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Steuerentlastung 2025: Was geplant ist und wie Firmen sich vorbereiten können

Mit der Bundestagswahl im Februar 2025 richteten sich viele Hoffnungen auf die neue Regierung unter Führung von Friedrich Merz (CDU/CSU). Die Union versprach eine umfassende Steuerreform, die Unternehmen und Privathaushalte spürbar entlasten sollte. Doch wie belastbar sind diese Ankündigungen wirklich – insbesondere, wenn 89 Milliarden Euro fehlen?
11.04.2025 12:41
Lesezeit: 4 min
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Steuerentlastung für die Mitte: Ein Versprechen ohne Substanz?

Steuern runter, Investitionen rauf – so liest sich das steuerpolitische Versprechen der neuen Regierung. Konkret geht es um eine Einkommenssteuerreform, eine Erhöhung der Pendlerpauschale und verbesserte Rahmenbedingungen für Unternehmer. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir werden sofort nach Regierungsübernahme spürbare Anreize für unternehmerische Investitionen in Deutschland setzen. Wir steigen in der kommenden Legislaturperiode in eine Unternehmenssteuerreform ein."

Bereits jetzt können Unternehmer etwas vorplanen. Folgende Tipps können nun von Firmen umgesetzt werden, um auf den Fall der Fälle vorbereitet zu sein.

  • Investitionsentscheidungen optimieren: Wenn die geplante Steuerreform tatsächlich in Kraft tritt, könnten Unternehmen von verbesserten Abschreibungsbedingungen und einer attraktiveren steuerlichen Forschungszulage profitieren. Unternehmer sollten daher schon jetzt prüfen, ob geplante Investitionen in Technologie, Forschung oder nachhaltige Projekte steuerlich optimiert werden können.

  • Steuerliche Planung anpassen: Eine Senkung des Unternehmenssteuersatzes auf 25 Prozent könnte viele Unternehmen entlasten. Unternehmer sollten ihre Steuerstrategien überdenken und sich bereits mit Steuerberatern darüber austauschen, wie sie ihre Steuerlast effektiv gestalten können, um von den geplanten Änderungen zu profitieren.

Wahlversprechen im Faktencheck: Wer profitiert wirklich?

Käme die angekündigten Reformen tatsächlich, würden die geplanten Entlastungen für verschiedene Einkommensgruppen laut Steuerzahlerbund zwischen 10-Prozent (Gutverdiener) und 14-Prozent (für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen) ausmachen. Besonders profitieren soll eine Familie mit zwei Kindern und einem gemeinsamen Bruttoeinkommen von 78.000 Euro im Jahr – sie hätte laut Berechnungen jährlich 1.236 Euro mehr zur Verfügung. Für einen kinderlosen Single mit einem Jahresbrutto von 48.000 Euro würde sich eine Jahressteuerentlastung von 893 Euro ergeben. Auch hier können Unternehmen vorplanen:

  • Liquiditätsplanung: Durch mögliche Steuererleichterungen könnten Unternehmen zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen. Eine zeitgerechte Überprüfung und Anpassung der Liquiditätsplanung ist ratsam, um von diesen Vorteilen zu profitieren, vor allem, wenn Steuerrückerstattungen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollten.

  • Vorbereitung auf Unsicherheit: Da die Reformen noch nicht konkretisiert sind, sollten Unternehmer mit einem gewissen Maß an Unsicherheit rechnen. Es ist ratsam, Szenarien zu entwickeln, wie sich verschiedene Steuerreformen (von moderaten bis zu radikaleren Maßnahmen) auf das Unternehmen auswirken könnten. Unternehmer sollten ihre Finanzstrategie so flexibel wie möglich gestalten.

Bei der Unternehmensbesteuerung plant die CDU/CSU ebenfalls eine deutliche Entlastung: Der maximale Unternehmenssteuersatz soll auf 25-Prozent sinken. Zudem sollen Investitionen durch verbesserte Abschreibungsbedingungen und eine Weiterentwicklung der steuerlichen Forschungszulage attraktiver werden.

Steuerreform: Großes Vorhaben – kleine Schritte?

Das klingt ambitioniert. Doch konkrete Gesetzesinitiativen, Zeitpläne oder verbindliche Eckpunkte? Fehlanzeige. Die bisherigen Aussagen sind lediglich Richtungsangaben. Die konkrete Ausgestaltung wird erst im Rahmen der aktuell laufenden Koalitionsverhandlungen erfolgen. Nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 begannen CDU/CSU und SPD mit Sondierungsgesprächen. Am 8. März folgten die formellen Koalitionsverhandlungen, die derzeit in 16 Arbeitsgruppen mit insgesamt 256 Mitgliedern geführt werden. Die finalen steuerpolitischen Beschlüsse dürften erst nach Abschluss dieser Gespräche vorliegen.

