Finanzen

Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den USA ein größerer Bedarf an aktiven Anlagestrategien besteht.
24.04.2025 13:02
Aktualisiert: 24.04.2025 13:07
Lesezeit: 6 min
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Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
US-Anbieter entdecken Europas Boom bei aktiven ETFs (Foto: iStock). Foto: nevarpp

Amerikanische Finanzunternehmen kämpfen um Marktanteile auf dem schnell wachsenden europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs. Diese Investmentfonds, die nicht nur passiv Indizes abbilden, sondern aktiv auf Marktentwicklungen reagieren, sollen in den nächsten Jahren ein Volumen von über einer Billion Dollar anziehen. Laut einer Analyse von Bloomberg Intelligence haben bereits führende US-Anbieter wie JPMorgan, BlackRock, Invesco und Goldman Sachs ihre ersten aktiven ETFs an europäischen Börsen gelistet. Weitere Unternehmen wie State Street Global Advisors und Dimensional Fund Advisors bereiten ihren Markteintritt in Europa vor.

Boomender Markt für aktive ETFs in Europa

Der verstärkte Einstieg der amerikanischen ETF-Anbieter auf den europäischen Markt resultiert aus der Aussicht auf hohe Gewinne in einem noch relativ unerforschten Markt. ETFs machen in Europa bisher lediglich etwa 10 Prozent des Gesamtvermögens aus, das in Fonds investiert ist. In dieser frühen Phase streben die amerikanischen Anbieter an, von der großen Kluft zwischen der Zahl der aktiv gemanagten ETFs in Europa und den USA zu profitieren. In Europa gibt es derzeit rund 340 aktive ETFs, die nicht nur Indizes abbilden, sondern auch aktiv gehandelt werden – deutlich weniger als in den USA, wo etwa 20 Prozent aller ETFs aktiv gemanagt werden.

Die amerikanischen Anbieter möchten sich auf dem europäischen Markt diversifizieren. Hector McNeil, Mitbegründer von HANetf, einem Unternehmen, das Vermögensverwaltern beim Einstieg in den europäischen ETF-Markt hilft, erwartet ein rapides Wachstum bei den aktiven ETFs in Europa. Europäische Finanzgesellschaften seien historisch stärker an aktiven Anlagestrategien interessiert als an passivem Indextracking.

„Die Menschen erkennen zunehmend, dass sie mit ETFs ihr Portfolio absichern können“, so McNeil. Vier der sieben neuen aktiven ETFs, die sein Unternehmen in den kommenden Monaten an europäischen Börsen auflegt, stammen aus den USA.

Prognosen für ein rasantes Wachstum

McNeil prognostiziert, dass das Volumen der aktiven ETFs in Europa von derzeit 56 Milliarden Dollar bis 2031 auf eine Billion Dollar anwachsen wird. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter 50 europäischen Vermögensverwaltern ergab, dass mehr als 90 Prozent von ihnen ein Wachstum der Zahl aktiver ETFs erwarten.

HANetf stellt zudem fest, dass aktives Management in den nächsten fünf Jahren in Europa die passive Anlagestrategie überholen wird. Diese Einschätzungen stimmen mit positiven Prognosen von Unternehmen wie Janus Henderson und Fidelity International überein.

Aktive ETFs als attraktive Alternative

Obwohl ETFs – aktiv oder passiv – in Europa derzeit nur einen kleinen Anteil des Marktes ausmachen, wächst ihre Bedeutung. Etwa drei Viertel des gesamten europäischen Marktes entfallen auf aktiv gemanagte Fonds, was teilweise auf die strengen regulatorischen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist. In Europa bevorzugen viele Anleger aktive Anlagestrategien, da sie mit höheren Gebühren für aktiv gemanagte Produkte verbunden sind.

Die Zahl der aktiven ETFs in Europa ist stark gestiegen. Ende des letzten Jahres gab es bereits 125 aktive ETFs in Europa, 50 davon aus den USA – ein erheblicher Anstieg im Vergleich zu nur 29 im Jahr 2022. Laut Bloomberg Intelligence kamen zwei der zehn neuen Anbieter von aktiven ETFs im vergangenen Jahr aus den USA. „Europa ist ein Paradies für aktive Vermögensverwalter“, erklärt Athanasios Psarofagis von Bloomberg Intelligence. „Die europäischen Märkte sind seit jeher stärker an aktivem Management interessiert. Die Anbieter von ETFs verfolgen nun die Strategie, diesen Trend so lange wie möglich zu nutzen – und Europa ist der ideale Markt dafür.“

