Panorama

Orban trifft Netanjahu in Budapest trotz Haftbefehl -und erklärt Rückzug aus Internationalen Strafgerichtshof

Viktor Orbán ignoriert den Haftbefehl, den der Internationale Strafgerichtshof gegen Israels Premier erlassen hat – und heißt ihn in Ungarn willkommen. Eine Festnahme droht dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu in Ungarn nicht. Muss der Strafgerichtshof (IStGH) um seine Glaubwürdigkeit fürchten?
03.04.2025 12:44
Lesezeit: 2 min
Orban trifft Netanjahu in Budapest trotz Haftbefehl -und erklärt Rückzug aus Internationalen Strafgerichtshof
Orbán und Netanjahu pflegen eine enge Beziehung und standen in den vergangenen Jahren immer wieder in Kontakt. (Foto: dpa) Foto: Amos Ben Gershom

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist zu einem Besuch in Budapest eingetroffen. Dies bestätigte der ungarische Verteidigungsminister Kristof Szalay-Bobrovniczky, der Netanjahu am Budapester Flughafen empfing, auf seiner Facebook-Seite.

Netanjahu zu Besuch in Budapest eingetroffen

Es ist die erste Reise Netanjahus nach Europa, seit der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) im vergangenen November wegen des Vorgehens im Gaza-Krieg einen Haftbefehl gegen ihn verhängt hat. Er folgte einer Einladung seines ungarischen Amtskollegen Viktor Orban, der sich an die Bestimmungen des Gerichtshofs nicht gebunden fühlt. Netanjahus Rückreise ist am Sonntag vorgesehen.

Eine Festnahme droht dem israelischen Regierungschef in Ungarn nicht. Orban hatte die Einladung an Netanjahu demonstrativ nach Erlass des Haftbefehls ausgesprochen und diesen als kontraproduktiv und unsinnig abgetan – dabei hat Ungarn das Statut des IStGH selbst ratifiziert. Kritiker werfen dem mit autoritären Methoden regierenden Rechtspopulisten Orban vor, grundlegende Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn ausgehöhlt zu haben und diesen Kurs trotz aller Proteste unbeirrt weiterzuverfolgen.

Israelischen Medienberichten zufolge wird Netanjahu am Donnerstag neben Orban auch den ungarischen Staatspräsidenten Tamas Sulyok treffen. Einzelheiten zu dem Besuch wurden – entgegen den Gepflogenheiten – vorher nicht bekanntgegeben. Auch auf Anfrage äußerte sich das Pressebüro des ungarischen Ministerpräsidenten nicht dazu. Der heikle Charakter des Besuchs angesichts des Haftbefehls gegen Netanjahu liegt auf der Hand.

Zwei Politiker, ein gemeinsames Muster

Orban pflegt seit langem gute Beziehungen zu Netanjahu. Beide Politiker teilen ähnliche Auffassungen über eine möglichst unbeschränkte Regierungsmacht ohne allzu hinderliche Gewaltenteilung. Und beide betrachten eine unabhängige Justiz, eine offene Gesellschaft und freie, kritisch berichtende Medien als Hindernisse für ihre politischen Ambitionen.

Orban unterstützt vorbehaltlos die Vorgangsweise der Regierung Netanjahus im Gaza-Krieg. Als Mitglied der Europäischen Union hat Ungarn immer wieder Resolutionen der EU blockiert, die sich für Waffenruhen und mehr Rücksichtnahme auf die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen aussprachen. Wegen der Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundregeln hat die EU auch einen Teil der europäischen Fördermittel für Ungarn entzogen oder eingefroren.

Baerbock an Ungarn: Schlechter Tag für Völkerstrafrecht

Die geschäftsführende deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat die Weigerung von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban kritisiert, den internationalen Haftbefehl gegen seinen israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu zu vollstrecken. „Das ist ein schlechter Tag für das Völkerstrafrecht“, sagte die Grünen-Politikerin am Rande des Treffens der Nato-Außenminister in Brüssel.

Die europäischen Regeln würden für alle EU-Mitglieder gelten, sagte Baerbock. Sie habe immer wieder deutlich gemacht: „In Europa steht niemand über dem Recht. Und das gilt für alle Bereiche des Rechts.“

Ungarn hatte nach der Ankunft von Netanjahu zu einem Besuch in dem Land angekündigt, es wolle aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) austreten. Der Grundlagenvertrag des IStGH – das sogenannte Römische Statut – sieht vor, dass ein Austritt ein Jahr nach der schriftlichen Kündigung in Kraft tritt.

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