Suezkanal: Franzosen bauten – Amerikaner kämpften im Bürgerkrieg
US-Präsident Donald Trump postete am Samstag in den sozialen Medien, dass amerikanischen Handels- und Militärschiffen die freie Durchfahrt durch den Panama- und den Suezkanal gestattet werden sollte, da diese beiden Wasserstraßen ohne die Vereinigten Staaten nicht existieren würden. Er wies außerdem Außenminister Marco Rubio an , die Angelegenheit umgehend zu klären.
Doch wie steht es um den historischen Wahrheitsgehalt dieser Aussage – und welche Interessen verfolgt Washington wirklich?
Suezkanal: Franzosen bauten – Amerikaner kämpften im Bürgerkrieg
Der Suezkanal wurde bereits 1869 eröffnet, unter der Regie des französischen Diplomaten und Ingenieurs Ferdinand de Lesseps. Die Vereinigten Staaten waren zu dieser Zeit mit sich selbst beschäftigt – der Bürgerkrieg tobte. Der Kanal, der das Mittelmeer mit dem Roten Meer verbindet, war nie ein amerikanisches Projekt. Er befindet sich bis heute unter ägyptischer Kontrolle, auch wenn internationale Investoren, darunter aus China, Europa und dem Nahen Osten, eine wichtige Rolle bei der Finanzierung von Erweiterungen spielten.
Dennoch scheint Trump der Auffassung zu sein, die USA hätten durch ihre Rolle als globale Schutzmacht nach dem Zweiten Weltkrieg ein Anrecht auf diese lebenswichtige Handelsader.
Panamakanal: Historisch US-kontrolliert, heute unter panamaischer Verwaltung
Anders der Panamakanal: Die USA spielten beim Bau eine zentrale Rolle, nachdem ein französisches Vorhaben am schwierigen Gelände scheiterte. 1904 begannen die Amerikaner mit dem Bau – unter der Voraussetzung, dass sie ein dauerhaftes Nutzungsrecht über die Kanalzone erhielten. Der Kanal wurde 1914 eröffnet und blieb bis Ende des 20. Jahrhunderts unter US-Kontrolle.
Erst 1999 übergab Washington die vollständige Kontrolle an die panamaische Regierung – ein historischer Schritt, der nach jahrzehntelanger Kritik an der amerikanischen Dominanz in Lateinamerika erfolgte. Dass die USA nun – im Namen der „nationalen Sicherheit“ – über eine Rückkehr zur militärischen Kontrolle nachdenken, wirft erhebliche völkerrechtliche und politische Fragen auf.
Der Hintergrund: Der Machtkampf um maritime Knotenpunkte
Die geopolitische Brisanz ergibt sich aus einem komplexen Zusammenspiel wirtschaftlicher Interessen und sicherheitspolitischer Machtprojektion. Anfang des Jahres wurde bekannt, dass der chinesisch kontrollierte Terminalbetreiber CK Hutchinson zahlreiche Anlagen rund um den Globus – darunter strategisch wichtige Terminals beiderseits des Panamakanals – an den US-Investor BlackRock und die Reederei MSC verkaufen will.
Doch Peking bremst: Eine kartellrechtliche Überprüfung wurde eingeleitet, und aus politischen Kreisen in China heißt es, dass ein Ausverkauf dieser Infrastruktur im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“ (One Belt, One Road) nicht hinnehmbar sei.
Trumps Forderung nach freier Durchfahrt könnte vor diesem Hintergrund als Versuch gewertet werden, Druck auf internationale Akteure auszuüben – oder gar die Rückkehr zur militärischen Präsenz in der Region zu legitimieren.
Suez unter Druck – und Kairo kämpft mit Einnahmeausfällen
Seit Beginn der Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer ist die strategische Lage des Suezkanals besonders angespannt. Reedereien weichen zunehmend auf die Route um das Kap der Guten Hoffnung aus – mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für Ägypten. Schätzungen zufolge sind die Einnahmen aus dem Kanalgeschäft um über 50 Prozent eingebrochen.
Die Forderung der USA nach kostenloser Durchfahrt trifft in Kairo auf taube Ohren: Der Suezkanal ist eine der letzten profitablen Einnahmequellen des ägyptischen Staates – die Durchfahrtskosten für Großschiffe liegen derzeit bei bis zu 700.000 US-Dollar.
Fazit: Eine gefährliche Mischung aus Wunschdenken und geopolitischem Poker
Donald Trumps Forderungen nach kostenloser und uneingeschränkter Nutzung des Suez- und Panamakanals sind historisch fragwürdig, völkerrechtlich bedenklich und politisch brisant. Weder der Suez- noch der Panamakanal gehören den USA – auch wenn Washington es gerne anders hätte.
Die tatsächlichen Motive hinter Trumps Vorstoß dürften weniger mit historischen Fakten als vielmehr mit der strategischen Neuordnung der globalen Handelsrouten zu tun haben. Die Frage bleibt: Wird die Weltgemeinschaft diese Art von imperialem Denken im 21. Jahrhundert dulden?