Herausforderungen für amerikanische ETF-Anbieter

Der Einstieg amerikanischer ETF-Anbieter in Europa bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. JPMorgan hat beispielsweise viel Zeit und Ressourcen investiert, um die Unterschiede zwischen den amerikanischen und europäischen Märkten zu verstehen und in seine ETF-Strategie einzubeziehen. Travis Spence, globaler Leiter der ETF-Sparte bei JPMorgan, beschreibt die Expansion in Europa als eine „natürliche Erweiterung der Unternehmensstrategie“, hebt jedoch hervor, dass der europäische Markt von einer anderen Anlegerbasis dominiert wird. In den USA spielen hauptsächlich Privatanleger eine wichtige Rolle, während in Europa große institutionelle Anleger und vermögende Privatpersonen den Markt prägen.

Eine weitere Herausforderung für amerikanische Anbieter ist die unterschiedliche regulatorische Landschaft in den einzelnen europäischen Ländern. Diese erfordert eine sorgfältige Anpassung der Geschäftsstrategie. So musste das US-Unternehmen Roundhill Investments seinen ETF für metaverse-basierte Technologieunternehmen nach nur 20 Monaten schließen, da es nicht mehr als zwei Millionen Dollar an Investitionen sammeln konnte.

Der europäische Markt für aktive ETFs bietet Potenzial, aber auch Risiken

Für amerikanische Anbieter stellt der europäische Markt zweifellos eine attraktive Möglichkeit dar, insbesondere im Bereich der aktiven ETFs. Die steigende Nachfrage nach aktiven Anlagestrategien und die zunehmende Akzeptanz aktiver ETFs in Europa eröffnen große Chancen. Allerdings müssen die Anbieter die Besonderheiten des Marktes und die unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen in Europa genau verstehen, um langfristig erfolgreich zu sein. Der Wettbewerb wird intensiver, aber der europäische Markt bietet weiterhin Potenzial für weiteres Wachstum.

Was unterscheidet aktive von passiven ETFs?

Passive ETFs (Exchange Traded Funds) verfolgen das Ziel, einen bestimmten Index – wie den DAX, den S&P 500-Index oder MSCI World-Index – möglichst exakt nachzubilden. Die Zusammensetzung des Fonds spiegelt also einfach die Struktur des abgebildeten Aktienindex wider. Die Kosten sind in der Regel niedrig, da keine aktiven Anlageentscheidungen getroffen werden. Aktive ETFs hingegen versuchen, durch gezielte Auswahl von Aktien, Anleihen oder anderen Wertpapieren eine bessere Performance als ein Vergleichsindex zu erzielen. Das Fondsmanagement analysiert Märkte, Trends und Unternehmen, um proaktiv Chancen zu nutzen oder Risiken zu vermeiden. Die Fondszusammensetzung kann daher laufend angepasst werden.

Wichtig ist, dass aktive ETFs nicht mit aktiv gemanagten Investmentfonds gleichzusetzen sind, obwohl sie grundsätzlich dasselbe Ziel verfolgen: Sie möchten durch gezielte Auswahl von Wertpapieren eine bessere Rendite erzielen als ein bestimmter Vergleichsindex oder der Gesamtmarkt. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch in der Struktur, Transparenz, Kosten und Handelbarkeit dieser beiden Anlageformen.

Aktiver ETF und aktiv gemanagter Investmentfonds: Unterschiede

Ein aktiver ETF wird wie eine Aktie an der Börse gehandelt. Anleger können ihn also jederzeit während der Handelszeiten kaufen oder verkaufen – zu aktuellen Marktpreisen. Dadurch ist der Preis des ETFs im Tagesverlauf ständig sichtbar. Im Gegensatz dazu können Anteile an einem klassisch aktiv gemanagten Investmentfonds in der Regel nur einmal pro Tag über die Fondsgesellschaft erworben oder zurückgegeben werden, und zwar zum sogenannten Nettoinventarwert (NAV), der erst am Ende des Handelstags berechnet wird. Das macht den Investmentfonds weniger flexibel und weniger transparent in Bezug auf Preisbildung.

Auch bei der Offenlegung der gehaltenen Wertpapiere gibt es Unterschiede: Aktive ETFs veröffentlichen häufig ihre Portfoliobestände tagesaktuell oder zumindest wöchentlich, während klassische Fonds diese Informationen oft nur monatlich oder quartalsweise bereitstellen. Dadurch können Anleger bei ETFs genauer nachvollziehen, worin sie investieren.

