Finanzen

Frankfurter Börse: Zolleinigung mit den USA beflügelt DAX-Kurs nur kurz

Ein neues Zollabkommen zwischen der EU und den USA bewegt die Märkte – und den DAX-Kurs. Während im frühen Montagshandel noch Erleichterung bei den Anlegern dominiert, sind nicht alle Experten begeistert. Zwischen Rekordjagd und Risiko bleibt eine entscheidende Frage: Ist der Deal wirklich ein Gewinn für Europa? An der Frankfurter Börse geht der DAX letztlich mit Verlusten aus dem Handelstag.
28.07.2025 22:37
Lesezeit: 4 min
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Frankfurter Börse: Zolleinigung mit den USA beflügelt DAX-Kurs nur kurz
Ein Börsenhändler sitzt auf dem Parkett der Frankfurter Wertpapierbörse vor der Anzeigetafel mit dem DAX-Kurs (Foto: dpa). Foto: Arne Dedert

DAX-Kurs startet mit Gewinnen in die neue Börsenwoche – und rutscht dann ab

Der DAX-Kurs zeigte sich zu Wochenbeginn zunächst in starker Verfassung. Auslöser war die überraschende Einigung im Zollstreit zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA. Die zu Handelsbeginn noch spürbare Erleichterung der Börsianer über das neue Handelsabkommen zwischen den USA und der EU schlug rasch in Skepsis um. Der deutsche Leitindex sowie der MDAX büßten deutlich ein, denn die Vereinbarung enttäuschte viele Erwartungen.

Der DAX war am Morgen zunächst fast ein Prozent gestiegen und hatte sich damit seinem Rekordhoch von 24.639 Punkten genähert, das er vor knapp drei Wochen erreicht hatte. Doch im weiteren Verlauf verlor der deutsche Leitindex an Dynamik. Bis zum Nachmittag fiel er in die Verlustzone zurück und beendete den Tag schließlich mit einem Minus von 1,02 Prozent auf 23.970,36 Zähler. Der MDAX, der Index für mittelgroße Werte auf dem deutschen Aktienmarkt, sank um 1,45 Prozent und schloss bei 31.029,09 Punkten. Auch auf europäischer Ebene trübte sich die Stimmung im Handelsverlauf merklich ein. Der EuroStoxx 50, der zentrale Index der Eurozone, verlor letztlich 0,27 Prozent und fiel auf 5.337,58 Punkte.

In der Schweiz und in Großbritannien wurden ebenfalls Abschläge registriert, während sich die US-Indizes zum Ende des europäischen Börsentags kaum verändert zeigten oder leicht im Plus notierten.

DAX-Kurs spiegelt kritisches Abkommen, Autowerte belasten

USA und EU hatten sich auf einen Basiszoll von 15 Prozent für die meisten europäischen Importe in die Vereinigten Staaten geeinigt – darunter fallen auch Automobile, Halbleiter und Produkte der Pharmaindustrie. Analysten zufolge dürfte das Abkommen vor allem den USA Vorteile bringen. Chef-Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets urteilte kritisch: "Der Trade-Deal trägt die Handschrift von Trumps 'America First'", schrieb er. Gemeinschaftlichkeit im transatlantischen Handel sei kaum noch erkennbar.

Die Branchenreaktionen fielen unterschiedlich aus. Vor allem die ersten Gewinne bei Autotiteln hielten nicht lange. Aktien von BMW, Mercedes-Benz, Porsche AG und Volkswagen gaben kräftig nach. Am Ende des Tages bildeten sie die Schlusslichter im DAX-Kurs – wobei die Porsche-Aktie mit einem Minus von 4,1 Prozent am stärksten verlor.

"Die erkaufte Deeskalation im Handelskonflikt zwischen Europa und den USA lastet stark auf den Aktien der deutschen Autowerte", erklärte Analyst Andreas Lipkow. Besonders kritisch sei die einseitige Ausgestaltung der Vereinbarung. So sollen Fahrzeuge aus den USA künftig zollfrei in die Europäische Union eingeführt werden können.

Pharmawerte stützen DAX-Kurs leicht, Chipbranche zeigt sich erleichtert

Unter den Pharmawerten fiel die Marktreaktion dagegen positiver aus. Die letzten Sorgen über Zollbelastungen seien nun verschwunden, schrieb JPMorgan-Analyst Richard Vosser in einem Kommentar zum deutschen Labor- und Pharmaunternehmen Sartorius. Dessen Vorzugsaktien stiegen um 0,4 Prozent. Sie profitierten zusätzlich von einer Hochstufung durch Bernstein-Analystin Delphine Le Louet. Auch Merck KGaA legten um 0,4 Prozent zu.

