Technologie

Gefahr Solaranlage: Kann China Photovoltaik in Deutschland abschalten?

Viele deutsche Haushalte setzen auf Solarenergie – doch wie sicher ist diese? Eine Recherche zeigt: Über chinesische Wechselrichter könnten Anlagen aus der Ferne abgeschaltet werden. Experten warnen vor einer neuen Energie-Abhängigkeit, die im Ernstfall die deutsche Stromversorgung gefährden könnte.
05.03.2025 16:17
Aktualisiert: 05.03.2025 16:17
Lesezeit: 3 min

Gefahr Solaranlage – kann China sie steuern?

Im ersten Halbjahr 2024 stammten 47 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms aus Wind- und Sonnenenergie – letztere sowohl von öffentlichen als auch privaten Solaranlagen.

Eine Steckersolaranlage auf dem Balkon und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach oder Carport: Viele Verbraucher setzen verstärkt auf erneuerbare Energie und streben damit Autarkie oder zumindest Unabhängigkeit von großen Energielieferanten an. Doch eine brisante Recherche der ZDF-Redaktion Umwelt zeigt, dass deutsche Haushalte, die auf Solarenergie setzen, womöglich weniger frei sind als gedacht. Denn China könnte Solaranlagen womöglich per Fernsteuerung abschalten - und so die Stromproduktion in Deutschland sabotieren.

Über achtzig Prozent der Anlagen kommen aus China

Das Abregeln der Solaranlagen kann über sogenannte Wechselrichter erfolgen. Ein Wechselrichter wandelt den von den Solarmodulen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom um, der dann ins Netz eingespeist wird. Über diese Wechselrichter können Hersteller die Solaranlagen steuern – etwa für Updates. Das Problem: Mehr als achtzig Prozent der Photovoltaikanlagen samt Wechselrichtern stammen von chinesischen Firmen - und wird in der Regel per WLAN verbunden. Der Markt wird also zunehmend von China dominiert. Anbieter wie Deye, Huawei, Sungrow oder Ginlong Solis bieten ihre Wechselrichter bis zu fünfzig Prozent günstiger an als deutsche Hersteller.

Diese Preisersparnis birgt jedoch Risiken, wie die ZDF-Redaktion Umwelt aufdeckt. Im Ernstfall könnte China die Technik fernsteuern und abschalten – beispielsweise in einer politischen Krise. Peking hätte dann theoretisch die Möglichkeit, ganze Solaranlagen in Deutschland zu deaktivieren – nicht nur jene von Privathaushalten, sondern auch solche, die eine essenzielle Rolle in der deutschen Energieversorgung spielen.

Erhebliches Sicherheitsrisiko für kritische Infrastruktur

Stephan Liese vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg warnt: "Wir laufen gerade in eine genauso große, wenn nicht gar noch größere Abhängigkeit bei der Energieversorgung mit Erneuerbaren wie vor ein paar Jahren mit dem Erdgas." Nur wolle das bislang kaum jemand wahrhaben. Im Zweifelsfall könnten plötzlich mehrere Gigawatt aus dem deutschen Stromnetz fallen, was je nach Situation schwer zu kompensieren wäre.

Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sieht ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die kritische Infrastruktur. Die Bundesnetzagentur in Bonn teilt mit, sie nehme "diese möglichen Risiken zentralisierter Steuerungsmöglichkeiten sehr ernst". Pressesprecherin Ulrike Platz betont jedoch, dass Vorkehrungen getroffen worden seien: "Wenn mehrere Gigawatt Anlagenleistung gleichzeitig ausfallen, greifen zahlreiche Sicherungssysteme, um das Stromnetz rasch zu stabilisieren."

China auch bei Windkraft auf dem Vormarsch

Auch im Bereich der Windkraft drängt China verstärkt in den europäischen Markt. Chinesische Hersteller bieten Windkraftanlagen zu deutlich günstigeren Preisen als europäische Unternehmen an und gewähren zudem Zahlungsaufschübe über mehrere Jahre, so die Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Bärbel Heidebroek.

