Nato will Verteidigungsfähigkeiten massiv stärken
Russland und US-Präsident Donald Trump setzen die Nato erheblich unter Druck. Nun wurden neue militärische Planungsziele beschlossen – auch für Deutschland.
Bedrohung durch Russland als Anlass
Angesichts der anhaltenden Bedrohung durch Russland will die Nato ihre militärischen Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung massiv stärken. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Bündniskreisen erfuhr, ist vorgesehen, die bislang geltenden Zielvorgaben um etwa 30 Prozent zu erhöhen. So sollen künftig deutlich mehr weitreichende Marschflugkörper und Drohnen einsatzbereit gehalten sowie Kapazitäten in Bereichen wie Luftverteidigung und Artillerie ausgebaut werden.
Deutschland erhält neue Vorgaben
Um die Zielerreichung zu gewährleisten, erhalten Deutschland und die übrigen Mitgliedstaaten neue nationale Planungsziele. Diese sollen an diesem Donnerstag bei einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel formell verabschiedet werden.
Alte Ziele noch nicht erfüllt
Als besonders große Herausforderung gelten die neuen Zielvorgaben, da die bisherigen bei weitem noch nicht erfüllt wurden. Hochrangige Militärs hatten zuletzt von einer Lücke in Höhe von 30 Prozent gesprochen.
Inhalte weiterhin geheim
Die konkreten neuen nationalen Planungsziele sind aktuell noch als streng geheim eingestuft. Es wird jedoch erwartet, dass nach der Annahme durch die Verteidigungsminister einzelne Details publik gemacht werden.
Mehr Soldaten, neue Systeme
Für Deutschland rechnen Militärs damit, dass die derzeit rund 182.000 Soldatinnen und Soldaten umfassende Bundeswehr um eine hohe fünfstellige Zahl wachsen muss, wenn die Bundesrepublik ihre Planungsziele erfüllen will. Außerdem seien etwa erhebliche Investitionen in neue Luftverteidigungssysteme erforderlich.
Milliardeninvestitionen für Alliierte
Aus den bestehenden Defiziten und den neuen Planungszielen ergibt sich auch die geplante neue Vorgabe für die Verteidigungsausgaben. So sollen sich alle Nato-Mitglieder beim Gipfeltreffen Ende des Monats dazu verpflichten, künftig mindestens einen Betrag von 3,5 Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Verteidigung zu investieren. Hinzu könnten noch einmal 1,5 Prozent des BIP für verteidigungsrelevante Ausgaben – etwa für Infrastruktur – kommen, sodass am Ende die von US-Präsident Donald Trump geforderte Quote von fünf Prozent erreicht wird.
Pistorius nennt Zeithorizont
Nach Angaben von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius soll der Anteil der Verteidigungsausgaben an der deutschen Wirtschaftsleistung über einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren jährlich um 0,2 Prozentpunkte steigen. Ausgehend von den 2,1 Prozent im vergangenen Jahr könnte damit bis 2032 eine Quote von 3,5 Prozent erreicht werden.
Milliardenkosten für Deutschland
Laut Kanzler Friedrich Merz würde jeder zusätzliche Prozentpunkt derzeit für Deutschland ein Plus von rund 45 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben bedeuten. Bei insgesamt fünf Prozent wären gegenwärtig Ausgaben in Höhe von 225 Milliarden Euro pro Jahr notwendig. Zur Einordnung: Die gesamten Ausgaben des Bundeshaushalts beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund 466 Milliarden Euro.
Trump fordert stärkere Eigenverantwortung
Hintergrund der Planungen ist die Einschätzung von Geheimdiensten, dass Russland trotz des weiterhin laufenden Angriffskriegs gegen die Ukraine bereits in wenigen Jahren zu weiteren militärischen Aggressionen in Europa fähig sein könnte. Mit den neuen nationalen Planungszielen für die Verteidigungsfähigkeit und der neuen Ausgabenquote soll zudem der US-Forderung nach einer ausgewogeneren Lastenteilung innerhalb des Bündnisses entsprochen werden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bündnisstaaten investieren die Vereinigten Staaten seit vielen Jahren regelmäßig deutlich mehr als drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in Verteidigung.
Trump fordert nun, dass die Europäer künftig deutlich mehr Verantwortung für die Sicherheit auf ihrem Kontinent übernehmen. Im Idealfall sollen sie sämtliche konventionellen Verteidigungsfähigkeiten selbst stellen. Die USA müssten dann in Europa nur noch die nukleare Abschreckung garantieren.