Wirtschaft

Ostdeutsche Wirtschaft holt auf: Thüringen und Sachsen mit Spitzenplätzen

Einer neuen ifo-Studie zufolge hat Ostdeutschland wirtschaftlich gegenüber dem Westen deutlich aufgeholt. Der Thüringer Industrieanteil erreicht das Niveau von Bayern. Sachsens Exportquote liegt sogar ein Drittel über dem westdeutschen Durchschnitt. Dennoch zweifeln die Unternehmen an der aktuellen Wirtschaftspolitik. Welche Entlastungen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche beim OWF in Bad Saarow für Unternehmen angekündigt.
20.05.2025 20:08
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Ostdeutsche Wirtschaft holt auf: Thüringen und Sachsen mit Spitzenplätzen
OWF2025: „Können wir uns nicht leisten“ – Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, fordert eine Senkung des Industriestrompreises. (Foto: dpa) Foto: Patrick Pleul

Die Unterschiede zum Westen bleiben zwar sichtbar, doch Ostdeutschland hat wirtschaftlich inzwischen an vielen Stellen den Abstand rasant verringert. Eine Studie vom Ifo-Institut zeigt: Ostdeutschland ist kein homogener Wirtschaftsraum, sondern vielmehr von regionalen Stärken geprägt.

Ifo-Studie macht deutlich: Wirtschaft im Osten holt auf

Ostdeutschland hat bei wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, Forschung und Lebensqualität teils deutlich zum Westen aufgeschlossen. Das zeigt der neue ifo-Faktenmonitor Ostdeutschland, der beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF) im brandenburgischen Bad Saarow vorgestellt wurde. Präsentiert wurde der Bericht vom sogenannten „Saarower Kreis“, einem Zusammenschluss ostdeutscher Wirtschaftsakteure, der faktenbasierte Impulse für die Strukturpolitik geben will.

So liegt etwa Sachsens Exportquote mit 32 Prozent über dem westdeutschen Durchschnitt, und Thüringens Industrieanteil erreicht das Niveau von Bayern. Auch bei den Forschungsausgaben punkten Berlin und Sachsen – beide zählen europaweit zu den Spitzenregionen.

Ifo-Studie: Leistung bei 86 Prozent des Westniveaus

Die Studie, erstellt vom ifo-Institut Dresden im Auftrag der Mitteldeutschen Stiftung Wissenschaft und Bildung vergleicht auf Grundlage von rund 170 Indikatoren die wirtschaftliche, gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklung zwischen Ost und West – sowie innerhalb Ostdeutschlands selbst.

Der ifo-Studie zufolge liegt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Ostdeutschlands gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde bei 86 Prozent des westdeutschen Durchschnitts. Zwischen 2019 und 2024 lag das jährliche Wirtschaftswachstum im Osten mit 0,3 Prozent über dem Westen, was vor allem dem Berliner Wirtschaftsboom zugeschrieben wird.

Der Monitor beleuchtet auch die strukturellen Unterschiede: Der Anteil ausländischer Bevölkerung ist mit 7,2 Prozent deutlich geringer als im Westen (15,6 Prozent), die Löhne liegen real jedoch bei über 90 Prozent des Westniveaus – dank niedrigerer Lebenshaltungskosten.

Umfrage: Firmen im Osten zweifeln an aktueller Wirtschaftspolitik

Dennoch haben Unternehmen in Ostdeutschland einer Umfrage nach wenig Zuversicht, dass die neue schwarz-rote Bundesregierung wirksame Wachstumsimpulse für die Wirtschaft setzt. Das ergab das sogenannte Transformationsbarometer 2025 anlässlich des Ostdeutschen Wirtschaftsforums im brandenburgischen Bad Saarow:

  • 58,2 Prozent der Befragten gaben an, nicht an wirksame Wachstumsimpulse der neuen Bundesregierung zu glauben.
  • Für eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts wünschen sich die befragten Unternehmen vor allem einen Bürokratieabbau (68 Prozent) und eine Senkung der Energiepreise (54,4 Prozent).

OWF: Wirtschaftsministerin Katherina Reiche kündigt Entlastungen an

Zum Wirtschaftsforum kommen jedes Jahr Schwergewichte der Bundespolitik. In diesem Jahr sind die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und der neue Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) in Bad Saarow.

