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Mein Job, dein Job: Jobsharing als Arbeitsmodell der Zukunft?

Aufgrund gesteigerter Ansprüche von Arbeitnehmern und zunehmendem Fachkräftemangel müssen Unternehmen kreativ werden, was Arbeitszeitmodelle betrifft. Eine vielversprechende Option stellt dabei das Jobsharing-Modell dar.
22.06.2025 12:19
Aktualisiert: 22.06.2025 12:29
Lesezeit: 3 min
Mein Job, dein Job: Jobsharing als Arbeitsmodell der Zukunft?
Wie Jobsharing als modernes Arbeitsmodell funktioniert (Foto: iStock). Foto: AnnaStills

Ob Care-Arbeit, das Verfolgen persönlicher Projekte oder andere Gründe – das Arbeiten in Teilzeit wird immer beliebter. Im EU-Vergleich liegt Deutschland laut einer Eurostat-Studie aus dem Jahr 2025 im oberen Bereich, was den Anteil an Teilzeitarbeitskräften betrifft. Gleichzeitig scheint es immer mehr offene Vollzeitstellen zu geben, die nicht besetzt werden können – was also tun?

Eine Möglichkeit zur Lösung dieses Problems kann das Jobsharing sein. Beim Jobsharing teilen sich mindestens zwei Personen eine Vollzeitarbeitsstelle. Gehalt und Aufgaben werden entsprechend der jeweiligen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit festgelegt. Das Modell findet nicht nur in Jobs für Fachpersonal, sondern auch in Führungspositionen Anklang. Besonders verbreitet ist Jobsharing in den skandinavischen Ländern. Aber auch in Deutschland wird Jobsharing bereits in einigen Unternehmen praktisch angewendet, wie zum Beispiel bei der Deutschen Bahn oder bei Bosch.

Durch Jobsharing lassen sich auch Personen gewinnen, die aktuell keine Vollzeitstelle leisten können, zum Beispiel weil sie noch zusätzliche Care-Arbeit leisten. Durch die Bildung des Tandems kommen unterschiedliche Qualifikationen auf eine Stelle zusammen, was überaus bereichernd sein kann. Die Arbeitnehmer im Jobsharing-Modell können voneinander lernen und sich persönlich weiterentwickeln. Durch die geteilte Stelle kann mehr Innovation und Kreativität entstehen. Zusätzlich greift das Vier-Augen-Prinzip, was zu weniger Fehlern führt. Durch notwendige regelmäßige Abstimmungen wird die Feedback- und Fehlerkultur gestärkt. Außerdem kann im Falle einer Krankheit oder im Urlaub eine perfekt eingearbeitete Vertretung sichergestellt werden. Bei Nachbesetzung einer der Stellen kann eine bessere Einarbeitung erfolgen, da der zurückbleibende Part den neuen Bewerber einarbeiten kann.

Nichtsdestotrotz bietet das Modell auch einige Risiken und Fallstricke, die nicht außer Acht gelassen werden sollten. Durch die geteilte Verantwortung auf der Stelle kann es sowohl bei den Arbeitnehmern selbst als auch bei deren Kollegen zu Verwirrung in Bezug auf die Zuständigkeiten kommen. Arbeits- und Urlaubszeiten müssen gegenseitig abgestimmt werden, was insbesondere bei Personen, die beide schulpflichtige Kinder haben, eine Herausforderung sein kann. Das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis zeigt sich auch im Erfolg auf der Arbeit: Nur, wer gut zusammenarbeitet, kann gute Arbeit leisten.

Klare Spielregeln sind wichtig

Regelmäßiger Austausch und das Festlegen von klaren Zuständigkeiten im Voraus sind also essenziell. Auch der Persönlichkeitstyp muss stimmen. Dazu gehört nicht nur die gegenseitige Passung zueinander, sondern auch der Persönlichkeitstypus selbst: Nur, wer Kontrolle abgeben und loslassen kann, ist für das Jobsharing geeignet. Auch eine kontinuierliche Selbstreflexion und Offenheit für Feedback von Anderen ist eine Grundvoraussetzung.

Von Jobpairing bis Crossfunctional Tandems

Um sich an die Bedürfnisse der Arbeitnehmer anpassen zu können, gibt es verschiedene Jobsharing-Modelle:

Beim Jobpairing werden lediglich Aufgaben und Pensum gegenseitig abgestimmt, nicht aber die Arbeitszeiten. Dieses flexible Modell ist vor allem für Stellen geeignet, bei denen keine dauerhafte Präsenz notwendig ist.

Für Führungskräfte bietet sich das Modell des Topsharings an. Hier teilen sich zwei Führungskräfte die Position.

Ein ähnliches Modell stellen Peertandems dar. Diese finden vor allem bei schwierig zu besetzenden Stellen oder Jobs mit vielseitigen Ansprüchen Anklang.

Im Gegensatz zu den anderen Jobsharing-Modellen, bei denen die Arbeitnehmer ein ähnliches Erfahrungs- und Qualifikationsniveau aufweisen, begleitet bei den Succession Tandems ein berufserfahrener Kollege die Einarbeitung eines Berufseinsteigers in dessen Position. Das Tandem ist zeitlich festgelegt und soll eine gute Einarbeitung des neuen Kollegen sicherstellen.

In Crossfunctional Tandems werden Schnittstellen, zum Beispiel zwischen unterschiedlichen Abteilungen, Fachbereichen oder auch Unternehmen gezielt verknüpft.

Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, die Arbeitszeit nicht 50:50 zu verteilen, sondern 30:70, 40:60 oder 20:80. Aber auch eine gesamte Arbeitszeit über 100 % ist möglich.

Rechtliche Rahmenbedingungen beachten

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz haben alle Arbeitnehmer in Deutschland das Recht auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit. Ein grundsätzlicher gesetzlicher Anspruch auf Jobsharing besteht jedoch nicht. Wird das Jobsharing-Modell angewendet, erhält jeder Arbeitnehmer einen eigenständigen Arbeitsvertrag. Kündigt einer der Jobsharer seinen Arbeitsvertrag, darf der anderen Position nicht gekündigt werden. Die freigewordene Teilzeitstelle muss neu besetzt werden. Wird kein Ersatz gefunden oder die Jobsharing-Stelle im Unternehmen gestrichen, können Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen. Hierbei wird dem verbliebenen Arbeitnehmer eine andere Stelle im Unternehmen angeboten. Wird diese nicht angenommen, darf dem Arbeitnehmer gekündigt werden.

Beim Jobsharing sind klare und regelmäßige Abstimmungen notwendig. Sind die Jobsharer aber gut aufeinander abgestimmt, kann das Modell für Unternehmen ein echter Gewinn sein. Mit dem Jobsharing wird auf die veränderten Bedürfnisse der Arbeitnehmer eingegangen, wodurch sich wertvolle qualifizierte Fachkräfte gewinnen lassen. Gemeinsame Zusammenarbeit auf der gleichen Position kann ganz neue Perspektiven eröffnen und die Weiterentwicklung fördern.

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