Brüssel will Paketflut eindämmen
Die Europäische Union plant die Einführung einer pauschalen Gebühr in Höhe von zwei Euro auf Milliarden von Kleinsendungen – betroffen wären vor allem Billigprodukte, die europäische Verbraucher direkt aus China bestellen. Dies berichtet die Nachrichtenseite Verslo žinios.
Der sogenannte „Servicezuschlag“ soll unabhängig vom Warenwert erhoben werden und vor allem die Online-Händler Temu und Shein treffen, die in Europa durch ihre aggressiv günstige Preisstrategie massiv Marktanteile gewonnen haben.
EU-Kommissar Maroš Šefčovič, zuständig für Handel und wirtschaftliche Sicherheit, erklärte am Dienstag, dass der neue Zuschlag helfen solle, den Paketstrom unter Kontrolle zu bringen. Im vergangenen Jahr seien rund 4,6 Milliarden Sendungen direkt an europäische Haushalte ausgeliefert worden – ein Großteil davon aus China.
Ein Teil der Einnahmen soll zur Deckung der gestiegenen Zollkosten verwendet werden, der Rest fließt direkt in den EU-Haushalt.
Kritik an Qualitätsmängeln und Wettbewerbsverzerrung
Šefčovič wies darauf hin, dass der Anteil an Paketen zunehme, die nicht den EU-Vorgaben hinsichtlich Sicherheit, Qualität und Kennzeichnung entsprächen. Zudem beklage sich der europäische Einzelhandel zunehmend über unfaire Konkurrenz aus Asien.
Bereits im Sommer 2024 war über eine solche Maßnahme spekuliert worden. Nun scheint Brüssel ernst zu machen – mit möglicherweise weitreichenden Folgen für den Onlinehandel.
Was bedeutet das für Deutschland?
Die geplante EU-Gebühr dürfte auch in Deutschland spürbare Auswirkungen haben – sowohl für Verbraucher als auch für den Einzelhandel.
Belastung für Schnäppchenjäger und Plattformkäufer
Millionen deutsche Konsumenten greifen regelmäßig zu extrem günstigen Produkten auf Plattformen wie Temu oder Shein – von Kleidung über Elektronikzubehör bis hin zu Haushaltsartikeln. Die pauschale Gebühr von zwei Euro pro Sendung könnte diese Schnäppchen deutlich verteuern. Besonders betroffen wären Käufer, die häufig kleine Einzelbestellungen tätigen, bei denen der Versand bislang steuerfrei und zollfrei war. Für viele dürfte der Reiz der Billigplattformen dadurch deutlich nachlassen.
Rückenwind für den stationären Handel und lokale Anbieter
Auf der anderen Seite könnte die Maßnahme den deutschen Einzelhandel stützen, der seit Jahren unter der Billigkonkurrenz aus Fernost leidet. Viele kleine und mittlere Unternehmen beklagen Wettbewerbsverzerrungen durch nicht deklarierte oder unter EU-Standards liefernde Anbieter. Die neue Abgabe würde einen Teil dieses Preisvorteils ausgleichen – und somit lokalen Produzenten sowie stationären Händlern wieder mehr Luft verschaffen.
Zollbehörden und Bürokratie unter Druck
Allerdings bedeutet die geplante Gebühr auch einen massiven Mehraufwand für die deutschen Zollbehörden. Schon heute ist die Kontrolle der Flut von Kleinsendungen nur eingeschränkt möglich. Eine pauschale Abgabe könnte das Verfahren zwar vereinfachen, erfordert aber gleichzeitig zusätzliche digitale Infrastruktur und personelle Ressourcen – insbesondere an großen Logistikknotenpunkten wie Frankfurt, Hamburg oder Leipzig.
Politische Signalwirkung
Nicht zuletzt ist der Schritt ein deutliches politisches Signal: Die EU – und mit ihr Deutschland – will sich gegen die strategische Marktüberflutung durch asiatische Plattformen wappnen. Der Schritt reiht sich ein in eine wachsende Zahl handelspolitischer Maßnahmen, mit denen Europa versucht, seine wirtschaftliche Souveränität zu verteidigen – und das heimische Produktions- und Handelsgeflecht zu schützen.