Neun der fünfzehn weltweit größten Hersteller von Windkraftanlagen sind mittlerweile chinesisch. In Europa spielt China in der Windkraft bislang eine untergeordnete Rolle. Sollte sich das ändern, könnten chinesische Windkraftanlagen ebenfalls von ihren Herstellern ferngesteuert und deaktiviert werden. Auch Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte auf dem Energiewende-Kongress vor China und anderen Herstellern: "Geopolitik und Energiewirtschaft werden immer stärker miteinander verzahnt. Wir müssen aufpassen, was wir uns ins Land holen. Ob in Autos, Solaranlagen oder Windrädern – wer hört mit, wer liest Daten aus, wer hat Einfluss auf den Betrieb. Das ist eine Gefahr, die unterschätzt wird."

Fachwelt: Versorgungssicherheit gefährdet

Der Verband für den Energieanlagenbau, VDMA Power Systems, fordert, dass deutsche Behörden die Technik gemeinsam mit Herstellern und Dienstleistern genau prüfen sollten. Falls ein sicherer Betrieb nicht gewährleistet werden kann, sollten Behörden den Einsatz entsprechender Anlagen untersagen können, so ein Verbandssprecher. Letztlich seien politische Entscheidungen erforderlich.

In der Fachwelt herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass zu viele asiatische Geräte im deutschen Stromnetz verbaut sind, was die Versorgungssicherheit gefährden könnte. Die bestehenden Kapazitäten, die das Stromnetz im Fehlerfall stabilisieren sollen, könnten irgendwann an ihre Grenzen stoßen. Die Frage sei nur: Wann?

Tipps für die Solaranlage auf dem Dach

Den Wechselrichter der PV-Anlage einfach nicht mit dem Internet verbinden – das heißt: keine WLAN-Verbindung nutzen, sondern Open-Source-Software einsetzen. Diese spricht den Wechselrichter über ein Kabel an, sodass die Daten im lokalen Netzwerk bleiben – ganz ohne Internetzugriff. Die Einspeiseleistung kann mit einem smarten Energiemessgerät lokal abgerufen werden, ohne dass der Wechselrichter jemals ins eigene Netzwerk und damit ins Internet gelangt.

Lokale Systeme statt World Wide Web

"Man sollte sich aber klarmachen, dass ähnliche Probleme auch durch andere große Verbraucher und sämtliche Cloud-basierten Systeme entstehen könnten. Alles, was über das Internet ferngesteuert werden kann, birgt potenziell ein gewisses Risiko. Das gilt generell", erklärte "Akku-Doktor" Andreas Schmitz "t-online.de". Er empfehle daher, generell keine privaten Daten hochzuladen und Geräte möglichst nicht über das Internet zu steuern: "Abhilfe schaffen hier hauptsächlich lokale Systeme."

Und wie wahrscheinlich ist das vom ZDF aufgedeckte Szenario einer Bedrohung durch Hackerangriffe? Schmitz erklärt: „Die Geräte sind ja alle unterschiedlich beziehungsweise von unterschiedlichen Herstellern oder mit verschiedenen Versionen. Es gibt also eine große Diversifikation, sodass eine großflächige bösartige Steuerung erschwert wird.“ Gleichzeitig räumt er ein: „Natürlich ist es aber nicht unmöglich, da es durchaus Hersteller gibt, die sehr beliebt und verbreitet sind.“

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Maximilian Modler berichtet über spannende Entwicklungen aus den Bereichen Energie, Technologie - und über alles, was sonst noch für die deutsche Wirtschaft relevant ist. Er hat BWL, Soziologie und Germanistik in Freiburg, London und Göteborg studiert. Als freier Journalist war er u.a. für die Deutsche Welle, den RBB, die Stiftung Warentest, Spiegel Online und Verbraucherblick tätig.

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