Panorama

Ausbildung im Bestattungswesen: Wo Handwerk auf Medizin- und BWL-Studium trifft

In einer Kleinstadt in Unterfranken lernen junge Menschen in einem Ausbildungszentrum den vielseitigen Beruf des Bestatters. Neben handwerklichen Fähigkeiten werden auch psychologische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt. Der Bundesverband Deutscher Bestatter fordert angesichts der wachsenden Anforderungen und der fehlenden Regulierung eine Meisterpflicht, um den professionellen Umgang mit Verstorbenen sicherzustellen. Nachwuchsprobleme hat die Branche nicht.
26.03.2025 07:20
Lesezeit: 2 min

In der nordbayerischen Kleinstadt Münnerstadt herrscht meist eine beschauliche und ruhige Atmosphäre – vielleicht gerade deshalb ist der Ort für Bestattungsinstitute aus ganz Deutschland von großer Bedeutung. Hier lernen junge Menschen aus allen Teilen des Landes den Beruf des Bestatters oder der Bestatterin, wobei mittlerweile mehr als die Hälfte der Auszubildenden weiblich ist, wie Stephan Neuser vom Bundesverband Deutscher Bestatter berichtet. Der Verband betreibt das Bundesausbildungszentrum der Bestatter in Unterfranken.

"Manche Menschen sind eher abgeschreckt, wenn ich von meiner Berufswahl erzähle. Andere finden es cool", sagt die 18-jährige Belinda Beck. Schon als Zwölfjährige hatte sie erkannt, dass das Bestattungswesen ein Beruf für sie sein könnte. "Als meine Uroma starb, fand ich es spannend, wie es nun weitergeht", erzählt Beck. Auch Azubi-Kollege Nils Angerbauer hat eine persönliche Verbindung zum Beruf: Schon sein Bruder war Bestatter und seine Mutter Seelsorgerin.

Ausbildung zum Bestatteter: Zwischen Medizin- und BWL-Studium, Leichen-Aufbereitung und Baggerkurs

Der Beruf des Bestatters ist äußerst vielseitig, wie sich auch im Ausbildungszentrum zeigt. Einige Azubis tragen Nadelstreifenanzüge, andere kommen in Arbeitshosen und Hoodies. Handwerkliche Fertigkeiten gehören ebenso dazu wie Psychologie, Recht, Betriebswirtschaftslehre, medizinisches Wissen, Veranstaltungsorganisation und Kreativität. Im Ausbildungszentrum befinden sich unter anderem eine Werkstatt für Sargausbauten, ein Hygieneraum für die Aufbereitung von Leichen und eine kleine Kapelle, in der die Azubis lernen, wie sie eine Trauerfeier individuell gestalten können.

In den Seminarräumen erfahren die angehenden Bestatterinnen und Bestatter, wie sie Beratungsgespräche führen, was psychologisch bei Trauer passiert und welche rechtlichen Aspekte sie beachten müssen, etwa bei Überführungen in andere Länder. Ein weiterer Bestandteil der Ausbildung ist der Umgang mit einem Bagger, da Bestatter an einigen Orten auch die Gräber ausheben. Zudem müssen sie sich auf unterschiedliche religiöse Bedürfnisse der Hinterbliebenen einstellen.

Bestattungs-Branche mangelt es nicht an Nachwuchs

Laut Neuser vom Bundesverband Deutscher Bestatter ist die Vielseitigkeit des Berufs einer der Gründe, weshalb es nicht an Nachwuchs mangelt. "Auch der häufig sehr persönliche Kontakt zu Angehörigen der Verstorbenen motiviert viele." Derzeit gibt es rund 1000 Auszubildende im Bereich Bestattung. Das Ausbildungszentrum soll deshalb vergrößert werden, um die Nachfrage zu decken.

Trotz der hohen Anforderungen an den Beruf ist er wenig reguliert. Seit 2020 ist er als Vollhandwerk anerkannt, doch die Berufsbezeichnung Bestatter ist nicht geschützt. Jeder könne sich einen Gewerbeschein besorgen und sich als Bestatter selbstständig machen. Der Verband fordert deshalb eine Meisterpflicht. "Das ist auch in Hinblick auf Pandemien und Gefahrenabwehr wichtig", erklärt Neuser, da Tote weiterhin infektiös sein könnten und der richtige Umgang mit ihnen erlernt werden müsse.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...