Costa zum EU-Beitritt: „Serbien gehört nach Europa“
Trotz des jüngsten Moskau-Besuchs von Präsident Aleksandar Vučić bekräftigte der serbische Staatschef seine Ambitionen, der Europäischen Union beizutreten. Während seines Besuchs in Belgrad machte der neue Präsident des Europäischen Rates, António Costa, deutlich: Serbien stehe weiterhin fest auf dem europäischen Weg – auch wenn der jüngste diplomatische Balanceakt gegenüber Russland in Brüssel kritisch gesehen werde.
Vučić hatte am 9. Mai an den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland in Moskau teilgenommen – trotz vorheriger Warnungen seitens der EU, wonach eine solche Geste angesichts des Ukraine-Kriegs als unangebracht gelte.
Warnung aus Brüssel: Ein Besuch mit politischer Sprengkraft
Die EU hatte Serbien eindringlich geraten, sich vom russischen Gedenkakt fernzuhalten. Doch Vučić entschied sich dennoch zur Teilnahme. António Costa äußerte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem serbischen Präsidenten deutliche Worte: „Man kann das Ende der Besatzung vor 80 Jahren nicht feiern, ohne die heutige Invasion klar zu verurteilen.“
Gleichzeitig betonte Costa, dass Belgrad wisse, worauf es sich einlasse, wenn es EU-Mitglied werden wolle: Die Außen- und Sicherheitspolitik müsse mit jener der EU abgestimmt werden. Serbien sei sich dessen bewusst, versicherte er.
Serbiens Doppelstrategie: Der schwierige Spagat
Serbien ist seit 2012 offizieller EU-Beitrittskandidat. Doch die engen Beziehungen zu Russland sorgen immer wieder für Irritationen in Brüssel. Vučić selbst betonte zwar, dass die territoriale Integrität aller Staaten – auch der Ukraine – respektiert werde, dennoch verweigert sich Serbien weiterhin jeglichen Sanktionen gegen Russland.
Seit dem Beginn der des Kriegs in der Ukraine im Februar 2022 hat Serbien zehntausende Russen aufgenommen. Wirtschaftlich hängt das Land stark von der EU ab, insbesondere im Handel. Gleichzeitig ist es nahezu vollständig von russischem Gas abhängig. Die aktuelle Gasliefervereinbarung läuft Ende Mai aus – daher war die Energiefrage ein zentrales Thema während Vučićs Reise nach Moskau.
Deutschland im Fokus: Energieabhängigkeit als geopolitisches Risiko
Aus deutscher Perspektive ist die serbische Gratwanderung zwischen Ost und West ein geopolitischer Risikofaktor. Berlin betrachtet die Erweiterung des westlichen Balkans als sicherheitspolitisch wichtig, insbesondere angesichts wachsender Einflussversuche Russlands in der Region. Serbiens Energieabhängigkeit von Russland steht dabei im klaren Widerspruch zu den europäischen Diversifizierungsbestrebungen – auch und gerade im Interesse Deutschlands, das seit dem Ukraine-Krieg eine strategische Neuaufstellung der Energiepolitik im Südosten Europas forciert.
Zwischen Kritik und Integration: Wie lange hält Serbiens Balanceakt?
Die Europäische Kommission und zahlreiche Mitgliedstaaten mahnen regelmäßig Reformen an. Zuletzt forderte EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos Mitte April entschlossene Schritte gegen Korruption – nicht zuletzt im Zuge eines tragischen Zwischenfalls, bei dem in Novi Sad ein Bahnhofsgebäude einstürzte und Todesopfer forderte. Die EU macht klar: Fortschritt bei der Integration gibt es nur mit Reformwillen.
Serbiens Spiel mit dem Feuer
Serbien steht an einem geopolitischen Scheideweg – und spielt ein gefährliches Spiel mit zwei Mächten. Während es von der EU wirtschaftlich profitiert, scheut es klare Kante gegenüber Moskau. Doch wie lange lässt sich dieser Balanceakt aufrechterhalten, ohne den Zorn der einen Seite zu riskieren? Die Antwort auf diese Frage wird nicht nur über Serbiens europäische Zukunft entscheiden – sondern auch über die Stabilität des Balkans insgesamt. Der Artikel beleuchtet die wachsenden Spannungen, die daraus resultieren – und warum das auch für Deutschland von größter Bedeutung ist.