Freude herrschte ebenfalls unter den Anlegern in der Chipindustrie. Die Unsicherheit habe nun ein Ende, hieß es am Markt. Laut Analyst Sandeep Deshpande von JPMorgan gelten Produkte der Chipindustrie-Ausrüster als "strategisch" und wurden deshalb mit einem "Null-für-Null-Zoll" belegt – was sich günstig auf den DAX-Kurs auswirkte.

Kritik an der Zolleinigung der EU mit den USA

Kritik an der Einigung mit den USA bleibt nicht aus. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte zwar, dass der Zollsatz von 15 Prozent für europäische Autoexporte in die USA der bestmögliche Deal sei, doch Branchenvertreter sehen das anders. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sprach von einem „fatalen Signal“. Der neue Zollsatz bleibe eine Belastung für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft. Seit April galten bereits Autozölle in Höhe von 27,5 Prozent in den USA – zuvor lag der Satz bei lediglich 2,5 Prozent.

Wäre die EU die Vereinbarung nicht eingegangen, hätte eine weitere Eskalation des Handelsstreits gedroht. Die Kursgewinne im DAX spiegelten die Erleichterung der Anleger darüber wider, dass die EU überhaupt eine Einigung mit Trump erzielen konnte. Ein Zollsatz von 15 Prozent auf europäische Waren, erzwungene Käufe von US-Energie und militärischer Ausrüstung und Vergeltungsmaßnahmen ohne Zölle durch Europa sei keine Verhandlung, das sei die Kunst des Deals, sagte Prashant Newnaha, Senior Asia-Pacific Rates Strategist bei TD Securities laut tagesschau.de. „Ein großer Gewinn für die USA“, so Newnaha.

Aktienmärkte in Europa nehmen die EU-USA-Zolleinigung mit Enttäuschung auf

Die Einigung im Zollstreit zwischen der Europäischen Union und den USA hat zum Wochenbeginn nur kurzzeitig den Beifall der Anleger gefunden. Nach anfänglichen Kursgewinnen drehten Europas wichtigste Aktienmärkte am Montagnachmittag ins Minus. Der EuroStoxx 50 schloss 0,27 Prozent niedriger bei 5.337,58 Punkten. Im frühen Handel war der Index noch um mehr als ein Prozent gestiegen.



Nicola Mai vom Vermögensverwalter Pimco wies auf die Wirtschaft schwächende Folgen des Deals hin: "Nach unseren Modellrechnungen dürfte das Abkommen das Wachstum der Eurozone um nahezu einen Prozentpunkt schwächen und es damit in den kommenden Quartalen beinahe zum Erliegen bringen", schrieb der Ökonom.

Es handele sich um einen asymmetrischen Deal, der die USA klar bevorteile, urteilte Analyst Maximilian Wienke vom Broker Etoro. Europa müsse auf Exporte in die USA, etwa auf Autos, Zölle in Höhe von 15 Prozent zahlen. Die USA hingegen exportierten die meisten ihrer Waren zollfrei nach Europa.

US-Börsen: Auswirkungen auf globale Märkte

Auch die US-Aktienmärkten reagierten zum Wochenbeginn verhalten auf das Handelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union. Die marktführenden Indizes pendelten am Montag in engen Spannen um ihre Schlusskurse vom Freitag. Der Leitindex Dow Jones Industrial verlor am Ende 0,14 Prozent auf 44.837,56 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index legte um 0,02 Prozent auf 6389,77 Punkte zu. Der technologielastige Nasdaq 100 ging mit einem Plus von 0,36 Prozent auf 23.356,27 Punkte aus dem ersten Handelstag der Woche.

Parallel zur Zolleinigung mit der EU laufen in Stockholm neue Gespräche im Zollkonflikt zwischen den USA und China. US-Finanzminister Scott Bessent trifft dort hochrangige chinesische Vertreter, um über eine mögliche Verlängerung der noch bis zum 12. August geltenden Zoll-Pause zu beraten. Die Entwicklung dieser Verhandlungen könnte ebenfalls Einfluss auf den DAX-Kurs und den globalen Aktienmarkt haben.

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