Nvidia-CEO Jensen Huang kündigte an, das Unternehmen wolle sich nicht länger auf die Rolle des Chipherstellers beschränken. Die Nvidia-Aktie reagierte prompt: Mit einem Sprung über die 160-Dollar-Marke erreichte sie vergangene Woche ein neues Rekordhoch. Im Juni allein legte sie um elf Prozent zu – der Haupttreiber des bisherigen Jahreszuwachses von 15 Prozent.
Bereits im Mai hatte ein Investor erklärt, die Nvidia-Aktie sei deutlich unterbewertet. Anfang Juni erhöhte er sein persönliches Kursziel auf 170 Dollar. Sein Einstieg erfolgte bei durchschnittlich 85,50 Dollar – entsprechend hoch ist nun der Buchgewinn. Nach der Aktionärsversammlung Ende Juni, bei der neue Expansionspläne vorgestellt wurden, kletterte der Kurs um weitere vier Prozent. Nvidia bleibt damit das wertvollste börsennotierte Unternehmen der Welt – mit einer Marktkapitalisierung von 3,89 Billionen Dollar.
Analysten treiben Erwartungen – und Anlegerträume
Loop Capital-Analyst Ananda Baruah hob sein Kursziel auf 250 Dollar an – ein neuer Höchstwert unter den Wall-Street-Schätzungen. Sollte sich dieses Szenario bewahrheiten, läge die Bewertung bei etwa sechs Billionen Dollar. Der Konsenswert unter den Analysten liegt derzeit bei 174 Dollar, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht.
Doch nicht alle glauben an einen linearen Anstieg: Bevor sich die Nvidia-Aktie diesem Ziel nähern kann, sei eine technische Korrektur denkbar, heißt es in Anlegermedien.
Die Aktionärsversammlung offenbarte zudem eine strategische Neupositionierung des Konzerns. Nvidia wolle nicht mehr primär als Chipanbieter auftreten, sondern als Plattformunternehmen mit Schwerpunkten auf Robotik, Automobiltechnik und KI-Infrastruktur.
Robotik als Schlüssel zum nächsten Wachstumsschub
Besonderes Augenmerk gilt dem Segment autonomer Systeme. Laut Huang hat die Robotik nach der künstlichen Intelligenz das größte Wachstumspotenzial. Erste Anwendungen wie selbstfahrende Fahrzeuge befinden sich bereits im Praxistest – auch in den USA sind entsprechende Prototypen unterwegs. Aufnahmen von Teslas Robo-Taxis machen bereits in sozialen Netzwerken die Runde.
Nvidia berichtet seit vergangenem Jahr segmentiert. Robotik und Automobilindustrie sind zusammengefasst. Im zweiten Quartal erreichte dieses Segment einen Umsatz von 567 Millionen Dollar – 72 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anteil am Gesamtumsatz liegt aktuell bei etwa einem Prozent, das Wachstum ist aber mit 103 Prozent im letzten Quartal beachtlich.
Huang betonte, dass die firmeneigenen Software-Tools Nvidias Chips in Fahrzeugen und Robotern benötigen. Kooperationen mit Konzernen wie Tesla, Mercedes und Volkswagen sind laut Nvidia im Aufbau oder bereits aktiv. Perspektivisch könne Nvidias Technologie weltweit Milliarden von Robotern und Hunderten Millionen Fahrzeugen zugrunde liegen.
Bedeutung für Deutschland:
Gerade für die deutsche Automobilindustrie ist diese Entwicklung bedeutsam. Unternehmen wie VW, Mercedes oder BMW stehen vor einem tiefgreifenden Wandel hin zur Software-getriebenen Mobilität. Wenn Nvidia zum zentralen Technologielieferanten für autonomes Fahren wird, hängt auch der künftige Erfolg deutscher OEMs von dieser Partnerschaft ab. Die Nvidia-Aktie wird damit – auch aus deutscher Sicht – zu einem Barometer für die Innovationskraft der Branche.
Zwischen Hype und Realität
Die Dynamik erinnert viele Anleger an den Aufstieg von Tesla: hohes Wachstum, ambitionierte Führung, neue Geschäftsmodelle. Auch Nvidia scheint in eine Phase zu treten, in der der Markt dem Unternehmen Potenziale jenseits des aktuellen Kerngeschäfts zuschreibt.
Zugleich weitet der Konzern sein Angebot an Dienstleistungen aus – etwa mit Software, Cloud-Lösungen und Netzwerkchips. Nvidia sieht sich als Plattformanbieter für künstliche Intelligenz, mit der Ambition, die zentrale Computerinfrastruktur der Zukunft zu liefern. Ob sich aus diesen Feldern dauerhaft Mehrwert und Kundenbindung generieren lässt, bleibt abzuwarten.
Verunsichernd wirkt auf einige Investoren allerdings der Aktienverkauf von CEO Jensen Huang. Im vergangenen Jahr veräußerte er Anteile im Wert von 700 Millionen Dollar, in diesem Jahr sollen weitere 873 Millionen Dollar folgen.
Rücksetzer möglich – Chancen für langfristige Investoren
Huang veräußert üblicherweise Aktienpakete von je 120.000 Stück. Aktuell erfolgt der Verkauf in kleineren Losen von 50.000 Aktien. Trotz der Summen bleibt sein Anteil am Unternehmen hoch: Mit 126 Milliarden Dollar ist er einer der größten Einzelaktionäre, die diesjährigen Verkäufe entsprechen nur rund 0,75 Prozent seines Portfolios.
Kurzfristig könnte die Nvidia-Aktie dennoch unter Druck geraten – nicht zuletzt durch saisonale Muster. Im Vorjahr stieg der Kurs ab Juli, bevor er im August eine Korrektur erlebte. Sollte sich dieses Muster wiederholen, könnte ein temporärer Rückgang eine gute Einstiegsmöglichkeit bieten.
Anleger mit langfristigem Horizont sehen in solchen Phasen Chancen zum Positionsaufbau. Die fundamentale Nachfrage nach KI-Hardware, Robotik- und Automobillösungen bleibt hoch. Wer das Potenzial der Nvidia-Aktie erkennt, kann von der nächsten Wachstumswelle profitieren – vorausgesetzt, man hält kurzfristige Schwankungen aus.