Die Gründe für das Intel-Aus in Magdeburg
Der US-Chiphersteller Intel hatte 2022 angekündigt, bei Magdeburg zwei Werke zu errichten und 3.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Doch wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten folgt jetzt das Intel-Aus für das Vorhaben in Deutschland. Lange wurde gezweifelt, jetzt ist es offiziell: Das Intel-Aus trifft die geplante Chipfabrik in Magdeburg mit bis zu 3.000 Jobs. Damit entfällt eine Investition von 30 Milliarden Euro, darunter knapp 10 Milliarden Euro an staatlichen Subventionen. Was bedeutet das für den Standort? Aus Sachsen-Anhalt heißt es: Es trifft uns, aber es wirft uns nicht aus der Bahn. Ein Überblick über die Hintergründe.
Intel-Chef Lip-Bu Tan nennt eine zu geringe Nachfrage nach neuen Produktionskapazitäten. Der US-Chiphersteller Intel steckt in einer wirtschaftlichen Krise. Zuletzt meldete er einen Quartalsverlust von 2,9 Milliarden US-Dollar. Tan setzt auf Sparmaßnahmen. Die Mitarbeiterzahl, die Ende 2024 noch bei 109.000 lag, soll bis Jahresende auf 75.000 reduziert werden. Das Vorhaben in Magdeburg hätte 20 Milliarden US-Dollar aus eigener Kasse gekostet – eine Summe, die Intel nicht mehr aufbringen kann. Bereits im September wurde eine Verzögerung angekündigt. Nun folgt das endgültige Intel-Aus.
Dabei war das Projekt ursprünglich ein Vorhaben von Ex-CEO Pat Gelsinger, der Intel als Auftragsfertiger in die Spitzengruppe der Chipwelt führen wollte. Tan bezeichnet die Fabrikinvestitionen als "maßlos und unklug". Hinzu kommt: Die America-First-Strategie von US-Präsident Donald Trump wirkt ebenfalls bremsend.
Warum waren Milliardenhilfen für das Werk geplant?
Die ehemalige Ampel-Regierung sah in der Ansiedlung einen strategisch bedeutsamen Schritt, für den sie 9,9 Milliarden Euro an Beihilfen zusagen wollte. Die Corona-Krise hatte die Chipabhängigkeit Europas offengelegt. Als Lieferungen aus Asien ausblieben, stoppte die Produktion bei Autobauern, es fehlten Laptops und Waschmaschinen. Neue Werke in Europa sollten die Versorgung sichern.
Auch die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) hält an den Plänen fest. In der High-Tech-Agenda steht: "Wir stärken die Resilienz von Lieferketten und reduzieren kritische Abhängigkeiten bei Halbleitern." Und: "Wir schaffen Anreize für Chipfertigung, Ausrüstung und Vorprodukte in Deutschland durch mindestens drei neue Werke."
Ist das Aus für Intel in Magdeburg das Ende der Chipoffensive?
Nein. Das Intel-Aus bedeutet nicht das Scheitern aller Chippläne. Das zweite Großprojekt im Osten, eine vom Staat unterstützte Fabrik des taiwanesischen Konzerns TSMC, läuft planmäßig. Im März bestätigte TSMC: Die 200 mal 200 Meter große Produktionsstätte wird für rund 10 Milliarden Euro gebaut und soll 2027 starten. Auch Infineon baut in Dresden – die neue Halbleiterfabrik steht bereits im Rohbau.
Wie geht es auf dem Gelände in Magdeburg weiter?
Ministerpräsident Reiner Haseloff spricht von einer herben Enttäuschung durch das Intel-Aus. Doch er sieht Chancen für neue Investoren auf dem vorgesehenen Areal. Das Land entwickelt das Gelände zu einem "High-Tech-Park" mit Infrastruktur und Zufahrtsstraßen weiter. "Es gibt Anfragen namhafter Unternehmen", so Haseloff.
Jüngst gab FMC (Ferroelectric Memory Company), ein 2016 gegründetes Unternehmen aus dem Umfeld der TU Dresden, Pläne für eine Speicherchipfabrik bekannt – ebenfalls für den Industriepark. Beteiligt sind unter anderem Bosch, Merck, Air Liquide sowie internationale Investoren. Laut Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) ist das ein bedeutsames Alternativprojekt. Die Fläche beträgt aber nur 100 Hektar – Intel hatte 400 Hektar erworben. Die Stadt Magdeburg will die Flächen vom US-Chiphersteller Intel zurückkaufen. Danach soll das Gelände international vermarktet werden – es sei ideal für Großinvestitionen geeignet.
Was geschieht mit den zugesagten Milliardenhilfen?
Die vorgesehenen Gelder stammen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Für 2024 waren rund 4 Milliarden Euro eingeplant, der Rest sollte in den Folgejahren fließen. Nach der Projektverzögerung im Herbst 2024 wurden die Mittel anderweitig verwendet. Aus dem Ministerium von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hieß es: "Es sind keine Haushaltsmittel für das Vorhaben geflossen. Im Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind keine Mittel für Intel eingeplant." Die Entscheidung aus den USA sei "keine gute Nachricht für die Region".
Kritik an der Höhe der Subventionen gab es regelmäßig – unter anderem vom ZEW. Auch das IWH stellte fest: Subventionen seien keine langfristige Lösung, es brauche bessere Rahmenbedingungen.
Welche Folgen hat das Intel-Aus für den Osten?
Das Scheitern eines Projekts mit Tausenden Arbeitsplätzen ist ein Rückschlag für die Merz-Regierung und besonders für Ostdeutschland. In der Region sind nach der Wiedervereinigung bereits viele Industrievorhaben gescheitert. Auch das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin mit rund 10.000 Mitarbeitern produziert zwar, doch Proteste und Absatzprobleme bremsen den Enthusiasmus.
Trotzdem zeigt sich die neue Ostbeauftragte Elisabeth Kaiser (SPD) optimistisch. "Wichtig ist, es handelt sich dabei um eine unternehmerische Entscheidung und keine generelle Absage an den Standort", erklärte sie der Deutschen Presse-Agentur. Ostdeutschland sei inzwischen ein zentraler Standort für Halbleiter weltweit – und die Bundesregierung werde diese Entwicklung weiterhin aktiv fördern.