Ein weiterer Unterschied betrifft die Kostenstruktur. Aktive ETFs sind in der Regel günstiger als aktiv gemanagte Fonds, da sie zwar aktiv verwaltet werden, aber oft effizienter strukturiert sind. Während die laufenden Kosten bei aktiven ETFs meist zwischen 0,3 Prozent und 0,8 Prozent jährlich liegen, verlangen klassische aktive Fonds oft zwischen 1,5 Prozent und 2,5 Prozent pro Jahr. Hinzu kommen bei aktiv gemanagten Fonds teilweise noch Ausgabeaufschläge oder Rücknahmegebühren, die bei ETFs entfallen.

Inhaltlich unterscheiden sich die Produkte nicht zwangsläufig stark. Beide können ähnliche Anlagestrategien verfolgen, etwa mit Fokus auf bestimmte Branchen, Regionen oder Anlageklassen. Allerdings sind aktive ETFs häufig thematisch fokussierter und innovativer – zum Beispiel mit Schwerpunkten auf Klimaschutz, Künstlicher Intelligenz oder demografischem Wandel. Klassische Fonds setzen hingegen häufiger auf breit gestreute, traditionelle Strategien mit längerem historischen Track Record.

Für Anleger bedeutet das: Wer Wert auf Flexibilität, niedrige Kosten und hohe Transparenz legt, ist mit einem aktiven ETF gut beraten. Diese eignen sich besonders für Anleger, die eigenständig handeln und ihr Portfolio aktiv steuern wollen. Wer hingegen auf etablierte Fondsmanager mit bewährten Strategien setzt und keinen täglichen Handelsbedarf hat, findet möglicherweise im klassischen aktiv gemanagten Fonds die passende Lösung – auch wenn das mit höheren Kosten und geringerer Transparenz verbunden ist. Letztlich hängt die Entscheidung von den individuellen Anlagezielen, der Risikoneigung und dem gewünschten Maß an Kontrolle ab.

Vorteile aktiver ETFs für Anleger

Der zentrale Vorteil liegt in der Flexibilität: Aktive ETFs können auf Marktveränderungen reagieren und etwa bei fallenden Kursen in sichere Anlagen umschichten. Sie sind besonders interessant in volatilen oder unsicheren Marktphasen, in denen passives Index-Investing Schwächen zeigen kann. Für Anleger, die sich nicht selbst um Marktanalysen kümmern möchten, bieten aktive ETFs eine Möglichkeit, professionelles Management zu nutzen – oft mit größerer Transparenz und Liquidität als klassische aktive Fonds.Außerdem kombinieren aktive ETFs potenziell das Beste aus zwei Welten: die Strategie eines aktiv gemanagten Fonds mit der Handelsflexibilität und Kostenstruktur eines ETFs. Sie werden wie Aktien an der Börse gehandelt, was jederzeit Käufe und Verkäufe erlaubt.

Aktive ETFs: Nachteile und Risiken

Trotz der Vorteile sollten Anleger auch die Kehrseite betrachten: Aktive ETFs sind teurer als passive, da das Management aufwendiger ist. Die höheren Kosten können einen Teil der erzielten Überrenditen aufzehren – falls diese überhaupt erzielt werden. Denn nicht jeder aktive Fonds schlägt den Markt, und selbst erfahrene Fondsmanager liegen oft daneben. Hinzu kommt, dass die Bewertung der Qualität des aktiven Managements nicht einfach ist – vergangene Erfolge sind keine Garantie für künftige Ergebnisse.

Was bedeutet der Aufschwung aktiver ETFs für Anleger?

Für Anleger ist die zunehmende Auswahl an aktiven ETFs in Europa grundsätzlich positiv. Sie erweitert das Produktspektrum und ermöglicht differenziertere Anlagestrategien – etwa mit Fokus auf bestimmte Themen (z. B. Nachhaltigkeit, Technologie) oder Regionen. Gleichzeitig steigt der Wettbewerbsdruck unter den Anbietern, was langfristig auch zu sinkenden Kosten führen könnte.

Allerdings ist es wichtig, die neuen Angebote sorgfältig zu prüfen. Nicht jeder aktive ETF ist automatisch besser. Anleger sollten auf Transparenz, Strategie, Track Record und Kosten achten – und sich bewusst machen, ob sie eher auf langfristige Indexnachbildung oder auf gezieltes Management setzen möchten.

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