Polen und Deutschland intensivieren Grenzkontrollen für Reisende
Mit massivem Personalaufgebot hat der polnische Grenzschutz seine angekündigten Maßnahmen zur Überprüfung an der Grenze zu Polen gestartet. Schon nach wenigen Stunden bewertete Polens Innenminister Tomasz Siemoniak die temporären Grenzkontrollen positiv, die auch die Grenze zu Litauen betreffen. "Alles verläuft ohne Zwischenfälle, der Verkehr fließt bislang reibungslos", sagte er gegenüber TVN24.
Wie das Innenministerium in Polen auf X berichtete, werden seit Mitternacht Reisende an 52 Übergängen kontrolliert. Viele Menschen reagieren gelassen. Einige Berufspendler und Einkaufstouristen stellen jedoch den Nutzen der Maßnahme in Frage.
Tanken jenseits der Grenze
An einem Kontrollpunkt in Krajnik Dolny halten Polizisten mit Warnwesten, unterstützt durch Militärpolizei, Fahrzeuge aus Schwedt an – unter anderem Deutsche, die vor Arbeitsbeginn günstig in Polen tanken wollen. Lastwagen sind von den Kontrollen ausgenommen. Am Übergang Frankfurt/Oder–Slubice winken die Grenzbeamten Fahrzeuge mit polnischen Kennzeichen meist direkt durch. Deutsche Autos werden hingegen kurz angehalten. Besonders konsequent fallen hier die Grenzkontrollen für Fußgänger aus. Auch Radfahrer müssen ihre Dokumente zeigen.
Ein Banner mit der Aufschrift "No! Immigration" hängt direkt an der Kontrollstelle. Es stammt von der radikalen "Bewegung zur Verteidigung der Grenzen", die zu selbstständigen Patrouillen an der polnischen Grenze aufruft. Auf deutscher Seite ist der Verkehr am Morgen dichter, da die Bundespolizei stichprobenartig kontrolliert. Laut ADAC waren die Verkehrsbeeinträchtigungen zunächst gering. "Wir haben keinerlei Rückstau nach Deutschland zu verzeichnen", erklärte ein Sprecher der Bundespolizei in Görlitz.
Siemoniak: Kontrollen zielen auf Schleusernetzwerke - Maßnahmen gelten bis Anfang August
"Die Grenzkontrollen richten sich gegen Schleuser illegaler Migranten. Normale Reisende müssen nichts befürchten", so Polens Innenminister laut Mitteilung seiner Behörde. Die polnischen Grenzkontrollen sollen zunächst bis 5. August aufrechterhalten bleiben. Wer die Grenze zu Polen passieren will, muss einen Ausweis oder Reisepass vorzeigen. Auch an 13 Übergängen nach Litauen gibt es Kontrollen. Dort wurde ein Este festgenommen, der vier Afghanen ins Land bringen wollte. Diese sollen nach Litauen zurückgeschickt werden.
Auch Deutschland weist weiterhin Migranten nach Polen zurück. Die Kontrollen verlaufen laut Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei bisher "relativ komplikationslos" und ohne größere Verzögerungen. In den letzten Tagen gab es offenbar Absprachen zwischen dem Bundesinnenministerium und den polnischen Behörden zur Vermeidung gegenseitiger Zurückweisungen. Die polnische Mitte-Links-Regierung reagiert mit ihren Maßnahmen auf die seit Oktober 2023 bestehenden deutschen Grenzkontrollen zur Eindämmung irregulärer Migration.
1.800 Einsatzkräfte bei Grenzkontrollen im Dienst
Am ersten Tag waren laut Ministerium 800 Grenzbeamte, 300 Polizisten, 200 Militärpolizisten sowie 500 Mitglieder freiwilliger Heimatschutztruppen an den Grenzkontrollen beteiligt. In Flecktarn gekleidete Männer und Frauen mit Warnwesten stoppten Fahrzeuge.
Am Übergang Pomellen auf der A11 Richtung Stettin bleibt der Verkehr flüssig. Die Kontrollen erfolgen nicht auf der Fahrbahn, sondern auf einem angrenzenden Parkplatz. Nicht jeder Fahrer wird kontrolliert. Auch in Richtung Deutschland bleibt der Verkehr ruhig. Die Bundespolizei kontrolliert auf dem Gelände des Zollamts.
Dobrindts Angebot
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte im Mai nach Regierungswechsel eine Verschärfung der Grenzkontrollen angeordnet. Zudem soll es künftig möglich sein, Asylsuchende direkt an der Grenze abzuweisen. Diese Rückführungen sind in Polen umstritten – insbesondere, weil rechte Gruppen behaupten, Deutschland bringe Migranten nach Polen, die sich dort nie aufgehalten hätten. Laut Robert Bakiewicz von der "Bewegung zur Verteidigung der Grenzen" haben sich Aktivisten zwar zurückgezogen, patrouillieren aber weiterhin mobil entlang der Grenze zu Polen. Die Bürgerwehren wollen damit auch die Arbeit der Beamten überprüfen. Es sei gut, wenn nun der offizielle Grenzschutz agiere, meint Heiko Teggatz von der Deutschen Polizeigewerkschaft.
Dobrindt bot seinem Amtskollegen in Polen gemeinsame Maßnahmen auf deutscher Seite an. Eine Reaktion steht noch aus. Für den 18. Juli hat er Kollegen aus Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark, Tschechien und den EU-Kommissar Magnus Brunner zu einem Gipfel auf der Zugspitze eingeladen. Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte, Ziel sei eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen. Die aktuellen Maßnahmen seien nur vorübergehend. "Wir wollen keine dauerhaften Grenzkontrollen", so Kornelius. Man sei sich der Auswirkungen bewusst.
Zweifel bei Berufspendlern
Andreas Ewald aus Berlin, der in Osinow Dolny auf dem "Polenmarkt Hohenwutzen" einkauft, beschäftigt in seiner Reinigungsfirma keine Polen mehr. Durch die Grenzkontrollen der Bundespolizei lohne sich der Aufwand für die Anreise nicht. Er sagt: "Die Banden, die dahinterstecken, die finden andere Wege."
Oliver aus Eberswalde fährt wöchentlich nach Schwedt zur Arbeit und tankt dann in Polen. "Die Kontrollen stören mich nicht, ist ja für die Sicherheit gut", sagt er. Problematisch sei nur, wenn Sprachbarrieren bestehen. Solange nur Dokumente kontrolliert würden und nicht der Kofferraum, finde er es akzeptabel.