Unternehmen

Scheitern als Strategie: Wie ein US-Forscher Unternehmer lehrt, aus Fehlern Kapital zu schlagen

US-Professor Dean Shepherd zeigt, wie Misserfolg zum unternehmerischen Wendepunkt wird – und warum nur wer fällt, wirklich wachsen kann.
27.04.2025 07:39
Lesezeit: 2 min
Scheitern als Strategie: Wie ein US-Forscher Unternehmer lehrt, aus Fehlern Kapital zu schlagen
Aus Fehlern lernen: Jeder gescheiterte Plan birgt das Potenzial für einen besseren Neuanfang.(Foto: dpa)

Krisen, gescheiterte Start-ups und mentale Zusammenbrüche – was für viele das Ende bedeutet, sieht Professor Dean Shepherd als Anfang. Der renommierte Entrepreneurship-Forscher fordert einen radikalen Perspektivwechsel: Misserfolg sei kein Unfall, sondern ein notwendiger Bestandteil unternehmerischer Evolution.

Übermut, Selbsttäuschung, Realitätsschock

Was haben die größten Unternehmer der Geschichte gemeinsam? Sie alle sind gescheitert. Oft mehrmals. Dean Shepherd, Professor an der renommierten Kelley School of Business (Indiana University), beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit einer Frage, die in Silicon Valley als Mantra, in Europa jedoch als Makel gilt: Wie verwandelt man Niederlagen in nachhaltigen Erfolg?

„Die meisten Unternehmer scheitern nicht, weil sie faul oder inkompetent sind“, sagt Shepherd. „Sie scheitern, weil sie glauben, der Markt funktioniere so, wie sie es sich wünschen – nicht wie er tatsächlich ist.“

Die häufigsten Gründe für das Scheitern? Shepherd nennt eine tödliche Mischung aus Optimismus, Überheblichkeit und falschen Annahmen. „Viele überschätzen die Nachfrage, unterschätzen die Komplexität – und vor allem: Sie glauben, sie hätten mehr Kontrolle über die Zukunft, als sie tatsächlich haben.“

Doch für Shepherd ist nicht das Scheitern das Problem – sondern der Umgang damit. Denn wer nicht aus Fehlern lernt, wiederholt sie. Und wer am emotionalen Tiefpunkt stecken bleibt, verbaut sich die Rückkehr.

Früh scheitern, billig scheitern – aber lernen

Seine wichtigste Erkenntnis: Unternehmerisches Scheitern lässt sich nicht vermeiden – aber gestalten. Wer flexibel bleibt, Annahmen systematisch hinterfragt und frühzeitig und kostengünstig scheitert, kann strategisch Kurs korrigieren.

„Wir müssen lernen, nicht das große Scheitern zu vermeiden, sondern das katastrophale“, sagt Shepherd. Nur wer bereit ist, sich selbst und sein Geschäftsmodell permanent infrage zu stellen, bleibt im Spiel.

Emotionen als Wachstumshemmnis – oder Kraftquelle?

Doch der Preis ist hoch. Der Zusammenbruch eines Unternehmens ist für viele Gründer ein persönliches Trauma – mit emotionalen Nebenwirkungen, die von Depressionen bis zur totalen Selbstaufgabe reichen können. Shepherd warnt: „Diese Emotionen können das Lernen blockieren. Aber wer sie aktiv reguliert, entwickelt sich weiter – und wird ein besserer Unternehmer.“

Der Schlüssel sei nicht, Emotionen zu unterdrücken – sondern sie zu verstehen und produktiv zu nutzen.

Krisen als Beschleuniger unternehmerischer Evolution

Shepherd sieht in der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Großwetterlage nicht nur Bedrohung, sondern Chancenbeschleuniger. Inflation, Krieg, Klimakrise – all das zwinge Unternehmer, alte Gewissheiten über Bord zu werfen und sich neu zu erfinden.

„In solchen Umbrüchen zeigt sich, wer wirklich unternehmerisch denkt“, sagt er. Denn während die meisten in der Krise erstarren, suchen Unternehmer nach neuen Spielregeln – und schreiben sie oft selbst.

Shepherds Lehre: Die Revolution beginnt mit dem ersten Scheitern

Scheitern ist nicht das Gegenteil von Erfolg – sondern dessen Vorstufe. Dean Shepherd fordert deshalb nicht weniger als einen kulturellen Wandel. Weg von der Stigmatisierung, hin zu einer Ökonomie des Lernens, der Anpassung, des Durchhaltens.

In seinen Studien zeigt er: Die erfolgreichsten Unternehmer sind nicht diejenigen, die nie gefallen sind – sondern die, die am schnellsten wieder aufstehen. „Jede Krise ist auch ein Test für das geistige Immunsystem eines Unternehmers“, sagt Shepherd. Und manchmal ist der beste Geschäftsplan – der, den man nach einem Gescheiterten entwirft.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaskraftwerke für Deutschland: Teuer, umstritten und auch politisch fragwürdig
08.11.2025

Können Wind und Sonne nicht genug erneuerbare Energien liefern, sollen bis zu 40 große Gaskraftwerke einspringen, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin, Ether und Co.: Wie Sie an der Börse sicher in Kryptowährungen investieren
08.11.2025

Wollen Sie Kryptowährungen kaufen? Dann müssen Sie dafür nicht auf irgendwelchen unseriösen Internetportalen herumsurfen. Kurse von...

DWN
Politik
Politik Donald Trump und die US-Präsidentschaftswahl 2028: Strebt er eine dritte Amtszeit an und geht das so einfach?
08.11.2025

Die Diskussion um Donald Trumps mögliches politisches Comeback zeigt das Spannungsfeld zwischen Recht, Strategie und Macht in den USA....

DWN
Technologie
Technologie Deep Tech als Rettungsanker: Wie Deutschland seine industrielle Zukunft sichern kann
08.11.2025

Deutschland hat große Stärken – von Forschung bis Ingenieurskunst. Doch im globalen Wettlauf um Technologien zählt längst nicht mehr...

DWN
Technologie
Technologie So optimiert KI in Belgien die Landwirtschaft: Schwankende Ernten prognostizieren? Kein Problem!
08.11.2025

Die Landwirtschaft muss Erträge effizient planen und Schwankungen ausgleichen, wobei KI zunehmend Entscheidungen auf verlässlicher Basis...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Managergehälter: Wie viel Mut hinter den Millionen steckt
08.11.2025

Topmanager reden offen über ihr Einkommen? In Estland sorgen zwei Führungskräfte für großes Staunen. Sie zeigen, wie viel Disziplin,...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Leitzins: Stillstand oder Strategie? Was die EZB-Zinsentscheidung wirklich bedeutet
08.11.2025

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins beim jüngsten EZB-Zinsentscheid nicht angerührt – doch das Schweigen ist laut. Christine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Schmuck aus Holz und Stein: Holzkern – wie Naturmaterialien zum einzigartigen Erfolgsmodell werden
07.11.2025

Das Startup Holzkern aus Österreich vereint Design, Naturmaterialien und cleveres Marketing zu einem einzigartigen Erfolgsmodell. Gründer...