Balance aus? Wie macht man es richtig? Laut dem Guardian legen Arbeitsplatzkulturen, die ein ausgewogenes Work-Life-Balance Verhältnis schaffen, auch Wert auf das Leben außerhalb des Arbeitsplatzes. Dazu kann gehört zum Beispiel, die Mittagspause für Sport oder ruhige, besinnliche Momente zu nutzen oder Zeitfenster für Besprechungen strikt einzuhalten. Auch wichtig ist, pünktlich in den Feierabend zu gehen, arbeitsbezogene Geräte nach Feierabend auszuschalten und die Wochenenden und Abende so einteilen, dass sie für das Privatleben reserviert sind.
Was ist eine schlechte Work-Life-Balance?
„Workaholism“ oder Überarbeitung hingegen bedeutet von der Arbeit so besessen zu sein, dass man körperlich erschöpft ist, so die britische Tageszeitung. Dies kann sich negativ auf Beziehungen, Familie und Sozialleben auswirken. Überarbeitung kann wie eine Wahl klingen, aber laut Ergebnissen einer National Health Service -Studie, ist es nicht etwas, was Arbeitnehmer immer unter Kontrolle haben oder genießen.
Anzeichen für eine schlechten Work-Life-Balance sind zum Beispiel: Den vollen Urlaubsanspruch nicht nutzen und dass Gefühl haben, abends und an den Wochenenden arbeiten zu müssen, um die Arbeitslast zu bewältigen. Das führt dazu, dass wenig Zeit für persönliche Angelegenheiten, Hobbys und Zeit mit Freunden und Familie bleibt. Mit anderen Worten: Die Arbeit übernimmt und die Selbstfürsorge tritt in den Hintergrund.
Wie kann man seine Work-Life-Balance verbessern?
Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben zu schaffen, kann schwierig sein. Allerdings gibt es einige einfache Verhaltensänderungen, die helfen können:
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Grenzen setzen: Die strikte Einhaltung von Arbeits- und Freizeit ist eine wichtige Voraussetzung für ein ausgewogenes Verhältnis - und es beginnt damit, dass man sich Grenzen setzt, wie man seine Zeit insgesamt verbringt.
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Flexibilität: Die Planung, wann und wie man arbeitet, ist ein gesunder Lebensstil. Die Freiheit, seine Zeit selbst zu planen, ist wertvoll für Arbeitnehmer, die ihre Work-Life-Balance unter Kontrolle halten wollen.
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Technologien nutzen: Es hilft, digitale Tools, die helfen um Aufgaben zu organisieren und effizienter zu arbeiten, zu benutzen um damit Stress zu reduzieren. Auch Technologien zum Abschalten können hilfreich sein: Apps können dazu beitragen, schlechte Bildschirmzeit-Gewohnheiten zu durchbrechen und zum Beispiel das Checken von E-Mails außerhalb der Arbeitszeit zu stoppen.
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Zeitplanung hilft, um berufliche persönliche Verpflichtungen jede Woche und jeden Tag zu organisieren (auch Zeit für Entspannung und Freizeitaktivitäten).
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Offene Kommunikation: Mit dem Arbeitgeber und Kollegen über Bedürfnisse und Herausforderungen sprechen um Missverständnisse zu vermeiden und Lösungen zu finden.
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Auszeit: Erholung ist ein wichtiger Teil eines gesunden Lebensstils. Wohlfühltage, Urlaubsansprüche und Mittagspausen sind einige der einfachsten Möglichkeiten, sich selbst und seine persönlichen Bedürfnisse zu überprüfen. Auch regelmäßigen Urlaub nehmen und den vollen jährlichen Arbeits-Urlaubsanspruch zu benutzen sind wichtig.
Wie können Firmen eine bessere Work-Life-Balance fördern?
Eine gesunde Work-Life-Balance kann am Arbeitsplatz erreicht werden, wenn gute Gewohnheiten Teil der Firmenkultur werden. Hier sind einige Tipps, wie Unternehmen den richtigen Ton treffen können: Die Geschäftsführung sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Das kann so einfach sein wie das pünktliche Verlassen des Arbeitsplatzes, das Nichtbeantworten von E-Mails nach Feierabend oder die Einbeziehung von Sport in die wöchentliche Mittagsroutine.
Andere Beispiele sind: Flexible Arbeitszeiten fördern – dies trägt dazu bei, dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, geschätzt zu werden und sich zutrauen, ihre Zeit selbst zu verwalten. Außerdem sind Wellness-Maßnahmen wichtig: Fortbildungsprogramme, Bildungsurlaub und Sabbaticals sind nur einige der Maßnahmen, mit denen Unternehmen zeigen können, dass ihnen das Wohlbefinden der Mitarbeiter am Herzen liegt.
Arbeit und Privatleben: Gleichwertige Bestandteile eines glücklichen Lebens
Als Gesellschaft steht Wellness im Allgemeinen im Rampenlicht und die Vorteile einer guten Work-Life-Balance beginnen in die Arbeitsplatzkultur vorzudringen. Seit kurzem, dank der Generation Z und den Millennials, werden Arbeit und Privatleben nicht mehr als getrennte, sondern als gleichwertige Bestandteile eines erfolgreichen und glücklichen Lebens betrachtet.
Dies sind positive Entwicklungen – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber, denn eine bessere Work-Life-Balance führt zu einer zufriedeneren Belegschaft und damit zu einer höheren Produktivität. Es liegt an jedem von uns, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, um eine gesunde Work-Life-Balance zu erreichen und sich dadurch glücklicher zu fühlen!