Dabei zeigt ein Blick zurück: Große Steuerreformen haben in Deutschland selten leichtes Spiel. Bereits 2019 stellte die Union ein umfassendes Konzept zur Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts vor – es scheiterte am Widerstand des damaligen Koalitionspartners SPD. Und auch heute zeigen sich alte Gräben: Die CDU favorisiert pauschale Steuersenkungen, die SPD setzt auf gezielte Fördermaßnahmen. Ein Durchbruch ist offen. Unternehmer sollten dazu bereits folgende Überlegungen zur Gegenfinanzierung und zu Risiken anstellen:

  • Rücklagenbildung und Risikomanagement: Unternehmer sollten sich nicht nur auf die angekündigten Entlastungen verlassen, sondern auch auf mögliche Risiken vorbereitet sein. Sollte die Finanzierung der Reformen über neue Abgaben oder Steuern erfolgen, könnte dies Unternehmen zusätzlich belasten. In solchen Fällen wäre es ratsam, Rücklagen zu bilden, um potenzielle Belastungen abzufedern.

  • Finanzierung von Reformen: Die Frage, wie die Steuerreformen finanziert werden, bleibt offen. Unternehmer sollten sich darauf einstellen, dass eine Finanzierung durch höhere Schulden oder neue Abgaben kommen könnte. Es wäre klug, bereits jetzt zu prüfen, wie ein Unternehmen seine Steuerstrategie anpassen kann, um zusätzliche Belastungen zu minimieren – zum Beispiel durch eine Anpassung der Preisstrategie oder durch Investitionen in Steueroptimierungsstrategien.

Solidaritätszuschlag: Die letzte Bastion der Umverteilung?

Und was ist mit dem Solidaritätszuschlag? Noch zahlen rund sechs Millionen Bürger und 500.000 Unternehmen den Soli. CDU-Politiker Olav Gutting nannte ihn im Wahlkampf eine „verdeckte Unternehmens- und Einkommensteuer“, die nicht nur Wohlhabende trifft, sondern auch Selbstständige und kleine Handwerksbetriebe belastet. „Das sind nicht alles die Superreichen“, so Gutting.

Dass eine baldige Abschaffung kommt, ist wohl spätestens nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Ende März 2025 ausgeschlossen. Der fortgesetzte Soli in seiner aktuellen Form sei nicht verfassungswidrig, hieß es im Gerichtsurteil.

89 Milliarden fehlen – und keiner sagt, woher das Geld kommen soll

Apropos Einnahmen – bei all den Plänen bleibt auch die Finanzierung der Steuerreformen ein ungelöstes Problem. Laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) summieren sich die geplanten Entlastungen auf bis zu 89 Milliarden Euro. Doch woher das Geld kommen soll, bleibt unklar. Der Koalitionsvertrag schweigt zu Einschnitten, neuen Einnahmequellen oder Gegenfinanzierungen. Die Sorge: Kommen die Reformen tatsächlich, könnten sie an anderer Stelle teuer bezahlt werden – durch neue Schulden, höhere Abgaben oder Einschnitte bei Sozialleistungen. Auch eine Reform von Rente oder Mehrwertsteuer ist nicht ausgeschlossen. Die vorausschauende Planung für Firmen und Unternehmer könnte so aussehen:

  • Reformvorausschau: Unternehmer sollten sich auf mögliche Steuererhöhungen oder neue Abgaben vorbereiten, um ihre finanzielle Planung stabil zu halten. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit möglichen Veränderungen im Mehrwertsteuerrecht oder anderen relevanten Steuerbereichen könnte langfristig entscheidend sein.

Viel Lärm um nichts? Der Mittelstand zahlt – und wartet

Dies zeigt: Die Steuerpläne der CDU/CSU klingen zunächst wie ein Befreiungsschlag für Unternehmen und Familien. Doch bisher ist nichts davon beschlossen. Vieles ist umstritten, die Finanzierung offen. Solange die Politik keine belastbaren Konzepte liefert, bleibt dem Mittelstand nur die Hoffnung – oder der Frust. Denn wie so oft droht auch 2025: Großer Ankündigungswille, minimale Umsetzung. Wenn die neue Regierung jetzt nicht liefert, riskiert sie nicht nur Vertrauen, sondern auch Wachstum, Innovation und Investitionsbereitschaft. Worte sind genug gefallen. Jetzt braucht es Beweise.

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