Kurz nach Amtsantritt der neuen schwarz-roten Bundesregierung soll über Wege aus der angespannten wirtschaftlichen Lage diskutiert werden. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche kündigte bereits ein erstes Entlastungspaket für Unternehmen bis Mitte Juli an.

Reiche verspricht Entlastungspaket und „Investitionsbooster“

Die CDU-Politikerin sagte auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF), das Paket werde die Senkung der Stromsteuer und erste Reformen zum Arbeitsmarkt enthalten.

Die ostdeutsche Wirtschaftsministerin und frühere E.ON-Energiemanagerin versprach in ihrem Grußwort außerdem einen „Investitionsbooster“, deutlich verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und eine Unternehmenssteuerreform in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode. Sie forderte auch den Ausbau „gesicherter Leistung“ – also Kraftwerke, die unabhängig von Wind und Sonne sicher Strom liefern. Das könne Gas sein. Wegen des Kohleausstiegs sei Tempo wichtig.

Zudem wies sie darauf hin, dass in acht der letzten zehn Jahre die Wirtschaft in Ostdeutschland stärker gewachsen sei als in den alten Ländern. Für Investoren sei Ostdeutschland attraktiv. Die Arbeitslosigkeit liege unter der Rate im Saarland oder Nordrhein-Westfalen, die Löhne hätten sich nach oben entwickelt. Das erfülle sie mit Stolz und Zuversicht.

Weltwirtschaft am Scharmützelsee – the next Level?

Das OWF25 findet vom 18. bis 20. Mai statt und ist somit die erste Wirtschaftskonferenz in der neuen Legislaturperiode der schwarz-roten Bundesregierung, unter Kanzler Merz. Man darf gespannt sein, wie die Politik die aktuellen Herausforderungen am Wirtschaftsstandort Ostdeutschland bewertet. Für die ostdeutschen Unternehmen jedenfalls in das OWF, was bereits zum zehnten Mal stattfindet, ein fester Termin im Jahr. OWF-Direktor Philipp Mehne ist überzeugt: „Das OWF ist längst zu einem überregional relevanten Forum geworden, mit nationaler Strahlkraft.“ Das Motto in diesem Jahr: „Next Level“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie im Rückwärtsgang: Zwischen Rekordbewertung, China-Risiken und neuen Chip-Plänen
20.08.2025

Die Nvidia-Aktie bewegt sich zwischen einer Rekordbewertung und wachsender Skepsis. Starke Umsätze, politische Risiken und neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unser neues Magazin ist da: Energie im Umbruch – zwischen teurem Kraftakt und politischem Kursverlust
20.08.2025

Die Energienutzung in Deutschland war einst selbstverständlich. Heute ist sie Streitfall, Risiko und Chance zugleich. Der Wandel im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie: Maschinenbauer Trumpf will vom Rüstungsboom profitieren
20.08.2025

Auch der schwäbische Maschinenbauer Trumpf steht vorm Einstieg in das Rüstungsgeschäft: Der Laserspezialist gibt bekannt, seine...

DWN
Politik
Politik Wird der Fed-Chef mit seiner Rede die Märkte begeistern oder enttäuschen?
20.08.2025

Alle Augen richten sich auf Jackson Hole: Fed-Chef Jerome Powell steht zwischen Trumps politischem Druck, schwachen US-Arbeitsmarktdaten...

DWN
Politik
Politik Treffen in Budapest? Ukraine-Gipfel könnte bei Ungarns Regierungschef Orban stattfinden
20.08.2025

Trump könnte sich vorstellen, dass Ungarn Gastgeber für das besprochene Treffen zwischen Selenskyj und dem russischen Präsidenten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steigende Zusatzbeiträge: Arbeitgeberverbände fordern eine Neuauflage der Praxisgebühr
20.08.2025

Nicht nur wegen des bürokratischen Aufwands stand die frühere Praxisgebühr in der Kritik. Aus Sicht der Arbeitgeber wäre jetzt aber...

DWN
Immobilien
Immobilien Luxusvillen: Linke für Sondersteuer auf teure Immobilien
20.08.2025

Anstatt Maßnahmen gegen die Wohnungsnot vorzuschlagen, setzt die Linke auf Neidpolitik: Einige wohnen üppig, andere finden keine Bleibe...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stihl lagert aus: Entwicklung und Produktion der Mähroboter geht nach China
20.08.2025

Der Industriestandort Deutschland verliert weiter an Relevanz: Kettensägenhersteller Stihl zieht sich mit dem gesamten Geschäftsbereich...